Inhaltszusammenfassung:
Proximale Humerusfrakturen stellen bereits heute einen relevanten Anteil aller Frakturen des Menschen dar. Es handelt sich um eine typische osteoporotische Fraktur, weshalb zu erwarten ist, dass aufgrund der alternden Gesellschaft der Anteil dieses Frakturtyps weiter zunehmen wird.
Im deutschsprachigen Raum stellt die winkelstabile Plattenosteosynthese mit Titan-Implantaten die häufigste operative Versorgungsart von proximalen Humerusfrakturen dar. Trotz der häufigen Anwendung dieser Implantate, ist das Verfahren sehr komplikationsbehaftet. Des Weiteren sind die Patienten postoperativ häufig über lange Zeiträume deutlich in ihrer Schulterfunktion eingeschränkt.
Aufgrund der steigenden Relevanz dieses Frakturtyps und der angesprochenen Probleme mit der bisherigen operativen Versorgung, gibt es aktuell sehr viele Neuentwicklungen in Bezug auf das Osteosynthesematerial. Eine dieser Neuentwicklungen stellen karbonfaserverstärkte Polyetheretherketon-Implantate dar.
Ziel dieser Studie war es, das funktionelle Ergebnis nach Plattenosteosynthese mittels karbonfaserverstärkten Polyetheretherketon- und konventionellen winkelstabilen Titan-Implantaten innerhalb des ersten halben Jahres zu vergleichen. Hierzu wurden 76 Patienten mit Operationsindikation bei proximalen Humerusfrakturen der BG Klinik Tübingen in die Studie eingeschlossen. Es erfolgte eine randomisierte Zuteilung in ein Karbon- und ein Titan-Kollektiv. Aufgrund 13 Patienten, die als „Lost to Follow Up“ gewertet werden mussten, ergab sich ein Studienkollektiv von 63 Patienten. Von diesen erhielten 32 eine CFR-PEEK- und 31 eine Titan-Platte.
Die Erfassung des funktionellen Ergebnisses erfolgte zu drei verschiedenen Zeitpunkten anhand vier etablierter Scores zur Beurteilung der Schulterfunktion. Die angewandten Testverfahren waren der Constant-Murley-, der DASH- und der Oxford Shoulder Score sowie der Simple Shoulder Test.
Bei der Auswertung mittels gemischter Varianzanalyse konnte gezeigt werden, dass sich bei beiden Patientengruppen in allen Testverfahren eine signifikante Verbesserung der Funktion über die drei erhobenen Zeitpunkte einstellte. Bezüglich der sich unterscheidenden Implantatversorgung konnte anhand der vier erhobenen Scores kein signifikanter Benefit für eines der beiden angewandten Implantate in Bezug auf das funktionelle Ergebnis herausgestellt werden.
Die vorliegende Arbeit konnte zeigen, dass karbonfaserverstärkte Polyetheretherketon-Implantate bei proximalen Humerusfrakturen bezüglich des funktionellen Ergebnisses innerhalb des ersten halben Jahres eine gleichwertige Alternative zur konventionellen winkelstabilen Titan-Plattenosteosynthese darstellen.
In Zusammenschau mit dem in dieser Studie gewonnenen Ergebnis, dass Karbon-Implantate am proximalen Humerus bezüglich des funktionellen Ergebnisses als gleichwertig zu betrachten sind, könnte dieser Art der Frakturversorgung in der Zukunft, aufgrund möglicher anderer sich bietender Vorteile, größere Bedeutung zukommen.