Inhaltszusammenfassung:
Am 11. Januar 2012 hat Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger die „Unabhängige Wissenschaftliche
Kommission beim Bundesministerium
der Justiz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit“
eingerichtet. Die „Rosenburg“ als erster Amtssitz des
Bundesministeriums der Justiz in Bonn von 1950 bis
1973 symbolisiert in etwa den Zeitraum, der von der
Kommission erforscht wird. Im Zentrum der wissenschaftlichen
Untersuchung stehen die personellen,
aber auch die sachlichen Kontinuitäten beim Übergang
vom „Dritten Reich“ zur bundesrepublikanischen
Demokratie auf der Grundlage des Bonner Grundgesetzes.
In einem ersten Symposium am 26. April 2012
im Berliner Kammergericht hat die Kommission eine
Bestandsaufnahme der bisherigen Forschungen zur
NS-Vergangenheit von Justiz und Justizministerium
vorgenommen. Die Ergebnisse dieser Konferenz liegen
inzwischen in veröffentlichter Form vor. Im zweiten Symposium, dessen Redebeiträge hier
zusammengefasst sind, wurden die Juristen und die Aufarbeitung der
NS-Vergangenheit in den Mittelpunkt gerückt. Die Veranstaltung fand
im historischen Schwurgerichtssaal des Landgerichts Nürnberg-Fürth
statt, in dem vom 20. November 1945 bis zum 1. Oktober 1946 der Prozess
gegen die deutschen Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen
Militärgerichtshof durchgeführt wurde. Auch der so genannte
„Juristenprozess“ – einer der Nachfolgeprozesse des Verfahrens gegen die Hauptkriegsverbrecher −, in dem sich vom 17. Februar 1947 bis
4. Dezember 1947 vornehmlich Beamte des Reichsjustizministeriums
vor einem amerikanischen Militärgericht verantworten mussten, fand
in diesem Saal statt. Dabei wurde zum ersten Mal die Mitwirkung der
Juristen in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung am nationalsozialistischen
Justizterror zum Gegenstand eines Strafverfahrens
gemacht. „Der Dolch des Mörders war unter der Robe der Juristen
verborgen“ − dieser Ausspruch aus dem Nürnberger Juristenurteil
verdeutlicht die Verantwortung der Juristen an dem erschreckenden
Resultat der NS-Juristen: tausendfacher Mord. Die Frage der Aufarbeitung
des Unrechts durch Juristen wird an drei Beispielen durch Berichte
von Zeitzeugen thematisiert: dem Eichmannprozess in Jerusalem
(Gabriel Bach), dem Auschwitzprozess in Frankfurt (Heinz Düx) und
den Urteilen im Fall Thorbeck und Huppenkothen durch den Bundesgerichtshof
(Günter Hirsch). Ergänzt werden diese Berichte durch
grundlegende Beiträge aus Politik (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger)
und Wissenschaft (Eva Schumann). Die Beiträge können auch auf
der Internetseite der Unabhängigen Wissenschaftlichen Kommission
beim Bundesministerium der Justiz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit
(www.uwk-bmj.de) im Videostream aufgerufen werden.