Inhaltszusammenfassung:
Perspektivenübernahme, d.h. die Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen des Anderen zu erschließen, ist eine wichtige Voraussetzung für sinnvolle soziale Interaktion und Kommunikation. Erfolgreiche Perspektivenübernahme kann dazu beitragen, die Kommunikation mit Anderen zu koordinieren und adäquat auf die Handlungen Anderer zu reagieren. Zahlreiche Studien aus dem Bereich der interpersonalen Forschung haben gezeigt, dass Gemeinsamkeiten und interpersonale Nähe zwischen Personen Perspektivenübernahme erleichtern kann. Hierbei wurde allerdings nicht berücksichtigt, dass Nähe und Gemeinsamkeiten zwischen Personen Projektionen der eigenen Perspektive auf Andere wahrscheinlich machen und dementsprechend zu egozentrisch verzerrten Annahmen über die Perspektive Anderer führen können. Forschung aus dem sozial-kognitiven Bereich belegte dementsprechend, dass Perspektivenübernahme dann verbessert wird, wenn Personen dazu angehalten werden, auf Unterschiede zwischen sich und Anderen zu achten (d.h. wenn sie Selbst-Fremd-Differenzierung vornehmen), weil dies egozentrischen Verzerrungen entgegenwirkt. Die in dieser Dissertation vorgestellte Forschung nimmt ebenfalls eine sozial-kognitive Perspektive ein und untersucht, ob unterschiedliche Selbstregulationsstrategien, die Selbst-Fremd-Differenzierung verstärken, ebenfalls Perspektivenübernahme fördern. Da Selbst-Fremd-Differenzierung als zugrundeliegender sozial-kognitiver Prozess von Perspektivenübernahme betrachtet wird, wird weiterhin untersucht, ob eine körperliche Erfahrung, die eng mit Selbst-Fremd-Differenzierung assoziiert ist, ebenfalls Perspektivenübernahme fördert. In einer ersten Studienserie wurde der Einfluss des Regulatorischen Fokus auf Perspektivenübernahme untersucht. Hierbei wurde angenommen, dass leistungsorientierte Selbstregulation im Promotion Fokus Perspektivenübernahme verbessert, weil der Promotion Fokus mit erhöhter privater Selbstaufmerksamkeit einhergeht, die wiederum Selbst-Fremd-Differenzierung ermöglicht. Eine zweite Studienserie beschäftigte sich mit dem Einfluss motivationaler Annäherungs- bzw. Vermeidensorientierung. Hier wurde vorhergesagt, dass eine Vermeidensorientierung Perspektivenüberahme fördert, weil sie Distanz zwischen sich und Anderen erhöht, was wiederum Selbst-Fremd-Differenzierung erleichtert. In einer zusätzlichen Studie wurde der Einfluss warmer und kalter Temperaturen als körperliche Erfahrung auf Perspektivenübernahme untersucht. Hierbei wurde angenommen, dass das Erleben kalter Temperaturreize Perspektivenüberahme verbessert, weil bisherige Forschung gezeigt hat, dass kalte Temperaturen mit Selbst-Fremd-Differenzierung assoziiert sind. Die Annahmen wurden in experimentellen Studien untersucht und konnten alle bestätigt werden. Die in dieser Dissertation vorgestellte Forschung trägt damit zu einem besseren Verständnis von Perspektivenüberahme bei. Selbst-Fremd-Differenzierung als zugrundeliegender Prozess von erfolgreicher Perspektivenübernahme wird durch die vorgestellte Forschung umfassend bestätigt. Das wiederum ermöglicht die kontra-intuitive Einsicht, dass motivationale Strategien und körperliche Erfahrungen, die Unterschiede und Distanz zwischen sich und Anderen salient machen, Perspektivenübernahme verbessern, weil sie egozentrischen Verzerrungen entgegenwirken.
Abstract:
Perspective taking, that is, inferring other individuals’ thoughts, feelings and perceptions, is essential for meaningful social interaction and communication. Successful perspective taking can help coordinating communication with others and reacting adequately to their actions. Research has provided evidence that similarities and interpersonal closeness between individuals facilitate perspective taking. However, similarities and interpersonal closeness also make projections of the own perspective to others more likely .Thereby they can lead to egocentrically biased assumptions about other individuals’ perspectives. Correspondingly, recent research taking a social cognitive view on perspective taking has demonstrated that focusing on differences actually enhances perspective taking performance. Hence, successful perspective taking requires self-other differentiation (i.e., a focus on differences between the self and others) as this reduces egocentric projections.
Research presented in this dissertation adopts a social cognitive view as well and examines whether different self-regulatory strategies fostering self-other differentiation also promote perspective taking. Given that self-other differentiation is an important underlying social-cognitive process of successful perspective taking, the influence of a bodily grounded experience of self-other differentiation on perspective taking was also examined.
A first set of studies tested the influence of Regulatory Focus on perspective taking. It was predicted that accomplishment-based self-regulation in the promotion focus enhances perspective taking because the promotion focus goes along with a state of heightened private self-awareness. Heightened private self-awareness in turn facilitates self-other differentiation. In a second set of studies the influence of motivational approach and avoidance orientation on perspective taking was examined. Here, it was predicted that motivational avoidance orientation fosters perspective taking because it increases interpersonal distance between the self and others, which in turn facilitates self-other differentiation. In an additional study, the influence of warm and cold temperatures on perspective taking was tested as research has demonstrated cold temperatures to be associated with self-other differentiation. All predictions were tested in experimental studies and results confirmed the predictions. As a result, research presented in this dissertation contributes to a better understanding of perspective taking. By demonstrating self-other differentiation to be an important underlying process of successful perspective taking, research presented in this dissertation allows for counter-intuitive insights: Motivational strategies and bodily grounded experiences that heighten salience of distance and differences between the self and others enhance perspective taking as they reduce the likelihood egocentrically biased projections in perspective taking.