Inhaltszusammenfassung:
Das konstitutiv exprimierte Oberflächenprotein MICA und Vδ1+ γδ T-Zell-
Rezeptoren von γδ T-Lymphozyten wurden bereits als Liganden-Rezeptor-
Paarung identifiziert. In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage inwieweit
und ob sich das bisher festgestellte niederaffine Bindungsverhalten zwischen
MICA und TCR im autologen sowie allogenen Setting anhand von
computergestützten Bindungsmodellen signifikant unterscheidet. Die hier
identifizierten MICA Varianten der 9 Probanden konnten in 10 verschiedene,
bereits publizierte MICA- und 14 MICB-Varianten eingruppiert werden.
Besonderheiten wurden identifiziert für Proband Nr. 01, der an Position 56 der
mica-Sequenz – mit einem biallelischen SNP, der allerdings auf keine der bisher
gelisteten MICA-Varianten der Datenbank zutrifft – den Hinweis auf einen bisher
nicht bekannten Genpolymoprhismus liefert. Bei Proband Nr. 02 zeigte die
Zuordnung der Variante MICA*045 die Auffälligkeit, dass an Position 251 die
Aminosäure Glutaminsäure codiert sein müsste. Bei dem Probanden findet sich
jedoch eine Basenabfolge für die Aminosäuren Arginin bzw. Glutamin. Beide
Befunde könnten abschließend für die Zuordnung einer neuen allelischen
Variante nur im Kontext mit ergänzenden Sequenzierungen von mica Exon 1
bestimmt werden.
Für die computergestützten Bindungssimulationen wurden die
Probandenpaarungen 01/07 und 02/05 ausgewählt, da für diese Paarungen
bereits in Vorarbeiten klonale CD4+ Vδ1+ γδ T-Zell-Populationen etabliert
werden konnten, für die für beide Spender jeweils identische CDR3-
Binderegionen in den Vδ1 T-Zell-Rezeptor-Sequenzen identifiziert wurden. In der
Bindungssimulation von individuellem TCR mit autologem und allogenem MICA-
Protein der Probandenpaarungen 01/07, sowie 02/05 zeigte sich, dass sich die
Bindungen von MICA auf die Bereiche von Exon 2 und 3 beschränkte. Die
potenziellen Bindungsstellen des TCR waren bei Proband 01, 02 und 05
überwiegend innerhalb der δ-Kette, bei Proband 07 innerhalb der γ-Kette
lokalisiert.
Die statistische Auswertung der Differenzen der Bindungsniveaus ergab, dass
keine signifikanten Unterschiede an frei werdender Energie des Rezeptors bzw. Liganden im Vergleich vor und nach Bindung (Chimärmolekül, ca. 1000 Modelle
pro Berechnung) nachzuweisen sind. So konnte mithilfe des Wilcoxon-Tests mit
einem Wert von 0,3798 bei Proband Nr. 01 und 07, sowie 0,3273 bei Proband
Nr. 02 und 05 bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% (α<0,05) ein
signifikanter Unterschied im Gesamtenergieniveau vor und nach Bindung
ausgeschlossen werden. Bei statistischer Betrachtung der I_sc-Werte der
ausgewählten Modelle (s. 3.6.2 und 3.6.3) auf ihr Bindungsverhalten fanden sich
bei gleichbleibend festgelegter Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% (α<0,05) im
Wilcoxon-Test ebenfalls keine signifikanten Unterschiede für freigesetzte Energie
von Rezeptor und Ligand in Modellen, in denen die Bindung von MICA an den
TCR ausschließlich über die δ-Kette erfolgt (physiologisch, in vivo) gegenüber
Modellen, in welchen die Bindung über sowohl die γ- als auch die δ-Kette
bewerkstelligt wird.
Zusammenfassend lässt sich damit sagen, dass die in dieser Dissertation durch
den Einsatz von computergestützten multiplen individuellen Bindungsmodellen
gewonnenen Erkenntnisse sich mit den bisherigen publizierten Ergebnissen
decken und einen weiteren Hinweis darauf liefern, dass eine alleinige, starke
Aktivierung von T-Lymphozyten durch MICA nicht gegeben ist und nur einen
Schritt in einer komplexen immunologischen Aktivierungskaskade darstellt.