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Der Anteil der Mehrlingsschwangerschaften hat sich innerhalb der letzten 40
Jahre in Deutschland mehr als verdoppelt und ähnliche Trends lassen sich
auch in vielen weiteren Ländern erkennen. Eine Mehrlingsschwangerschaft ist
immer mit einem erhöhten Risiko sowohl für die Mütter, aber auch für die Kinder
verbunden. Die Hauptgründe für den steigenden Anteil der Mehrlinge sind das
steigende Alter der Frauen bei der Konzeption und ein erhöhter Anteil an
assistierter Reproduktion. Weitere mütterliche Faktoren wie der BMI vor der
Schwangerschaft, die Körpergröße und die ethnische Herkunft können die
Wahrscheinlichkeit einer Mehrlingsschwangerschaft ebenfalls beeinflussen.
Diese Arbeit hatte als Ziel, einen Überblick über die
Mehrlingsschwangerschaften an einem Perinatalzentrum Level 1 zu geben.
Dabei sollten das mütterliche und kindliche Outcome der verschiedenen Arten
der Mehrlinge untereinander, aber auch mit dem Outcome von
Einlingsschwangerschaften, verglichen werden.
Diese retrospektive Arbeit umfasst einen Zeitraum von elf Jahren (2004-2014)
und es wurden 28.951 Geburten mit 30.202 resultierenden Kindern
berücksichtigt. Die ausgewerteten Daten beinhalten mütterliche Parameter,
Daten zur Schwangerschaft und zur Geburt sowie kindliche Parameter. Die
Variablen wurden in verschiedenen Gruppen statistisch untersucht.
In dem beobachteten Zeitraum waren 4,1% der Geburten Mehrlingsgeburten.
Von diesen Mehrlingen sind pro Jahr zwischen 25% und 45% durch assistierte
Reproduktion entstanden. Spontan entstandene Zwillinge waren zehnmal
häufiger monochorial als Zwillinge, die nicht natürlich entstanden sind. Das Alter
der Mütter von Mehrlingen lag signifikant um zwei Jahre über dem von Müttern
von Einlingen und auch Frauen mit nicht natürlich entstandenen Mehrlingen
waren signifikant älter als ihr Vergleichskollektiv. Signifikant höher lag bei
Frauen mit Mehrlingsschwangerschaften auch der BMI vor der
Schwangerschaft und die Körpergröße im Vergleich zu Frauen mit
Einlingsschwangerschaften. Auch bei dichorialen Zwillingsschwangerschaften
war der BMI der Frauen vor der Schwangerschaft signifikant höher als der von Frauen mit monochorialer Zwillingsschwangerschaft. In der Schwangerschaft
traten alle hypertensiven Erkrankungen bei Mehrlingsschwangerschaften
signifikant häufiger auf, beispielsweise wurden Präeklampsie und das HELLPSyndrom je mehr als dreimal häufiger bei Mehrlingsschwangerschaften
diagnostiziert. Fast die Hälfte der Mehrlingsschwangerschaften hat eine
Induktion der Lungenreife benötigt, dabei waren Mehrlingsschwangerschaften
nach assistierter Reproduktion signifikant häufiger betroffen als spontan
entstandene Mehrlingsschwangerschaften. Im Beobachtungszeitraum lag der
Anteil der Sectiones bei 37,5%, nur eine Drillingsschwangerschaft ist vaginal
entbunden worden. Mehrlinge wurden nur in 14,4% über einen Spontanpartus
geboren, der Hauptteil waren Sectiones, was sich signifikant vom
Geburtsmodus der Einlinge unterschied. Auch Mehrlinge, die nicht natürlich
entstanden sind, wurden signifikant öfter per Sectio und vaginal-operativer
Entbindung geboren als ihr Vergleichskollektiv. Der Blutverlust der Frauen, die
Mehrlinge gebaren, war höher als der der Frauen, die Einlinge gebaren und es
gab mehr als 17-mal häufiger einen Blutverlust von mehr als einem Liter bei
Mehrlingsschwangerschaften. 72 Frauen wurden peri-/postpartal
hysterektomiert, dabei waren nicht spontan entstandene
Mehrlingsschwangerschaften eineinhalbmal und Mehrlingsschwangerschaften
fünfeinhalbmal häufiger betroffen als das jeweilige Vergleichskollektiv. Mehr als
zwei Drittel der Mehrlinge war eine Frühgeburt vor der 37. SSW, dabei gab es
bei Mehrlingen nach assistierter Reproduktion und bei Drillingen mehr frühe
Frühgeburten (28.-32. SSW) als bei spontan entstandenen Mehrlingen und
Zwillingen. Monochoriale Zwillinge waren nur in weniger als 20% keine
Frühgeburt, signifikant seltener als dichoriale Zwillinge. Das Geburtsgewicht der
Mehrlinge lag signifikant um etwa 1.000 g unter dem der Einlinge und bei den
Mehrlingen nach assistierter Reproduktion wogen signifikant mehr Kinder
weniger als 1.500 g als bei den natürlich entstandenen Mehrlingen. Auch
monochoriale Zwillinge waren signifikant leichter als dichoriale Zwillinge. 17,3%
der Mehrlinge benötigten nach ihrer Geburt eine Atemunterstützung, assistierte
Reproduktion stellte hierbei ein Risikofaktor für CPAP-Unterstützung dar. Zum
Outcome konnte festgestellt werden, dass Drillinge mehr als doppelt so oft einen Apgar unter sieben hatten als Zwillinge und, dass es mehr Azidosen nach
vaginaler Entbindung im Vergleich zum Kaiserschnitt (primär und sekundär)
gab.
Es konnten zahlreiche Parameter verglichen werden und dadurch haben sich
bekannte Phänomene wie das höhere Alter der Mütter von Mehrlingen, die
Frühgeburtsraten und das niedrigere Geburtsgewicht der Mehrlinge, sowie das
erhöhte Risiko für hypertensive Erkrankungen der Schwangerschaft bei Frauen,
die mit mehr als einem Kind schwanger sind, bestätigt. Zu noch nicht so
ausführlich untersuchten Variablen wie dem Einfluss des BMIs vor der
Schwangerschaft, der Körpergröße der Mutter und der Notwendigkeit von einer
Atemunterstützung nach der Geburt konnten neue Erkenntnisse gewonnen
werden. Außerdem konnten neue Aspekte im Hinblick auf das Outcome nach
der Art des Geburtsmodus und peri-/postpartalen Hysterektomien dargelegt
werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass es
sich um Daten aus einem Perinatalzentrum Level 1 mit einem
Hochrisikokollektiv an Patientinnen handelt, was sich auf die Ergebnisse
auswirkt.
Aus diesen Ergebnissen lässt sich schließen, dass bei
Mehrlingsschwangerschaften ein besonderes Augenmerk auf das Erkennen
von hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen gelegt werden muss, um
deren Komplikationen zu vermeiden. Außerdem sollten weiterführende
Untersuchungen zum Outcome in Bezug auf Apgar, pH-Wert und Notwendigkeit
einer Atemunterstützung nach einer Spontangeburt im Vergleich zur Sectio
erfolgen. Durch einen vaginalen Entbindungsversuch von vor allem
unkomplizierten Zwillings- und unter bestimmten Umständen möglicherweise
auch Drillingsschwangerschaften könnten sich akute und langfristige
Komplikationen des Kaiserschnitts reduzieren lassen, was im Hinblick auf die
steigenden Mehrlingszahlen und Sectioraten eine Aufgabe der Zukunft sein
wird. |
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