Inhaltszusammenfassung:
Der dem Buchtitel inhärente Begriff der ‚Erinnerungskulturen‘ wurde in jüngerer Vergangenheit medial popularisiert, sodass er mittlerweile auch gesamtgesellschaftlich geläufig und nicht nur einigen wenigen Fachleuten bekannt ist. Dabei entstammt er dem ‚Erinnerungsboom‘ in der kulturwissenschaftlichen Forschung, welcher sich erst in den 1990er Jahren vollzog. Es handelt sich also strenggenommen um einen Neologismus, auch weil die intellektuelle Pionierleistung von Maurice Halbwachs erst verhältnismäßig spät paradigmatischen Status erlangte. Wenngleich der Begriff kaum trennscharf definiert ist, liegt ihm doch zumindest das Postulat zugrunde, dass auch individuelles Erinnern eine kollektive Dimension besitzt und Erinnerung keine von einem Computerspeicher abgerufene Datei ist, sondern sich an gegenwärtigen Begebenheiten orientiert und gesamtgesellschaftlich stets neu verhandelt wird. Die dafür nötige intersubjektive Kommunikation setzt jedoch eine mediale Externalisierung voraus, was zum zweiten Schlüsselbegriff des Bandes führt, den RessourcenKulturen. Seit Beat Schweizer, dem dieser Band gewidmet ist, sogenannte Heroa im Kontext der italischen Halbinsel des 1. Jt. v. Chr. als zentrale Ressourcen gemeinsamer Vergangenheits(re-)konstruktion und somit kollektiver Sinnstiftung konzipierte, beschäftigen sich mehr WissenschaftlerInnen mit der Identifizierung solcher identitätskonstitutiver Schlüsselmedien und deren Einordnung in einen Gesamtzusammenhang. Diese Gesamtzusammenhänge werden dem SFB 1070 folgend als RessourcenKulturen bezeichnet, was selbstverständlich auch einen Neologismus darstellt. Der Band tangiert somit Themen wie alternative Deutungen in der Materialität und Medialität von Kultur, Bildungs- und Transformationsprozesse kollektiver Identitäten und die symbolische Funktion von Ressourcen in öffentlichen Räumen. Die verschiedenen Disziplinen entstammenden AutorInnen zeigen an diversen Beispielen, dass Erinnern ein konstruktiver Akt ist, der an spezifische Ressourcen gebunden ist – und dass sich vice versa diese Ressourcen als Produkt der jeweiligen Erinnerungsprozesse verstehen lassen.