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Die Verbesserung der körperlichen Aktivität stellt ein zentrales Therapieziel der geriatrischen Rehabilitation dar. Sie verbessert die Prognose der Patienten und verschafft die Möglichkeit zur sozialen Teilhabe und Selbständigkeit, die zentrale Faktoren der Lebensqualität im Alter darstellen . Ziel dieser Studie war es daher die Aktivität, deren Veränderung und Einflussfaktoren im Therapieverlauf der geriatrischen Rehabilitation zu untersuchen. Dazu wurde der Beschleunigungssensor activPAL, als Instrument zur Aktivitätsmessung, in der klinischen Routine eingesetzt. Die Aktivität wurde in Form der täglichen Gehdauer, der Anzahl Gehepisoden und Gehepisodendauer ermittelt. Die Daten zu den möglichen Einflussfaktoren, wie beispielsweise Alter, Selbständigkeit, und körperliche Leistungsfähigkeit wurden aus den Aufzeichnungen der klinischen Routine entnommen. Die untersuchte Population bestand nach Anwendung der Ausschlusskriterien aus 648 Patienten, welche in der geriatrischen Rehabilitation des Robert Bosch Krankenhaus Stuttgart stationär therapiert wurden.
Die Studie zeigte, dass mit Hilfe der Sensortechnologie die Aktivität von Patienten in der Rehabilitation routinemäßig erfasst werden kann. Die Daten des activPAL ermöglichten wertvolle Einblick in das Bewegungsverhalten der Patienten bei der Rehabilitationsaufnahme und nach 14 Tagen Klinikaufenthalt. So war es möglich die Verbesserung der Aktivität, welche ein zentrales Ziel der Therapie ist, direkt zu erfassen. Dieser Teil des Rehabilitationserfolgs wurde bislang durch keine andere Methode der klinischen Routine dokumentiert. Die Auswertung der Daten ergab für die Studienpopulation eine tägliche Gehdauer von 31,3 min (SD ± 23,6) am Therapiebeginn und eine Zunahme von 12,1 min (KI 10,3; 13,8) innerhalb von zwei Wochen. Diese setzte sich aus größtenteils häufigeren Gehepisoden zusammen. Somit hatte ein Großteil der Patienten, hinsichtlich der Steigerung der Aktivität, ein Rehabilitationserfolg. Mit Hilfe von Spline-Interpolationen und Einteilung in Patientengruppen wurden mögliche Einflussfaktoren der körperlichen Aktivität untersucht. Je größer die Selbständigkeit (BI), die Mobilität, die Orientierung und die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten bei Therapiebeginn war, umso mehr Aktivität wurde bei den Patienten beobachtet. Des Weiteren wurde das Maß an Aktivität vom Alter und der Einweisungsursache beeinflusst. Dabei war die Größe des jeweiligen Einflusses sehr unterschiedlich und zeigte teilweise einen komplexen und vom Messzeitpunkt abhängigen Zusammenhang. Kognitive Beeinträchtigungen hingegen schienen nur einen geringen Einfluss auf die Gehdauer zu haben. Kein Zusammenhang zeigte sich zwischen der Distanz des Patientenzimmers zum Speisesaal und der körperlichen Aktivität. Die Suche nach möglichen Prädiktoren für die Aktivitätssteigerung, ergab lediglich für junges Alter, bei Therapiebeginn größere Mobilität und Selbständigkeit (Barthel Index) einen positiven Zusammenhang. Des Weiteren zeigte sich, dass im Therapieverlauf mit zunehmender körperlicher Leistungsfähigkeit auch die Aktivität der Patienten zunahm, wobei die Leistungsfähigkeit wurde durch den Timed up & go-Test (TUG) bestimmt wurde. Dieser Zusammenhang wurde mit steigendem Zuwachs der Leistungsfähigkeit geringer. Während des Klinikaufenthalts nahm die Zeit zum Absolvieren des TUG im Durchschnitt um rund ein Viertel ab, während sich die tägliche Gehdauer der Patienten in den ersten 14 Tagen um 41% verlängerte. Interessanterweise verlängerte sich die Gehdauer auch bei Patienten, die keine Verbesserung im TUG Ergebnis hatten. Gründe hierfür sind wahrscheinlich die Einschränkungen des TUG und dessen begrenzte Aussagekraft bei geriatrischen Patienten. Darüber hinaus spielt die begrenzte Korrelation zwischen körperlicher Kapazität und Aktivität wahrscheinlich ebenfalls eine Rolle.
Allgemein zeigte sich, dass die tatsächliche Aktivität durch keines der klinischen Tests repräsentativ abgebildet werden konnte. Die Aktivität scheint vermutlich von zu vielen Faktoren beeinflusst zu sein, um sie durch die verwendeten klinischen Tests abzubilden. Daher sollte die direkte Messung der Aktivität, zusätzlich zu den bislang durchgeführten Tests und Fragebögen, als Routineuntersuchung in der Rehabilitation etabliert werden. Durch die anhaltende Miniaturisierung und die fallenden Preise der Sensoren wird dies in Zukunft ökonomisch und mit geringer Einschränkung für den Patienten möglich sein. So wäre es möglich, die Aktivität als Therapieziel zu setzten und zu überprüfen. Dies würde auch dem Ziel der Aktivitätsmaximierung in der Rehabilitation nachkommen, welches vom ICF Konzept der WHO gefordert wird. Diese Studie stellt einen ersten Versuch dar, die Einflussfaktoren auf die Steigerung der körperliche Aktivität in der Rehabilitation zu identifizieren. Es zeigte sich, dass die Patienten größtenteils unabhängig von den untersuchten Einflüssen, wie kognitiver Beeinträchtigung, geringer Selbständigkeit oder körperlicher Schwäche, in vergleichbarem Umfang von der Rehabilitation profitierten. Dies spiegelt einen Erfolg des Konzepts der geriatrischen Rehabilitation des RBK wieder, das die Patienten individuell auf ihrem Niveau fördert. |
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