Inhaltszusammenfassung:
Die Spinozerebelläre Ataxie Typ 3 (SCA3) ist eine autosomal-dominant vererbbare neurodegenerative Erkrankung, deren pathologischer Mechanismus auf einer erhöhten Anzahl der CAG-Wiederholungen auf dem Ataxin-3-Gen beruht. Als Konsequenz erfolgt für das Ataxin-3-Protein eine pathologische Erweiterung seiner Glutaminanzahl, was zu einer fehlerhaften Faltung und Aggregation des Proteins in Neuronen führt. Das expandierte Ataxin-3-Protein und seine veränderten Rollen in zellulären Signalwegen haben einen neurotoxischen Effekt, der einen vermehrten Zelluntergang mit sich bringt. Parkin, eine E3-Ubiquitin-Ligase, wird durch das Park2-Gen kodiert und löst bei Vorliegen verschiedener Mutationen auf diesem ein juveniles hereditäres Parkinson-Syndrom aus. Das Parkin-Protein wird von Ataxin-3 deubiquitiniert, was bei Vorliegen seiner expandierten Form zunimmt. Durch die Deubiquitinierung kommt es zu einer vermehrten autophagosomalen Degradation von Parkin und einem nachgewiesenen Abfall seines Levels. Es existieren keine krankheitsmodifizierenden Therapien für die SCA3 und randomisierte-klinische Studien scheitern an den unzureichenden Änderungen der Score-Punktzahlen in den Studienzeiträumen. Es können bislang keine Verläufe in präsymptomatischen Mutationsträgern abgebildet werden, die einer genetischen Beratung und der Entscheidung eines Therapiestarts helfen würden. Diese Promotion beschäftigte sich mit der Analyse, ob die Level des expandierten und Gesamt-Ataxin-3- sowie des Parkin-Proteins mit dem klinischen Verlauf der SCA3 korrelieren und sie somit als Verlaufsbiomarker und Surrogatmarker für klinische Studien in Frage kommen. Außerdem wurde der Einfluss der Anzahl der CAG-Wiederholungen und die Ausprägung dreier Polymorphismen des Ataxin-3- und Park2-Gens auf die Klinik und die Expressionslevel der Proteine geprüft. Hierfür wurden die Proteinlevel mit hochsensitiven und -spezifischen TR-FRETAssays in lysierten Lymphozyten von 24 SCA3-Patienten, fünf Angehörigen, von denen vier sicher die Mutation trugen (RISCA), und 31 Kontrollen aus drei europäischen Zentren gemessen. Diese wurden mit den klinischen Verlaufsparametern wie ataktischer Symptombeginn (AAO), Krankheitsdauer, SARA-Score, Krankheitsfortschritt (cross-sectional disease progression, CSDP) sowie den genetischen Ausprägungen des Ataxin-3- und Park2-Gens korreliert. Außerdem wurden Kontrollstudien hinsichtlich der Notwendigkeit eines standardisierten Vorgehens durchgeführt.
Für das expandierte Ataxin-3 zeigten sich signifikant höhere Proteinlevel für Patienten mit einem frühen AAO, einer langen Krankheitsdauer, einem hohen SARA-Score und einer langsamen CSDP. Dieses Protein scheint ein geeigneter Kandidat für einen Verlaufsbiomarker zu sein. Für das Gesamt-Ataxin-3- und Parkin-Protein stellten sich Tendenzen im Krankheitsverlauf dar, deren Signifikanz bei Folgestudien näher bewertet werden muss. Aufgrund der fehlenden Standardisierung waren die Messwerte der verschiedenen Zentren stark variabel. Durch Kontrollstudien zeigte sich die Bedeutsamkeit der verwendeten Blutröhrchen, des nahrungsabhängigen Zeitpunkts der Probenentnahme und der langjährigen Lagerung der lysierten Lymphozyten bei -80 °C. Die Kohortenstärken
waren nach Literaturrecherche zu gering, um eine ausreichende Evaluierung durchzuführen, sodass diese in Folgestudien deutlich erhöht werden muss. Unter der Bedingung, der gewonnenen Erkenntnisse für eine notwendige Standardisierung und Erweiterung der Kohortenstärken, legen die Ergebnisse dieser Promotion nahe, dass mit dem expandierten Ataxin-3 und eventuell mit dem Gesamt-Ataxin-3- sowie Parkin-Protein Verlaufsbiomarker für die SCA3 etabliert werden können. Dies wäre ein Fortschritt im Hinblick auf die Durchführung und Bewertung valider randomisierter-klinischer Studien zur Testung krankheitsmodifizierender Therapien.