Inhaltszusammenfassung:
Veränderungen der Kalziumregulation und eine hohe Prävalenz von Osteopathien und Wirbelkörperfrakturen nach Gastrektomie oder Magenresektion sind seit längerem bekannt. Klinische und experimentelle Studien führten diese Störungen v. a. auf ein mögliches Vitamin D- und Kalziumdefizit zurück; der genaue Pathomechanismus ist jedoch bis heute unverstanden. Um die Störungen des Knochenstoffwechsels und die verminderte Knochendichte zu korrigieren, wurde eine Therapie mit Fluorid, kombiniert mit einer Substitution mit Vitamin D und Kalzium bei Patienten nach Magenresektion oder Gastrektomie untersucht.
85 Patienten nach Gastrektomie oder Magenresektion wurde eine Überprüfung des Kalzium- und Knochenstoffwechsels, eine Knochendichtemessung und eine radiologische Untersuchung der Wirbelsäule auf pathologische Veränderungen angeboten. Von diesen 85 Patienten stellten sich 38 Patienten zur Kontrolluntersuchung vor. Bei 25 Patienten war eine Therapie aufgrund einer vorliegenden Osteopenie oder Osteoporose indiziert. 13 dieser Patienten erhielten für 12 Monate täglich Fluorid und für 15 Monate Vitamin D und Kalzium. 6 und 15 Monate nach Therapiebeginn wurden die Serumparameter des Kalzium- und Knochenstoffwechsels bestimmt und mit den Ausgangswerten verglichen. Nach 15 Monaten erfolgte die zweite Knochendichtemessung im Lendenwirbelsäulenbereich und im proximalen Femur. Des weiteren wurden alle 13 Patienten nochmals konventionell geröntgt und die Wirbelsäule erneut analysiert.
Zu Studienbeginn wiesen 5 von 13 Patienten einen erniedrigten 25-(OH)-Vitamin D-Wert (8-39 nmol / l) auf (Norm: 40-185 nmol / l), das 1,25-(OH)2-Vitamin D war bei lediglich einem Patienten erhöht (159 pmol / l; Norm: 45-155 pmol / l) und 6 Patienten zeigten erhöhte Werte der knochenspezifischen alkalischen Phosphatase (24-37 U / l; Norm: 4-21 U / l). Bei allen 13 Patienten war der Parathormonspiegel innerhalb der Norm (1-6 pmol / l).
Die Wirbelsäule wies bei 6 von 13 Patienten mindestens eine Wirbelkörperfraktur auf, Grad I-Wirbelkörperdeformitäten lagen bei 2 von 13 Patienten vor, Grad II-Wirbelköperdeformitäten zeigten sich bei 3 von 13 Patienten; insgesamt betrachtet wiesen 4 der 13 Patienten Wirbelkörperdeformitäten auf. Osteodensitometrisch konnte bei 3 von 13 Patienten eine Osteopenie und bei 8 von 13 Patienten eine Osteoporose nachgewiesen werden.
Unter Fluoridtherapie mit Vitamin D- und Kalziumsubstitution kam es nach 6 Monaten zu einem Anstieg des Parathormonspiegels (3,2 ± 0,4 pmol / l vs. 4,6 ± 0,6 pmol / l; p = 0,027), nach 15 Monaten konnte eine Abnahme (p = 0,023) auf 3,7 ± 0,5 pmol / l gegenüber dem 6-Monatswert festgestellt werden, der sich nicht signifikant vom Ausgangswert unterschied. Die knochenspezifische alkalische Phosphatase verringerte sich nach 6 Monaten (22,8 ± 1,8 U / l vs.17,0 ± 1,5 U / l; p = 0,003), Ausgangs- und Endwert nach 15 Monaten unterschieden sich aber nicht. Das 25-(OH)-Vitamin D stieg nach 15 Monaten an (53,2 ± 13,4 nmol / l vs. 112,8 ± 13,0 nmol / l; p = 0,004), ebenso wie das 1,25-(OH)2-Vitamin D (108 ± 9,1 pmol / l vs. 139,5 ± 12,5 pmol / l; p = 0,001).
Die Knochendichte im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWK 1-4) nahm nach 15-monatiger Therapie grenzwertig signifikant zu (+3%, 0,99 mg / cm2 ± 0,03 vs. 1,02 mg / cm2 ± 0,04; p = 0,06), gleichzeitig kam es im proximalen Femur zu einer signifikanten Abnahme (0,79 mg / cm2 ± 0,05 vs. 0,75 mg / cm2 ± 0,04; p = 0,0383). Diese signifikante Abnahme im proximalen Femur zeigte sich nur bei älteren Patienten über 62 Jahren (-9%), bei den jüngeren blieb die Knochendichte annähernd konstant (-1,2%).
Die Fluoridtherapie mit Vitamin D- und Kalziumsubstitution führte somit bei jüngeren Patienten (< 62 Jahre) und bei guter Compliance (mindestens 19 mg Fluorid / Tag) zum gewünschten Effekt einer Knochendichtezunahme im Lendenwirbelsäulenbereich bei gleichzeitiger Konstanz der Knochendichte im proximalen Femur. Die Frage, ob dadurch das zukünftige Frakturrisiko signifikant gesenkt werden kann, blieb naturgemäß unbeantwortet; hierfür sind längerfristige Untersuchungen notwendig.