Inhaltszusammenfassung:
Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es nach der Behandlung maligner Tumore zum Auftreten von Zweittumoren kommen kann. Diesbezügliche Daten liegen für das differenzierte Schilddrüsenkarzinom bislang nur in sehr begrenztem Umfang vor. Ziel dieser Arbeit war es daher zu prüfen, ob Schilddrüsenkarzinompatienten verglichen zu Patienten mit benignen Schilddrüsenerkrankungen gehäuft Zweittumore entwickeln und diese auf die Radioiodbehandlungen zurückzuführen sind. Verglichen wurden 418 Schilddrüsenkarzinompatienten mit 418 Patienten die aufgrund eines autonomen Adenoms, Morbus Basedow, bzw. einer Kombination, ebenfalls eine Radioiodbehandlung erhalten hatten. Signifikante Unterschiede lagen trotz Matching-Prozess im Alter, der Nachbeobachtungszeit sowie der effektiven Ganzkörperdosis vor. Als Hauptergebnis konnte eine signifikante Häufung von Zweittumoren der Schilddrüsenkarzinompatienten im Vergleich zur benignen Vergleichsgruppe ausgeschlossen werden. Dabei zeigte sich, dass höheres Alter als auch eine längere Nachbeobachtungszeit die Zweittumorentstehung begünstigen. Weitere Untersuchungen innerhalb der Schilddrüsenkarzinomgruppe ergaben, dass Geschlecht, histologischer Typ des Schilddrüsenkarzinoms, sowie das Tumorstadium keinen Einfluss auf die Entstehung von Zweittumoren hatten. Der klinische Verlauf des Schilddrüsenkarzinoms hingegen konnte nicht eindeutig aufgrund knapp verfehlter Signifikanz beurteilt werden. Eine signifikante Häufung von Zweittumoren konnte bei Patienten mit mehr als einer Radioiodbehandlung bzw. einer Gesamtaktivität > 3,7 GBq festgestellt werden. Insbesondere bei Frauen mit späterem Mammakarzinom wurde eine deutlich höhere Aktivitätsmenge beobachtet. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Zweittumorentstehung sowohl von biologischen (Alter) als auch von radiogenen (effektive Dosis, Aktivität) Einflüssen abhängt. Für die klinische Praxis bedeutet dies, dass die einmalige Radioiodbehandlung beim Schilddrüsenkarzinom sinnvoll und nur mit einem geringen Risiko verbunden ist. Sollten mehrere Radioiodbehandlungen geplant sein, muss der erwartete Therapieerfolg gegen das gesteigerte Zweittumorrisiko abgewogen werden.