Einsatz eines superfundierten Retina-RPE-Choroidea Präparats vom Haushuhn (Gallus domesticus) zur Untersuchung pharmakologischer Wirkungen mittels in vitro elektroretinographischer Erfassung (ERG und EOG) von okulären Funktionen

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-15289
http://hdl.handle.net/10900/48698
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2004
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Sonstige - Biologie
Gutachter: Zrenner, Eberhart
Tag der mündl. Prüfung: 2004-01-27
DDC-Klassifikation: 570 - Biowissenschaften, Biologie
Schlagworte: Elektrophysiologie , Netzhaut , Huhn , Neuropharmakologie , Elektroretinogramm
Freie Schlagwörter: retinales Pigmentepithel , Glukagon , Elektrookulogramm , EOG , ERG
retina , chicken , electrophysiology , neuropharmacology , electroretinogram
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Einführung Die Netzhaut ist wegen ihrer komplexen aber doch übersichtlichen Struktur ein wertvolles Modell zur Untersuchung von Prozessen in einem neuronalen Gewebe mittels elektrophysiologischer Methoden. Sie besteht aus mehreren Arten neuronaler Zellen, die morphologisch und funktionell differenziert sind. Bestimmte Zelltypen formen morphologisch erkennbare Schichten. Die Reizleitung erfolgt über Synapsen vertikal durch diese Ebenen hindurch. Auch horizontaler Richtung bilden die Zellen komplexe Kontakte miteinander aus. Die Vernetzung dient der schon in der Retina und nicht erst im Gehirn beginnenden Verarbeitung des von den Photorezeptoren erzeugten Signals. Material und Methoden Für die Versuche wurde aus jeweils einem enukleierten Augen des Haushuhns (Gallus domesticus) ein Präparat angefertigt, das aus einem runden Ausschnitt von Retina, retinalem Pigmentepithel (RPE) und Choroidea bestand. Dies wurde in einer modifizierten Ussing-Kammer mit physiologischen Nährmedium superfundiert. Bis zu 12 Stunden konnten mittels verschiedener Elektroden von diesem in vitro Präparat elektrophysiologische Signale abgeleitet werden. Über rechnergesteuerte Datenerfassung wurden Bestandspotenziale, analog dem Elektrookulogramm (EOG), und lichtinduzierte Potenzialänderungen, in vitro Elektroretinogramm (ERG) genannt, aufgezeichnet. Über das Superfusionssystem konnte das Netzhautpräparat während eines Versuchs mit pharmakologisch wirksamen Substanzen behandelt werden. Aus dem Vergleich der vor, während und nach der Behandlung aufgezeichneten Potenziale des in vitro Präparats wurden pharmakologische Effekte ermittelt. Die Untersuchungen umfassten drei thematische Schwerpunkte: 1. Wirkung von Citicolin (CDP-cholin); 2. Purinrezeptoren: Effekte des Agonisten Adenosintriphosphat (ATP) und des Antagonisten Suramin; 3. Veränderungen des cAMP-Spiegels (zyklisches Adenosinmonophosphat) durch Forskolin (unspezifisch, d. h. nicht über Rezeptoren wirkend) und Glukagon (Effekt über den Glucagonrezeptor vermittelt). Ergebnisse und Diskussion Die elektrophysiologischen Messungen (in vitro ERG und EOG) an den Retina-RPE-Choroid Präparationen zeigten pharmakologischen Wirkungen der verwendeten Substanzen auf die Funktion der Netzhaut. Aus den Effekten ließen sich Hinweise auf die Beteiligung von Rezeptorpopulationen und deren Lokalisation ableiten. Im Folgenden werden die Ergebnisse sind nach den o. g. Schwerpunkten getrennt wiedergegeben. 1. Die Behandlung mit Citicolin (CDP-cholin) führte zu deutlichen Effekten auf einige der aufgezeichneten Signale. Möglicherweise sind diese Veränderungen auf eine endogene Erhöhung der Dopaminkonzentration in der Netzhaut zurück zu führen. Die in bestimmten Zelltypen der Retina, z. B. den Horizontalzellen, vorkommenden Dopaminrezeptoren könnten als geeignete Effektoren das Signal (hier: gestiegener Dopaminspiegel) an Ionenkanäle oder –transporter übermitteln. 2. In Folge der Behandlung mit ATP veränderten sich die Bestandspotenziale und die Amplituden aller lichtinduzierten Wellen des in vitro ERGs deutlich. Geht man von der Öffnung von bestimmten Ionenkanälen durch die Einwirkung von ATP aus, können diese Effekte mit den bekannten Modellen über die Erzeugung der Potenziale und Wellen in der Netzhaut und im RPE erklärt werden. Sie können über die Bindung von ATP an purinerge Rezeptoren ausgelöst werden, die in den Membranen des RPEs und mehrerer unterschiedlicher Zelltypen der Retina auftreten. In Frage kommen dabei verschiedene Subtypen sowohl der ionotropen P2X- als auch der metabotropen P2Y-Rezeptoren. 3. Forskolin entfaltete eine starke Wirkung auf das RPE, allerdings nur in der lipophilen Form. Sie diffundiert leicht durch die Membranen des RPEs, während diese für die hydrophile Form eine effektive Diffusionsbarriere darstellen. Der 'second messenger' cAMP dürfte bei Regelungsprozessen im RPE eine bedeutende Rolle spielen, da eine Vielzahl von metabotropen Rezeptoren Signale über die Modulation des cAMP-Spiegels in der Zelle weitergeben, u. a. der Glucagonrezeptor. Deutliche Hinweise für sein Vorkommen in den Membranen des RPEs des Huhns ergaben sich aus den Behandlungen des in vitro Präparats mit Glucagon. Dies ist von besonderem Interesse, da der Glucagonrezeptor ein wichtiges Glied in der Kette für die Übermittlung des Wachstumssignals des Auges sein könnte, das von dem noch nicht identifizierten Detektor in der Neuroretina durch das RPE zur Sklera transportiert werden muss. Schlussfolgerungen Trotz gewisser Limitationen der verwendeten elektrophysiologischen Methode, z. B. die oft rasche Abnahme der Intensität der ERG-Signale, vielleicht bedingt durch die artifizielle Versorgung des Präparats über die Superfusion in der Ussing-Kammer, lassen mittels des in vitro ERGs wichtige Prozesse der Netzhaut erfassen. Überdies liefert diese Methode Hinweise zur Lokalisation dieser Prozesse bzw. der Wirkung von Substanzen im Netzhautpräparat.

Abstract:

Introduction Due to its complex, however, comprehensible structure, the retina is a valuable model for studying processes in neuronal tissues by means of electrophysiological methods. It consists of several types of neuronal cells, which are morphologically and functionally differentiated. Certain types form morphologically distinguishable layers. The signals are transferred through the layers perpendicularly. In addition, the cells form complex contacts in horizontal directions. This cross-linkage is the basis for the processing of the signals generated by the photoreceptor cells, which begins already in retina and is not exclusively ceded to the brain. Material and methods For the experiments, enucleated eyes of chickens (Gallus domesticus) were used for the following preparation: Close to the optic nerve, a circular piece was cut, consisting of retina, retinal pigment epithelium (RPE), and choroid. It was immediately transferred into a modified Ussing chamber, where this in vitro preparation was superfused with a physiological media. Electrophysiological signals (electrical potentials) could be bleed off by different electrodes for up to 12 hours. Standing potentials, analog to the electrooculogram, and light evoked changes of potentials, hereinafter called in vitro electroretinogram, were recorded by computerized data acquisition. Via the superfusion system, the retina-RPE-choroid preparation could be treated with pharmacologically effective substances. Their effects were detected by the comparison of the potentials recorded from the in vitro preparation before, during, and after the treatment period. This thesis comprises three different topics: 1. Effects of citicolin (CDP-choline); 2. Purinergic receptors: Effects of an agonist (adenosine triphosphate, abbr. ATP) and an antagonist (suramin); 3. Modulation of the cAMP-level (cyclic adenosine monophosphate) by application of forskolin (unspecific, not receptor mediated) und glucagon (effects mediated via the glucagon receptor). Results and discussion Electrophysiological recordings (in vitro ERG and EOG) from the retina-RPE-choriod preparations revealed effects of the applied drugs on functions of the retina. From the observed effects, it was possible to derive hints for the involvement of receptor populations and their localization. The below summary shows the results in the order of the topics as listed above. 1. The treatment with citicolin (CDP-choline) was followed by pronounced changes of some of the recorded signals. These effects may have been caused by an endogenous rise of the dopamine level in the retina. Dopamine receptors, which are found in certain cell types of the retina (e. g. the horizontal cells) might act as suitable effectors and transmit the signal (i. e. the increased level of dopamine) to ion channels or transporters. 2. As a result of the treatment with ATP, the standing potentials and the amplitudes of all light evoked signals of the in vitro ERG changed markedly. Assuming the opening of certain ion channels caused by ATP, the described effects can be explained with known models about the generation of potentials and signals in the retina and RPE. Those effects can be triggered by binding of ATP to purinergic receptors, which occur in the membranes of the RPE and some cell types of the retina. Various subtypes of purinergic receptors, belonging to both groups, the ionotropic P2X-, as well as metabotropic P2Y-receptors, could be involved. 3. Forskolin unfolded a strong effect on the RPE, but only if the lipophilic form was applied. Hydrophobic forskolin migrates easily through the membranes of the RPE, which is on the other hand an efficient diffusion barrier for the hydrophilic form. The second messenger cAMP may play a significant role in regulatory processes of the RPE, since a variety of metabotropic receptors transmit signals through the modulation of the cAMP-level of the cell, e. g. the glucagon receptor. Treatments of the in vitro preparation with glucagon resulted in clear clues for the presence of the glucagon receptor in the membranes of the RPE of the chicken. This is of particular interest, as this receptor is presumably an important part of the chain which transmits the growth signal created by the neuro-retina through the RPE to the sclera. The retinal detector, however, which enables the eye to control its growth, has yet to be identified. Conclusions Despite some limitations of the described electrophysiological method (in vitro ERG), e. g. frequently fading intensity of the ERG signal shortly after the start of the experiment, probably due to the artificial supply of the retina in the Ussing chamber, the in vitro ERG is a useful tool to acquire information about processes in the retina. Moreover, this method can help to elucidate those processes and to localize effects of drugs in the preparation.

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