Inhaltszusammenfassung:
Obwohl chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis
ulcerosa hohe Fallzahlen und jährlich steigende Inzidenzen aufweisen, ist über die
Ätiologie beider Krankheiten bis jetzt nur wenig bekannt. Es wird, wie bei allen
Autoimmunerkrankungen, davon ausgegangen, dass das Immunsystem auf
harmlose Stimuli mit einer heftigen Inflammation reagiert und sich durch die daraus
resultierenden Gewebeschäden Symptome und Verlauf der Krankheiten zumindest
teilweise erklären lassen. Dendritischen Zellen, als Hauptvertretern
antigenpräsentierender Zellen im Darm, kommt hierbei eine besonders wichtige
Bedeutung zu, da sie als Teil des angeborenen Immunsystems am Anfang jeder
ablaufenden Immunantwort stehen und sich schon hier entscheidet, ob und wie der
Körper gegen Fremdstoffe jeder Art vorgehen wird. Semimature dendritische
Zellen haben die Fähigkeit, eine Immunantwort in Richtung Toleranz zu lenken und
eine Inflammation zu verhindern. Hieraus könnte ihnen letztendlich auch für
Entstehung und Verlauf chronisch entzündlicher Darmerkrankungen eine
entscheidende Rolle zukommen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher die Bedeutung des Proteins IκB-ζ für die
Entstehung dieser semimaturen dendritischen Zellen und der Aufrechterhaltung der
intestinalen Homöostase untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass semimature
dendritische Zellen sich durch hohe Expressionen antiinflammatorischer Zytokine wie
IL-6 bei gleichzeitig niedrigen Expressionen proinflammatorischer Zytokine wie
TNF-α sowie der Oberflächenmarker MHC-II und CD40 auszeichnen. Dieser Effekt
konnte in nicht unerheblichem Ausmaß auf die Anwesenheit von IκB-ζ zurückgeführt
werden, da eine Deletion des Gens diese Effekte aufhebt und eine Zuteilung
dendritischer Zellen zum semimaturen Phänotyp sehr fragwürdig erscheinen lässt. In
vivo äußerte sich diese Deletion insofern, als der Verlauf einer induzierten akuten
Colitis bei IκB-ζ defizienten Mäusen signifikant fulminanter verlief, als in WT
Kontrolltieren.
Überträgt man dieses Modell und die in vitro gesammelten Erkenntnisse auf die
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen des Menschen, bei denen dendritische
Zellen und der Transkriptionsfaktor NFκB ebenfalls als wichtige Knotenpunkte der
Krankheitsentstehung und –entwicklung identifiziert wurden, erkennt man,
dass auch IκB-ζ als Modulator dieses Transkriptionsfaktors zwischen Toleranz und
Inflammation in dendritischen Zellen eine wichtige Rolle im Gesamtgefüge der
Autoimmunerkrankungen zuteil wird. IκB-ζ könnte damit ein interessantes und
neuartiges Ziel alternativer Behandlungsmöglichkeiten werden, beispielsweise mit
probiotischen Bakterien wie B. vulgatus oder mit gezieltem pharmakologischem
Eingreifen im NFκB-Signalweg. Beides hätte zur Folge, dass es zum vorwiegenden
Vorhandensein semimaturer dendritischer Zellen im Darm kommen würde, die dann
wiederum die Krankheitseffekte vermindern oder gar deren Entstehung gänzlich
verhindern könnten.