Stadtarchäologie in Sindelfingen Fragestellungen - Ergebnisse - Perspektiven

DSpace Repositorium (Manakin basiert)


Dateien:

Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-44054
http://hdl.handle.net/10900/46551
Dokumentart: Wissenschaftlicher Artikel
Erscheinungsdatum: 1989
Sprache: Deutsch
Fakultät: 5 Philosophische Fakultät
Fachbereich: Ur- und Frühgeschichte
DDC-Klassifikation: 930 - Alte Geschichte, Archäologie
Schlagworte: Archäologie , Sindelfingen
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
Zur Langanzeige

Inhaltszusammenfassung:

Die im Rahmen einer Archäologie des Mittelalters mit archäologischen Methoden durchgeführte Erschließung von Bodenurkunden zusammen mit der bauarchäologischen Untersuchung an noch erhaltenen Bauten in mittelalterlichen Stadtkernen gewinnt in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung für die Erforschung der Geschichte einer Stadt. Zum Teil schon über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich durchgeführte archäologische Forschungen in einzelnen Städten wie zum Beispiel Lübeck, Göttingen, Basel, Zürich und seit einigen Jahren auch Ulm und Konstanz zeigen auf, zu welcher Fülle von Fragestellungen aus verschiedenen Bereichen von Stadtgeschichte durch die Stadtarchäologie neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Sie umfassen etwa Fragen nach der Entstehung einer Stadt als planmäßiger Gründung bzw. als gewachsener Anlage unter Einbeziehung älterer Siedlungskerne und der Entwicklung des Stadtgrundrisses mit Straßennetz, Platzanlagen, Grund Stücksgrößen und -grenzen. Datierung und Veränderung der Stadtbefestigung gehören dazu ebenso wie die Bebauung der einzelnen Parzellen, die Entstehung des städtischen Bürgerhauses als Haustyp und seine Entwicklung bis in die Neuzeit. Ein weiteres wichtiges Problemfeld, zu dem die Stadtarchäologie Wesentliches beitragen kann, umgreift den gesamten Bereich städtischer Infrastruktur, von der Baulandgewinnung bei der Stadtgründung oder Erweiterung bis hin zu allen Einrichtungen der Ver- und Entsorgung und ihren Auswirkungen auf das städtische Umland. Die Untersuchung von Latrinen mit ihren fast immer in großer Menge als sekundär abgelagerter Hausmüll in die Verfüllungen gelangten Funden liefert hier oft erstaunliche Ergebnisse. Zu nennen ist weiterhin die handwerkliche Produktion in der Stadt, die Lage der Handwerkerquartiere, die Werkstätten, Produktions platze und -prozesse bis zu den fertigen Produkten. Die Einbindung in Nah- und Fernhandelsbeziehungen wird über die Untersuchung der Fundstücke und ihrer Herkunft faßbar. Schließlich sei auf den Problemkreis der häuslichen Sachkultur mit allen damit zusammenhängenden Fragen der Veränderung von Lebenszuschnitt und Lebensstandard verwiesen. Die Fülle von Fundgegenständen aller Art, die sich unter dem Boden mittelalterlicher Städte erhalten hat, liefert hierfür ein Quellenmaterial von außerordentlicher Bedeutung und großer Aussagekraft. Stadtarchäologische Forschungen in Baden-Württemberg sind gemessen an den Aktivitäten etwa in nördlichen Bundesländern oder auch anderen mitteleuropäischen Staaten wie der Schweiz oder den Niederlanden bisher in eher bescheidenem Umfang durchgeführt und erst in den letzten Jahren intensiviert worden, obwohl durch umfassende Eingriffe in mittelalterliche Stadtkerne vor allem seit Beginn der siebziger Jahre in großem Umfang Quellen zur Stadtgeschichte in Gestalt der Bodenurkunden vernichtet wurden und auch weiterhin zerstört werden. Zu den Orten, in denen schon verhältnismäßig früh archäologische Ausgrabungen zur Erforschung stadtgeschichtlicher Fragen durchgeführt wurden, gehört Sindelfingen. Die Grabung in der ehemaligen Oberen Vorstadt, ausgelöst durch das Neubauvorhaben „Kaufhaus Domo" kann darüber hinaus zu den ersten, mit modernen Methoden archäologischer Bodenforschung durchgeführten stadtkernarchäologischen Grabungsunternehmen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg gerechnet werden. Von besonderem Interesse ist dabei, daß hier eine mittelalterliche Kleinstadt, das heißt ein Ort, der in der Städtelandschaft seit dem 13. Jahrhundert immer von untergeordneter Bedeutung war, zum Gegenstand archäologischer Erforschung wurde. Bemühungen, die „Stadtgeschichte unter dem Boden" zu erforschen, konzentrieren sich innerhalb wie außerhalb Baden-Württembergs sonst vorwiegend auf die großen und bedeutenden Städte wie z. B. Lübeck, Köln oder Braunschweig, in Südwestdeutschland etwa Konstanz, Ulm und Freiburg. Kleinstädte wie Sindelfingen, die, wie ein Blick auf die mittelalterliche Städtekarte des heutigen Baden-Württemberg zeigt, den „Normalfall Stadt" im Mittelalter darstellen, denn sie sind gegenüber den Mittelstädten (über 5000 Einwohner) und den Großstädten (über 10000 Einwohner) bei weitem in der Überzahl, wurden dagegen bisher kaum intensiver ararchäologisch erforscht. Zwar konnte die Stadtarchäologie dort nach den systematischen Grabungen von 1967 bis 1973 in den folgenden Jahrzehnten bis heute nicht in gleicher Weise fortgeführt werden, dennoch sind wichtige Ergebnisse zur Stadtgeschichte erzielt worden. Sie sollen im folgenden kurz dargelegt werden.

Das Dokument erscheint in: