Inhaltszusammenfassung:
Eine Exposition von Embryonen der Paradiesschnecke Marisa cornuarietis gegenüber Platin führt zu einem Ausbleiben der Bildung einer externen Schale. Während der normalen Embryonalentwicklung von Marisa überwächst das Gewebe der linken Seite des Eingeweidesacks denselben und bildet dabei den Mantel, der Schalenmaterial sekretiert. Dieses Überwachsen führt zu einer horizontalen Drehung des Eingeweidesacks, der sogenannten Torsion. Diese Torsion gilt als das definierende Merkmal aller Schnecken und wird für morphologische Besonderheiten wie die Position von Anus und Kiemen vorne über dem Kopf und die Überkreuzung der Pleurovisceralkonnektive verantwortlich gemacht. Vor diesem Hintergrund wurde postuliert, dass aufgrund der Inhibierung der Torsion durch Platin keine auf die Torsion zurückzuführenden morphologischen Merkmale in exponierten Tieren auftreten und dass ohne das normalerweise vorkommende differentielle Wachstum des schalenbildenden Gewebes die Bildung einer externen Schale unterbleibt und stattdessen Calciumcarbonat an einer anderen Position im Schneckenkörper abgegeben wird. Die Untersuchungen zeigten, dass die Entwicklung von exponierten Embryonen und Kontrollen bis zum Beginn der Torsion gleich verläuft. Bei exponierten Embryonen wird das differentielle Wachstum dann blockiert und Calciumcarbonat wird in das Innere des Körpers abgegeben, wo sich eine interne Schale bildet. Die umgestalteten Individuen besitzen zwar einen vorne über dem Kopf liegenden Anus, die Kiemen liegen jedoch hinten auf dem Eingeweidesack. Bei zusätzlicher leichter Temperaturerhöhung wird das Wachstum des schalenbildenden Gewebes nur temporär blockiert und es bildet sich eine teils äußere, teils innere Schale. 3D-Modelle von adulten Individuen und immunhistochemische Untersuchungen von Embryonen zeigten, dass auch bei Individuen, bei denen die Torsion verhindert wurde, eine Überkreuzung der Pleurovisceralkonnektive beobachtet werden kann. Der Mechanismus, über den Platin die Bildung einer externen Schale verhindert, ist noch unbekannt, jedoch wurde in den durchgeführten Studien deutlich, dass Platin spezifisch nur das differentielle Wachstum von Schalendrüse und Mantelrand inhibiert, was auf eine mögliche Interaktion zwischen Platin und Wachstumsfaktoren hindeutet. Es konnte gezeigt werden, dass Individuen der Paradiesschnecke, bei denen die Torsion verhindert wurde, trotzdem morphologische Merkmale zeigen, die der Theorie nach auf die Torsion zurückzuführen sind.