Inhaltszusammenfassung:
Emotionale Ansteckung ist ein häufiges Phänomen innerhalb der verbalen und nonverbalen Kommunikation zwischen Individuen. Besondere Bedeutung besitzt hierbei der mimische Ausdruck. Patienten mit Schizophrenie weisen oftmals Schwierigkeiten beim Erkennen von und angemessenen Reagieren auf emotionale Stimuli auf.
Jeweils 17 Schizophreniepatienten und gesunde Kontrollen bekamen eine digitalisierte Version der "Pictures of facial affect" (Ekman & Friesen, 1976) präsentiert und wurden mittels gleichzeitig dargebotener Pfeile dazu aufgefordert, ihre Mundwinkel nach oben bzw. unten zu ziehen (einem fröhlichen oder traurigen Gesichtsausdruck entsprechend). Bei Gesunden erfolgt hierbei eine Bahnung kongruenter Bewegungen (z.B. Mundwinkel nach oben ziehen bei Wahrnehmung eines freudigen Gesichtes). Diese verwendeten wir als Maß für emotionale Ansteckung, da sie mit positiven Gefühlen und einer Aktivierung limbischer Strukturen im fMRT korreliert (Wild et al., 2001). Die Reaktionszeiten wurden mittels Videoaufnahmen gemessen. Zusätzlich wurden der Aufmerksamkeitsbelastungstest d2 und Tests zum Erkennen und Benennen von Emotionen, zur Emotionalen Ansteckbarkeit und momentanen Affektivität (PANAS) durchgeführt.
Im Gegensatz zu den Gesunden wurde bei den Patienten das Heraufziehen der Mundwinkel durch die Wahrnehmung eines traurigen Gesichtsausdrucks nicht gehemmt, und das Herunterziehen der Mundwinkel bei Darbietung eines traurigen Gesichtes nicht gebahnt. Diese Effekte waren umso ausgeprägter, je höher die Werte für Allgemeine Psychopathologie in der PANSS, je kränker also die Patienten waren. In der Selbsteinschätzung der emotionalen Ansteckbarkeit und im PANAS unterschieden sich Patienten und Kontrollen nicht.
Die Tendenz der Patienten zu positiven Reaktionen selbst bei negativen Stimuli kann als eine Art Strategie angesehen werden, um sich durch das sozial erwünschte und günstige Lächeln vor unangenehmen oder zu starken emotionalen Reizen zu schützen (Walker et al., 1980) . Die in der Selbstbeurteilung gegenüber den Gesunden unveränderte Affektivität und emotionale Ansteckbarkeit zeigt dabei, dass insbesondere nicht von mangelndem emotionalem Erleben ausgegangen werden kann.