Inhaltszusammenfassung:
Nicht erst die Darstellungskunst des Historikers, schon unsere Erinnerung arbeitet exemplarisch, rafft langwierige Entwicklungen und sucht sie in einem Punkt, in einer einzelnen Situation festzuhalten. Für Dieter Narr ist der Umschwung seiner Forschungsinteressen in die Richtung auf das achtzehnte Jahrhundert verknüpft mit einem Gespräch, das er im Sommer 1942 mit Josef Dünninger in dessen Würzburger Wohnung führte. Er unterstreicht damit den Einfluß, den dieser Lehrer und Freund auf ihn ausgeübt hat, aber gewiß ohne damit in Abrede zu stellen, daß diese Wendung wohlvorbereitet, daß sie kein Sprung, sondern innere Konsequenz war. Dieter Narr hatte damals, fast vierzigjährig, ein Theologiestudium und etliche Jahre als praktizierender Theologe hinter sich. Schon während seines Theologiestudiums hatten ihn die Kirchenhistoriker am stärksten gefesselt - Karl von Müller in Tübingen, Karl Holl und Hans Lietzmann in Berlin. Als er sich später von der Theologie abkehrte und in dem ungefähr gleichaltrigen Josef Dünninger seinen Mentor fand, war es nicht in erster Linie der Kenner der farbigen fränkischen Brauchlandschaft, dem er sich zuwandte, sondern der vornehmlich historisch arbeitende Philologe und Volkskundler. "Volksgeschichte" in einem weiten Sinne, eine Verbindung von Geistes- und Sozialgeschichte, blieb künftig die Domäne von Dieter Narr. Er konzentrierte sich zunächst - vor allem in seiner Dissertation - auf den deutschen Humanismus als eine frühe Epoche nationaler Besinnung, aber auch als eine Epoche, in der Prinzipien der Moderne, rationales und wissenschaftliches Denken sich erstmals nachhaltig ankündigen. Gerade unter diesem Aspekt war es nur konsequent, daß er bald die Aufklärung zum Gegenstand seines hauptsächlichen Forschungsinteresses machte.