Inhaltszusammenfassung:
Interozeption beschreibt die Wahrnehmung körperinterner Signale und ist dadurch u.a. mit Essverhalten verknüpft. Essstörungen gehen häufig mit pathologischem Bewegungsverhalten einher, welches seinerseits Einfluss auf die Interozeption nimmt. Bislang liegen jedoch keine Studien vor, die alle drei Faktoren betrachten. Das Hauptziel dieser Studie ist es daher, den Zusammenhang von sowohl (gestörtem) Essverhalten als auch körperlicher Aktivität mit interozeptiven Fähigkeiten zu untersuchen. Dafür wurden einerseits Patient*innen mit Essstörungen rekrutiert, sowie andererseits zwei gesunde Kontrollgruppen mit hohem bzw. niedrigem Bewegungsverhalten. Der Versuchsaufbau beinhaltete Fragebögen zu Bewegungs- und Essverhalten, Körperbild und Selbstbewertung, sowie zwei Heartbeat Perception Tests, mithilfe derer die interozeptiven Fähigkeiten der Versuchspersonen untersucht wurden. Dabei wies die gesunde aktive
Kontrollgruppe sowohl gegenüber der gesamten Patientenstichprobe, der aktiven
Patientengruppe, als auch der gesunden inaktiven Kontrollgruppe bessere interozeptive Fähigkeiten auf. Hierbei erwies sich insbesondere die interozeptive Confidence als signifikant unterschiedlich. Die inaktive Kontrollgruppe unterschied sich hinsichtlich ihrer interozeptiven Fähigkeiten dagegen nicht signifikant von der Patientenstichprobe. Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass bei Patient*innen mit Essstörungen die interozeptiven Fähigkeiten nicht generell gestört sind, sondern viel mehr das Vertrauen in die eigenen interozeptiven Fähigkeiten eingeschränkt ist. Zudem erweist sich das Ausmaß körperlicher Aktivität als besserer Prädiktor für interozeptive Leistungen als Essstörungssymptome. Die Beobachtung, dass sich gesunde Personen mit niedriger körperlicher Aktivität nicht signifikant von Personen mit Essstörungen unterscheiden, andererseits jedoch signifikante Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen und körperlich aktiven gesunden Personen auftreten, legt nahe, dass Essstörungen und fehlende Fitness ähnlich starke Auswirkungen auf die Interozeption und damit die
Körperwahrnehmung zu haben scheinen.