Inhaltszusammenfassung:
Die moderne medizinische Rehabilitation orientiert sich als konzeptionelles Bezugssystem an der Internationalen Klassifikation für Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, der ein biopsychosoziales Gesundheitsverständnis zugrunde liegt. Gemäß dieser konzeptionellen Basis der Mehrdimensionalität wird auch in der Bewegungstherapie eine Weiterentwicklung von traditionell (körper-)funktionsorientierten Ansätzen hin zu biospsychosozialen Konzepten breit diskutiert. Eine wesentliche Voraussetzung für deren Umsetzung stellt die interprofessionelle Teamarbeit dar.
Dem wissenschaftlich diskutierten Bedarf zur Weiterentwicklung der Bewegungstherapie in der medizinischen Rehabilitation steht allerdings ein vergleichsweise geringes Wissen gegenüber, wie bewegungstherapeutische Akteure ihre Bewegungstherapie in der Rehabilitationspraxis tatsächlich ausgestalten und die Zusammenarbeit im Team realisiert wird. Es fehlt bislang eine nationale systematische Bestandsaufnahme der Bewegungstherapie, die Einblicke in den Status quo zu konzeptionellen Ausrichtungen und der Ausgestaltung bewegungstherapeutischer Teamarbeit in Rehabilitationseinrichtungen mit unterschiedlichen strukturellen Rahmenbedingungen liefern könnte. Dabei bilden detaillierte Informationen die essentielle Grundlage für die künftige Weiterentwicklung zu einer qualitativ hochwertigen Bewegungstherapie.
Das übergeordnete Ziel dieser Dissertation besteht daher darin, eine Bestandsaufnahme konzeptioneller, struktureller und prozessualer Faktoren bewegungstherapeutischer Teamarbeit in der medizinischen Rehabilitation vorzunehmen.
Die Dissertation basiert auf vier Manuskripten, die aus dem Forschungsprojekt „Bewe-gungstherapie in der medizinischen Rehabilitation: eine Bestandsaufnahme auf Einrich-tungs- und Akteursebene (BewegtheReha)“ entstanden sind. Das Forschungsprojekt wurde mit zwei Projektphasen im Mixed Methods Design umgesetzt. In der ersten Phase fand eine querschnittliche Fragebogenerhebung statt, in der zweiten Phase wurden moderierte Gruppendiskussionen, sogenannte Fokusgruppen, durchgeführt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in Deutschland eine große Diversität konzeptioneller Ausrichtungen der Bewegungstherapie vorzufinden ist und die Dissemination biopsychosozialer Konzepte noch nicht flächendeckend Eingang in die Rehabilitationspraxis gefunden hat. In der Bewertung der konzeptionellen Merkmale zeigten sich erkrankungsspezifische Unterschiede, sowie weitere Unterschiede in Abhängigkeit der strukturellen Rahmenbedingungen der Rehabilitationseinrichtungen, wie beispielsweise einer stationären oder ambulanten Versorgungsform. Die interprofessionelle Zusammenarbeit im Team wurde von den bewegungstherapeutischen Akteuren insgesamt positiv bewertet. Es konnten Förderfaktoren und Barrieren für Teambesprechungen und weitere teambezogene Prozessmerkmale identifiziert werden. Allerdings zeigten sich auch hier Zusammenhänge zwischen strukturellen Merkmalen und einigen teambezogenen Prozessmerkmalen, wie beispielsweise der professionsübergreifenden Informationsweitergabe im Team. Diese war mit kleineren Abteilungen und der ambulanten Versorgungsform assoziiert.
Die Ergebnisse bekräftigen, dass die unterschiedlichen strukturellen Rahmenbedingungen eine stärkere Berücksichtigung finden sollten, sowohl im Hinblick auf die Weiterentwicklung bewegungstherapeutischer Konzepte, als auch für die Optimierung der Teamarbeit.
Die vorliegende Dissertation unterstreicht den Wert des gewählten methodischen Ansatzes im Mixed Methods Design, da durch die Integration quantitativer und qualitativer Daten ein vielschichtiger Einblick in den Status quo der Bewegungstherapie ermöglicht wurde und in einem vertieften Verständnis derselben resultierte.
Diese detaillierten Erkenntnisse der vorliegenden Dissertation, die nun erstmals für Deutschland vorliegen, bilden die essentielle Basis für die Weiterentwicklung und Optimierung der Bewegungstherapie in der medizinischen Rehabilitation und zeigen Implikationen für Praxis und Forschung auf.