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In einer Zeit, in der wir Menschen immer älter werden und die Bedeutung chronischer
Krankheiten immer größer wird, kommt der Entwicklung biologischer
Gewebeersatzmaterialien eine immer größer werdende Bedeutung zu und innovative
Lösungen im Rahmen des Tissue Engineerings oder der in-vivo-Regeneration sind
vielversprechend. Ein möglicher Ansatz, um relevante Mechanismen zur Herstellung
moderner Gewebeersatzmaterialien besser zu verstehen, liegt in Untersuchungen zur
biomechanischen Stimulation körpereigener Stammzellen, da diese in vivo ständig
dynamischen biomechanischen Kräften ausgesetzt sind. Neben löslichen Faktoren sind
biophysikalische Stimuli wie z. B. biomechanische Kräfte besonders relevant, da sie
einen wichtigen Einfluss auf die Stammzell-Differenzierung haben. In der vorliegenden
Arbeit sollte die Frage beantwortet werden, für welche Tissue-Engineering-Ziele die
biomechanische Streckung von MSZ eingesetzt wurde, welche Streckungsprotokolle
hauptsächlich verwendet wurden, mit welchen anderen Faktoren die biomechanische
Streckung kombiniert wurde, und ob durch die Verwendung derselben
Streckungsprotokolle (in unterschiedlichem Kontext) verschiedene MSZ Differenzierungsrichtungeninduziert werden können.
Hierfür wurden 112 themenrelevante Veröffentlichungen, die bis Ende 2017 publiziert
wurden, identifiziert und in der vorliegenden Arbeit systematisch analysiert. Um die
eingeschlossenen Veröffentlichungen vergleichen zu können, wurde eine sortier- und
filterbare Tabelle angefertigt, in der alle themenrelevanten Parameter aufgeführt und
kategorisiert wurden. Die erhobenen Daten wurden für deskriptive Analysen verwendet,
deren Resultate grafisch visualisiert und für die jeweiligen Ziel-Gewebearten farbkodiert
wurden. Ein Chi2-Test wurde zur Errechnung des Signifikanzniveaus verwendet, um
beantworten zu können, ob bestimmte Amplituden, Frequenzen oder Dauer der Streckung
oder bestimmte Zellquellen-Spezies oder 2D- und 3D-Materialien signifikant häufiger
eingesetzt wurden, um eine bestimmte Differenzierungsrichtung biomechanisch durch
eine zyklische Streckung zu induzieren.
Die weltweit die am weitaus häufigsten verwendete Zellquelle für die biomechanische
Streckung waren Knochenmarks-MSZ. Im Vergleich verschiedener
Differenzierungsrichtungen zeigte sich, dass für die Induktion aller
Differenzierungsrichtungen am häufigsten eine Amplitude von 10% und eine Frequenz
78 von 1 Hz verwendet wurden, um humane MSZ auf oder in Typ I Kollagen-Biomaterialien
zyklisch zu strecken. Variationen zur Induktion aller Differenzierungsrichtungen betrafen
vor allem die Dauer, mit der eine Streckung appliziert wurde. Die statistische Analyse der
Häufigkeiten, mit denen bestimmte Streckcharakteristika zur Induktion einer bestimmten
Differenzierungsrichtung verwendet wurden, ergab, dass weder bestimmte Amplituden,
Frequenzen oder Dauer der Streckung signifikant häufiger als andere eingesetzt wurden,
noch dass signifikante Unterschiede in der Häufigkeit vorlagen, mit der bestimmte
Zellquellen-Spezies oder 2D- und 3D-Materialien verwendet wurden, um eine bestimmte
Differenzierungsrichtung zu erreichen. Lediglich die Häufigkeit, mit der embryonale
Stammzellen verwendet wurden, war signifikant höher in Studien zur Induktion kardialer
Muskelzellen als in Studien zu anderen Differenzierungsrichtungen.
Hieraus ergab sich die Frage, ob durch die Anwendung eines spezifischen Protokolls zur
biomechanischen Streckung eine bestimmte Differenzierungsrichtung erzeugt werden
könnte, oder ob die Anwendung eines spezifischen Protokolls die frühen Marker
verschiedener Differenzierungsrichtungen induziert würden. Aus den eingeschlossenen
112 Studien wurden 2 Studien identifiziert, welche die Induzierbarkeit mehrerer
Differenzierungsrichtungen durch die biomechanische Streckung untersuchten. Diese
schlussfolgerten, dass biomechanisch die Genexpression mehrerer
Differenzierungsrichtungen induziert werden kann, aber diese 2 Studien untersuchten
diese Fragestellung nicht systematisch. In einem nächsten Schritt wurden aus der
Gesamtheit aller Studien diejenigen Studien identifiziert, in denen ein identisches
Streckprotokoll angewendet wurde. Interessanterweise wurde die einachsige Streckung
in Wege-gesteuerter Kontrolle mit einer Amplitude von 10% und einer Frequenz mit 1
Hz in 19 Studien verwendet und hierdurch konnten 7 verschiedene
Differenzierungsrichtungen induziert werden. Dementsprechend erscheint es möglich,
dass die biomechanische Streckung Effekte auf multiple Differenzierungsrichtungen
haben kann und erste experimentelle Hinweise hierauf liegen vor. Zur Beantwortung der
Frage, ob spezifische Stimulationsprotokolle für spezifische Differenzierungsrichtungen
erarbeitet werden können, oder ob andere Co-Faktoren in diesem Kontext über die
Differenzierungsrichtung entscheiden, sollte in einer entsprechend geplanten
experimentellen Studie untersucht werden, die speziell auf diese Frage abgestimmt
wurde. |
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