Auswertung prä- und peripartaler Faktoren bei Mehrlingsgraviditäten an einem Perinatalzentrum Level 1 und Verlauf seit 2004

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/143241
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1432412
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-84586
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2023-07-10
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Rall, Katharina (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2023-05-25
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Der Anteil der Mehrlingsschwangerschaften hat sich innerhalb der letzten 40 Jahre in Deutschland mehr als verdoppelt und ähnliche Trends lassen sich auch in vielen weiteren Ländern erkennen. Eine Mehrlingsschwangerschaft ist immer mit einem erhöhten Risiko sowohl für die Mütter, aber auch für die Kinder verbunden. Die Hauptgründe für den steigenden Anteil der Mehrlinge sind das steigende Alter der Frauen bei der Konzeption und ein erhöhter Anteil an assistierter Reproduktion. Weitere mütterliche Faktoren wie der BMI vor der Schwangerschaft, die Körpergröße und die ethnische Herkunft können die Wahrscheinlichkeit einer Mehrlingsschwangerschaft ebenfalls beeinflussen. Diese Arbeit hatte als Ziel, einen Überblick über die Mehrlingsschwangerschaften an einem Perinatalzentrum Level 1 zu geben. Dabei sollten das mütterliche und kindliche Outcome der verschiedenen Arten der Mehrlinge untereinander, aber auch mit dem Outcome von Einlingsschwangerschaften, verglichen werden. Diese retrospektive Arbeit umfasst einen Zeitraum von elf Jahren (2004-2014) und es wurden 28.951 Geburten mit 30.202 resultierenden Kindern berücksichtigt. Die ausgewerteten Daten beinhalten mütterliche Parameter, Daten zur Schwangerschaft und zur Geburt sowie kindliche Parameter. Die Variablen wurden in verschiedenen Gruppen statistisch untersucht. In dem beobachteten Zeitraum waren 4,1% der Geburten Mehrlingsgeburten. Von diesen Mehrlingen sind pro Jahr zwischen 25% und 45% durch assistierte Reproduktion entstanden. Spontan entstandene Zwillinge waren zehnmal häufiger monochorial als Zwillinge, die nicht natürlich entstanden sind. Das Alter der Mütter von Mehrlingen lag signifikant um zwei Jahre über dem von Müttern von Einlingen und auch Frauen mit nicht natürlich entstandenen Mehrlingen waren signifikant älter als ihr Vergleichskollektiv. Signifikant höher lag bei Frauen mit Mehrlingsschwangerschaften auch der BMI vor der Schwangerschaft und die Körpergröße im Vergleich zu Frauen mit Einlingsschwangerschaften. Auch bei dichorialen Zwillingsschwangerschaften war der BMI der Frauen vor der Schwangerschaft signifikant höher als der von Frauen mit monochorialer Zwillingsschwangerschaft. In der Schwangerschaft traten alle hypertensiven Erkrankungen bei Mehrlingsschwangerschaften signifikant häufiger auf, beispielsweise wurden Präeklampsie und das HELLPSyndrom je mehr als dreimal häufiger bei Mehrlingsschwangerschaften diagnostiziert. Fast die Hälfte der Mehrlingsschwangerschaften hat eine Induktion der Lungenreife benötigt, dabei waren Mehrlingsschwangerschaften nach assistierter Reproduktion signifikant häufiger betroffen als spontan entstandene Mehrlingsschwangerschaften. Im Beobachtungszeitraum lag der Anteil der Sectiones bei 37,5%, nur eine Drillingsschwangerschaft ist vaginal entbunden worden. Mehrlinge wurden nur in 14,4% über einen Spontanpartus geboren, der Hauptteil waren Sectiones, was sich signifikant vom Geburtsmodus der Einlinge unterschied. Auch Mehrlinge, die nicht natürlich entstanden sind, wurden signifikant öfter per Sectio und vaginal-operativer Entbindung geboren als ihr Vergleichskollektiv. Der Blutverlust der Frauen, die Mehrlinge gebaren, war höher als der der Frauen, die Einlinge gebaren und es gab mehr als 17-mal häufiger einen Blutverlust von mehr als einem Liter bei Mehrlingsschwangerschaften. 72 Frauen wurden peri-/postpartal hysterektomiert, dabei waren nicht spontan entstandene Mehrlingsschwangerschaften eineinhalbmal und Mehrlingsschwangerschaften fünfeinhalbmal häufiger betroffen als das jeweilige Vergleichskollektiv. Mehr als zwei Drittel der Mehrlinge war eine Frühgeburt vor der 37. SSW, dabei gab es bei Mehrlingen nach assistierter Reproduktion und bei Drillingen mehr frühe Frühgeburten (28.-32. SSW) als bei spontan entstandenen Mehrlingen und Zwillingen. Monochoriale Zwillinge waren nur in weniger als 20% keine Frühgeburt, signifikant seltener als dichoriale Zwillinge. Das Geburtsgewicht der Mehrlinge lag signifikant um etwa 1.000 g unter dem der Einlinge und bei den Mehrlingen nach assistierter Reproduktion wogen signifikant mehr Kinder weniger als 1.500 g als bei den natürlich entstandenen Mehrlingen. Auch monochoriale Zwillinge waren signifikant leichter als dichoriale Zwillinge. 17,3% der Mehrlinge benötigten nach ihrer Geburt eine Atemunterstützung, assistierte Reproduktion stellte hierbei ein Risikofaktor für CPAP-Unterstützung dar. Zum Outcome konnte festgestellt werden, dass Drillinge mehr als doppelt so oft einen Apgar unter sieben hatten als Zwillinge und, dass es mehr Azidosen nach vaginaler Entbindung im Vergleich zum Kaiserschnitt (primär und sekundär) gab. Es konnten zahlreiche Parameter verglichen werden und dadurch haben sich bekannte Phänomene wie das höhere Alter der Mütter von Mehrlingen, die Frühgeburtsraten und das niedrigere Geburtsgewicht der Mehrlinge, sowie das erhöhte Risiko für hypertensive Erkrankungen der Schwangerschaft bei Frauen, die mit mehr als einem Kind schwanger sind, bestätigt. Zu noch nicht so ausführlich untersuchten Variablen wie dem Einfluss des BMIs vor der Schwangerschaft, der Körpergröße der Mutter und der Notwendigkeit von einer Atemunterstützung nach der Geburt konnten neue Erkenntnisse gewonnen werden. Außerdem konnten neue Aspekte im Hinblick auf das Outcome nach der Art des Geburtsmodus und peri-/postpartalen Hysterektomien dargelegt werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass es sich um Daten aus einem Perinatalzentrum Level 1 mit einem Hochrisikokollektiv an Patientinnen handelt, was sich auf die Ergebnisse auswirkt. Aus diesen Ergebnissen lässt sich schließen, dass bei Mehrlingsschwangerschaften ein besonderes Augenmerk auf das Erkennen von hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen gelegt werden muss, um deren Komplikationen zu vermeiden. Außerdem sollten weiterführende Untersuchungen zum Outcome in Bezug auf Apgar, pH-Wert und Notwendigkeit einer Atemunterstützung nach einer Spontangeburt im Vergleich zur Sectio erfolgen. Durch einen vaginalen Entbindungsversuch von vor allem unkomplizierten Zwillings- und unter bestimmten Umständen möglicherweise auch Drillingsschwangerschaften könnten sich akute und langfristige Komplikationen des Kaiserschnitts reduzieren lassen, was im Hinblick auf die steigenden Mehrlingszahlen und Sectioraten eine Aufgabe der Zukunft sein wird.

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