Inhaltszusammenfassung:
Die inklusive Beschulung aller Schüler:innen in Regelschulen ist bildungspolitisch
normativ aufgeladen und zugleich von einem erziehungswissenschaftlichen
Forschungsdesiderat geprägt. Insbesondere am untersuchten Fallgymnasium zeigt
sich eine Spannung zwischen der Inklusion als pädagogischer Programmatik
einerseits und der Selektions- und Allokationsfunktion eines Gymnasiums
andererseits. Diese Arbeit untersucht, wie die Differenzierung von Schüler:innen im
Anspruch von Inklusion am Gymnasium funktioniert.
Insgesamt wurden Beobachtungsprotokolle und Interviews im Rahmen des
Forschungsstils der Grounded Theory Methodologie ausgewertet. Dabei wurden die
folgenden drei Fragestellungen beantwortet: Wie differenzieren Lehrkräfte am
inklusiven Gymnasium und welche Schüler:innen werden dabei wie berücksichtigt
bzw. nicht berücksichtigt? Welche Deutungsmuster haben Lehrkräfte zur Inklusion
und Exklusion von Schüler:innen eines inklusiven Gymnasiums? Und wie maskieren
Lehrkräfte Differenz am inklusiven Gymnasium? Zusammenfassend zeigen die
Ergebnisse dieser Dissertation eine komplexe Sinnstruktur auf der Ebene von
Praktiken und Deutungsmustern, welche die Exklusion von Schüler:innen mit
sonderpädagogischem Förderbedarf sowie Schüler:innen mit einem
zugeschriebenen Migrations- und Fluchthintergrund durch das Maskieren der
Differenzen legitimiert. Die beobachteten und befragten Lehrkräfte blieben durch das
Maskieren von Differenzen am untersuchten Gymnasium handlungsfähig, denn
ihnen kommt die anspruchsvolle Aufgabe zu, eine Differenzierungspraxis zu
etablieren, die legitime Formen der Exklusion ermöglicht, zeitgleich aber auch auf
einer sichtbaren Ebene Schüler:innen inkludiert.
Diese Dissertation ist als publikationsbasierte Arbeit angelegt und beruht auf drei
Artikeln, die unterschiedliche Teilaspekte der übergeordneten Fragestellung
aufgreifen und in denen die (Teil-)Ergebnisse vorgestellt und diskutiert werden
(Anhang 1-3). Die Artikel sind in der Zeitschrift für Pädagogik, dem Forum für
Qualitative Sozialforschung und der Zeitschrift für Inklusion erschienen.