Inhaltszusammenfassung:
Hintergrund: Die Automation von Systemen schreitet immer weiter voran. Viele
Studien beschäftigen sich mit der Messung von mentalen Modellen zu automatisierten
Systemen auf Basis von Daten aus subjektiven Methoden. Die subjektiven Methoden
erzeugen aufgrund der zeitlichen und inhaltlichen, dynamischen Entwicklung automatisierter Systeme keine langfristig vergleichbaren Ergebnisse über verschiedene Automationslevel und Versuchsaufbauten hinweg.
Ziel: Ziel dieser Arbeit war es, den Aufbau und die Aktualisierung mentaler Modelle
des Fahrers hochautomatisierter Fahrzeuge zu messen, das Vertrauen in und
die Akzeptanz von solchen Systemen in Beziehung zu setzen und mit Hilfe einer in
diesem Kontext neuen, objektiven Methode den Einfluss von Systembeschreibungen
auf mentale Modelle beim hochautomatisierten Fahren zu zeigen und zu evaluieren.
Methode: Es wurden drei Studien durchgeführt, in denen mentale Modelle mittels
Systembeschreibungen manipuliert wurden. Die erste Studie fand in einer laborähnlichen Umgebung vor einem Laptop statt und die mentalen Modelle wurden mit
Hilfe einer subjektiven Messmethode untersucht. Die zweite Studie fand in einem Fahrsimulator statt und es wurden zwei objektive Messmethoden verglichen. Die dritte Studie fand ebenfalls im Fahrsimulator statt und eine der objektiven Messmethoden aus
Studie zwei wurde anhand einer größeren Stichprobe und längeren Fahrt evaluiert.
Ergebnisse: In Summe konnte die Manipulation mentaler Modelle über das Lesen
von Systembeschreibungen repliziert werden (Beggiato & Krems, 2013) und eine
objektive Messmethode zur Ableitung des Einflusses von Systembeschreibungen auf
mentale Modelle während einer hochautomatisierten Fahrt gefunden werden. Der Einfluss mentaler Modelle auf das Vertrauen und die Akzeptanz in hochautomatisierte
Systeme war geringer als erwartet. Die Auswertung der objektiven Messungen mentaler
Modelle beim hochautomatisierten Fahren ergab, dass vor allem die Phase des
Einschaltprozesses der Automation zu einer Anpassung des mentalen Modells führte.
Dies hatte wiederum auf informationsverarbeitende Prozesse im Verlauf der Fahrt und
während der Übernahme der Fahraufgabe durch den Fahrer (Übernahmephase) Einfluss.
Dennoch war sowohl die subjektive Messmethode, als auch die objektive Messmethode
im Stande die Entwicklung mentaler Modelle darzustellen.
Fazit: Eine objektive Messmethode steht den bisherigen subjektiven Messmethoden
in der Sensibilität in nichts nach. Im Gegenteil, sie bietet eine weitaus genauere
Auflösung der Einflüsse auf den Aufbau und die Aktualisierung mentaler Modelle (Studie
2 Experiment 2). Das Messen von Aufbau und Aktualisierung mentaler Modelle mit
einer objektiven, verhaltensbasierten Methode ist vor allem aufgrund der langfristigen
Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu empfehlen. Um die Einflüsse mentaler Modelle auf
das Vertrauen und die Akzeptanz genauer zu betrachten, wird ein weiteres Experiment
empfohlen, das im Realverkehr durchgeführt wird.
Anwendung: Mögliche Anwendung finden die Ergebnisse in der Entwicklung
von objektiven Messmethoden mentaler Modelle automatisierter Fahrzeuge jeden Automationslevels und bei der Serienentwicklung von Fahrerassistenzsystemen. Zudem
wird offensichtlich, dass der Fahrer zum korrekten Aufbau eines mentalen Modells,
Informationen zu den Fahrzeugfunktionen und dessen Grenzen benötigt. Nur konkretes
Wissen über die mentale Verarbeitung und Speicherung von Informationen während
einer hochautomatisierten Fahrt, führt zu Hinweisen bezüglich einer optimal auf
das hochautomatisierte Fahren abgestimmte instruktionale Maßnahme in Form von
zum Beispiel Informationsmaterial für den Fahrer. Eine Kurzanleitung zu hochautomatisierten Systemen, Tutorials in Form von YouTube Videos oder Probefahrten können womöglich die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls aufgrund eines mentalen Modells das nicht der Realität entspricht (inkorrektes Modell) verringern. Weiterführende Untersuchungen um dies zu klären, werden auf Grundlage dieser Ausarbeitung empfohlen.