Die Dissertation ist gesperrt bis zum 16. September 2026 !
Die derzeitige Zunahme antimikrobieller Resistenzen und der alarmierende Mangel an neuen
Antibiotika in klinischen Studien erfordern eine Neubewertung bestehender Antibiotika für
therapeutische Anwendungen, um den aktuellen medizinischen Standard aufrechtzuerhalten.
Fosfomycin (FOS) ist ein seit langem etabliertes Antibiotikum mit einem breiten
Wirkungsspektrum gegen grampositive und gramnegative Bakterien. Durch synergistische
Effekte mit Antibiotika aus verschiedenen Klassen bietet es ungenutztes Potenzial für
Kombinationstherapien, auch gegen multiresistente Erreger. Die Untersuchung der zellulären
Antworten von Bakterien ermöglicht ein tieferes Verständnis der FOS-induzierten bakteriellen
Reaktionen, die über die Hemmung des Zielmoleküls MurA hinausgehen. Dies bildet die
Grundlage für medizinische Kombinationstherapien. Dazu wurde das Wachstumsverhalten
des probiotischen grampositiven Modellbakteriums Bacillus subtilis in Gegenwart
verschiedener FOS-Konzentrationen mittels Multi-Omics Analysen untersucht. Durch die
Hemmung des Enzyms MurA, das den ersten Schritt der de novo Peptidoglykan (PGN)
Biosynthese darstellt, greift FOS in einen streng regulierten und essenziellen bakteriellen
Stoffwechselweg ein. MurA katalysiert die Enolpyruvyl Übertragung von Phosphoenolpyruvat
(PEP) auf UDP-N-acetylglucosamine (UDP-GlcNAc), wodurch UDP-GlcNAc-Enolpyruvat
entsteht. FOS hemmt MurA kovalent durch Bindung an einen Cysteinrest im aktiven Zentrum
des Enzyms. Interessanterweise wird das native MurA-Enzym in Gegenwart von PEP an
diesem Cysteinrest kovalent modifiziert, wodurch es vor einem Angriff durch FOS geschützt
ist. Die posttranslationale Modifikation durch PEP konnte bisher nicht direkt nachgewiesen
werden, obwohl bereits existierende Kristallstrukturen von MurA darauf hindeuten. Mittels
nativer MS konnte die kovalente Bindung von PEP an beide MurA-Isoformen in B. subtilis
(MurAA und MurAB) direkt nachgewiesen und der daraus resultierende Schutz vor FOS
bestätigt werden. Die Bedeutung des Glycerin-3-Phosphat-Transporters GlpT für die
Aufnahme von FOS und der Bacillithiol-S-Transferase FosB für die Entgiftung von FOS wurde
durch chromosomale Mutanten nachgewiesen. In einem Multi-Omics Ansatz, bestehend aus
Transkriptom-, Proteom- und Metabolom-Untersuchungen, wurden die metabolischen
Anpassungen durch die Verwendung niedrigerer FOS-Konzentrationen und die Ursachen der
Zelllyse in Gegenwart höherer FOS-Konzentrationen umfassend analysiert. Die Ergebnisse
zeigten sowohl spezifische stressabhängige Reaktionen als auch stressunabhängige
metabolische Anpassungen in FOS-behandelten Zellen. Zellhüllenstress, der durch die
alternativen Sigma-Faktoren SigM, V, W, X, Y und den Transkriptionsregulator Spx kontrolliert
wird, dominierte die Antwort. Auffallend ist, dass auch die Lipoteichonsäure-, Teichosäure- und
Fettsäuresynthese sowie die Eisenhomöostase hochreguliert waren. Die PGN-Synthese war
hochreguliert, während PGN abbauenden Enzyme herunterreguliert waren. Insgesamt
regulierte FOS die katabolen Prozesse der Zelle herunter. Um FOS-induzierte
Metabolitveränderungen zu untersuchen, wurde ein LC-MS Metabolomics Arbeitsablauf mit
Schwerpunkt auf der Zellwandanalyse unter Verwendung einer Standardbibliothek entwickelt,
die alle löslichen PGN-Vorstufen enthält. Darüber hinaus wurden LC-MS- und HPLC-Analysen
entwickelt und eingesetzt, um Fragestellungen im Zusammenhang mit der Wirkung von FOS,
der bakteriellen Zellwand und dem Zuckerstoffwechsel in verschiedenen Projekten zu
beantworten. Die vorgestellte Arbeit ermöglicht ein differenziertes Verständnis der komplexen
zellulären Reaktionen auf FOS und liefert wertvolle neue Erkenntnisse über das
Zusammenspiel von Wachstumshemmung, Zelllyse und metabolischer Anpassung unter
FOS-Behandlung. Die Ergebnisse dieser Arbeit tragen zu einem umfassenderen Verstehen
bei, wie flexibel Bakterien ihren Stoffwechsel unter antibiotischen Stressbedingungen
anpassen und erweitern das Wissen im Umgang mit antimikrobiellen Resistenzen.