Inhaltszusammenfassung:
Neurodegenerative Erkrankungen des ZNS und Erkrankungen der Netzhaut
haben vieles gemeinsam. So zeigt sich beim Glaukom ein ähnlicher
pathophysiologischer Mechanismus wie bei einem Apoplex. Ursächlich für
solche Erkrankungen ist ein sekundärer Verlust von Nervenfasergewebe durch
Apoptose. Hierbei spielt oxidativer Stress, der zur Bildung von reaktiven
Sauerstoffmolekülen und Nitroxiden führt, eine wichtige Rolle.
Als Radikalfänger reaktiver Sauerstoffmoleküle dient Tempol, welches ein
Mimetikum für eine Superoxid-Dismutase darstellt. Tempol ist leicht
gewebegängig und somit vielversprechend für den Einsatz als neuroprotektive
Substanz. Die Testung von Tempol an in-vivo und in-vitro Modellen des
Nagetieres zeigte in bisherigen Versuchen vielversprechende Ergebnisse.
Kürzliche Untersuchungen weisen auf eine bessere Vergleichbarkeit der
bovinen und humanen Retina hin. Daher sah diese Arbeit den Einsatz von
Rindernetzhäuten vor.
Ziel der Arbeit war, durch elektrophysiologische Darstellung eine Konzentration
von Tempol zu bestimmen, welche nicht schädlich auf die Netzhaut wirkt, so
dass sich eine entsprechende Anwendung in der Klinik findet. Auch wurden
Versuche für ein zukünftiges Hypoxiemodell als Vergleichsbasis begonnen. Das
Modell der isolierten und perfundierten Retina ist in der Testung verschiedener
Substanzen bereits etabliert. In diesem Rahmen wurde ein dunkeladaptiertes
ERG vor und nach einer 45minütigen Exposition verschiedener Tempol-
Konzentrationen (0,5mM; 1mM; 2mM; 5mM; 10mM) abgeleitet. Hierbei ließ sich
ein schädlicher Effekt ab 1mM auf die Retina durch Amplitudeneinbruch der
b-Wellen feststellen. An den a-Wellen war in allen Konzentrationen keine
bleibende Schädigung durch Tempol zu erkennen. Höhere Konzentrationen ab
5mM ließen sogar einen neuroprotektiven Effekt auf die Photorezeptoren
möglich erscheinen. Zusammenfassend ist von einer Unbedenklichkeit bis zu
einer Konzentration von 0,5mM auszugehen. Es konnte gezeigt werden, dass
eine Anwendung von Tempol von potentiellem Nutzen ist für weitere klinische
Versuche, um einem irreversiblen sekundären Nervenfaserverlust bei
ischämischen Erkrankungen der Netzhaut zeitnah vorzubeugen bis
herkömmliche Therapien greifen.