Die Analyse von Einzelnukleotid-Polymorphismen in APOE und CAST als modifizierende Faktoren der Spinocerebellären Ataxie Typ 3

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/151915
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1519153
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-93254
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2024-03-13
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Rieß, Olaf (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2023-11-08
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die Spinocerebelläre Ataxie Typ 3 ist eine autosomal-dominant vererbbare neurodegenerative Erkrankung und gehört zu der heterogenen Gruppe der autosomal-vererbbaren Ataxien. Unter ihnen ist sie mit einem weltweit variablen Anteil von 15-45% die häufigste Form der Ataxie. Mit einer Prävalenz von weniger als 3 Erkrankten pro 100.000 Einwohnern gehört sie dennoch zu der Gruppe der Seltenen Erkrankungen. Auslöser der Erkrankung ist eine Verlängerung der CAG-Wiederholungs-Sequenz im ATXN3-Gen. Auf Proteinebene codiert diese Sequenz für Glutamin, dementsprechend entsteht bei einer Mutation eine verlängerte Polyglutaminsequenz im Ataxin-3. Bei einer Anzahl von >45 CAG- Wiederholungen kommt es laut aktueller Literatur zum klinischen Vollbild der Erkrankung. Die Erkrankung präsentiert sich in ihrer klinischen Symptomatik sehr unterschiedlich, zu den typischen Symptomtrias gehören dabei eine progrediente Gangataxie, eine externe Opthalmoplegie sowie ein pathologischer Reflexstatus. In der klinischen Ausprägung wird die Erkrankung, abhängig vom dominierenden Symptom und dem Erkrankungsalter in fünf Subtypen unterteilt. Der Großteil der Betroffenen erkrankt im mittleren Alter zwischen 20-50 Jahren. Dabei zeigen sich auch extreme Ausreißer des Erkrankungsalters von 5-70 Jahren. Eine Erklärung für diese große Varianz bietet die negative Korrelation des Erkrankungsalters mit der individuellen Anzahl an CAG-Wiederholungen im mutierten ATXN3-Gen. Je nach Größe der Kohorte ist diese Korrelation für 40- 75% der Betroffenen eindeutig. Für einen Großteil der Mutationsträger ist eine alleinige Bestimmung der Anzahl an CAG-Wiederholungen demnach kein aussagekräftiges Kriterium, um den Zeitpunkt und Verlauf der Erkrankung vorauszusagen. Diese Arbeit beschäftigt sich damit, weitere genetische Einflussfaktoren auf das Erkrankungsalter der SCA3 zu identifizieren und ihren tatsächlichen Einfluss statistisch zu überprüfen. Wir wählten dafür vier Einzelnukleotidpolymorphismen in zwei Kandidatengene aus der Literatur aus. Mittels allelspezifischer PCR und anschließender Sanger-Sequenzierung konnten wir für zwei SNPs in APOE (rs429358 und rs7412) im High-Resolution-Melting charakteristische Kurvenverläufe für die einzelnen Genotypen identifizieren und 346 Patientenproben analysieren. Mittels Schmelzkurvenanalyse konnten wir in der gleichen Kohorte einen SNP (rs1559085) in CAST typisieren. Die Etablierung einer Typisierungsmethode für einen zweiten SNP (rs27852) in CAST blieb leider erfolglos. Die Ergebnisse der statistischen Auswertung zeigten, dass APOE einen signifikanten Einfluss auf das Erkrankungsalter der SCA3 haben kann. Dabei erwies sich das APOE e2 Allel als größter Einflussfaktor. In einer ANOVA Analyse von Merkmalsträgern und Nicht-Merkmalsträgern konnte eine Verringerung des Erkrankungsalters von durchschnittlich 2 Jahren bei Vorliegen eines e2 Allels festgestellt werden. Bei der individuellen Betrachtung der SNPs in APOE konnte gezeigt werden, dass durch die Analyse von rs429358 der prädiktive Wert für das Erkrankungsalter signifikant um zusätzliche 2% verbessert werden kann. Der rs7412 schien einzeln betrachtet keinen prädiktiven Mehrwert zu haben. Die Kombination beider Polymorphismen als Haplotyp verbessert den prädiktiven Wert für das Erkrankungsalter jedoch um 5%. Die Analyse des SNP rs1559085 in CAST ergab mit einem p-Wert > 0,5 keinen signifikanten Einfluss auf das Erkrankungsalter der SCA3. Allerdings konnte eine deutliche Verminderung des Erkrankungsalters bei Vorliegen eines homozygoten G/G Genotyp um durchschnittlich – 3,8 Jahre im Vergleich mit dem häufigeren Genotyp A/A festgestellt werden. Ebenso zeigte eine Analyse der durchschnittlichen Anzahl an CAG-Wiederholungen in Abhängigkeit der Genotypen von rs1559085, dass bei Vorliegen eines G/G Genotyps die Anzahl der Wiederholungen im Schnitt um + 3 erhöht ist. Dieser Zusammenhang ist mit einem p-Wert von 0,25 zwar nicht signifikant, zeigt jedoch eine mögliche Tendenz eines Zusammenhangs zwischen dem Genotyp von rs1559085 in CAST und der Anzahl an CAG – Wiederholungen. Mit 346 Patientenproben bildet die in dieser Arbeit analysierte Kohorte ein deutlich größeres Kollektiv ab als die meisten vergleichbaren Studiendesigns. Durch die Verwendung fast ausschließlich europäischer Proben darf jedoch auch ein populationsspezifischer Effekt nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit sollten in einer weiteren, unabhängigen Kohorte bestätigt werden. Außerdem erfolgte die Überprüfung des Einflusses der Polymorphismen ausschließlich an Betroffenen. Um eine relevante Modifikation durch den jeweiligen überprüften Polymorphismus definitiv nachweisen zu können, sollte ein Vergleich mit gesunden Kontrollprobanden erfolgen. Unter Einbezug der gewonnen Erkenntnisse über mögliche populationsspezifische Bias und Einflüsse der DNA-Qualität auf durchgeführte Analysen, legen die Ergebnisse dieser Doktorarbeit nahe, dass mit den verschiedenen Haplotypen von APOE weitere genetische Modifikatoren auf das Erkrankungsalter der SCA3 existieren. Unter Einbezug dieser genetischen Information könnte der Vorrausagewert über das Erkrankungsalter um 5% gesteigert werden. In einzelnen Kohorten könnte somit für bis zu 75% eine zuverlässige Voraussage über das Erkrankungsalter von Mutationsträgern getätigt werden. Auch wenn dabei im Bestfall weiterhin für ¼ der Betroffenen keine verlässliche Aussage über den Zeitpunkt ihrer Erkrankung getätigt werden kann, so zeigen die methodischen Ansätze und Ergebnisse dieser Arbeit eine Möglichkeit genetische Einfluss der SCA3 zu identifizieren. Höchstwahrscheinlich existieren viele weitere genetische, epigenetische und Umweltfaktoren, die eine Erklärung der Varianz des Erkrankungsalters der SCA3 ermöglichen würden. Diese zu identifizieren und charakterisieren ist auch in Zukunft entscheidend, um Erkenntnisse über den Pathomechanismus der Erkrankung zu gewinnen und mögliche Ansätze für zukünftige kurative Therapiemöglichkeiten zu erkennen.

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