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Tinnitus ist eine Phantomwahrnehmung des Gehörs, die mit hoher Prävalenz (7,9% bis 25,3% bei Erwachsenen in den USA) in der Bevölkerung auftritt. Aktuell werden in der Literatur mindestens zwei Tinnitus-Modelle diskutiert, die sich grundsätzlich in der Frage widersprechen, ob Tinnitus mit einer verstärkten oder einer reduzierten zentralen neuronalen Aktivität („neural gain“) in der Hörbahn einhergeht. In der vorliegenden Studie sollte in vergleichbar hörgeschädigten Probanden mit und ohne Tinnitus mit Hilfe der Analyse der Reintonaudiometrie, Tympanometrie, Tinnitus-Bestimmung, ABR Feinstrukturanalyse, akustisch evozierten fMRT BOLD-Messung und der Analyse von Cortisol im Speichel ein erster Einblick in Tinnitus-spezifische Merkmale gewonnen werden. Die Ausschlusskriterien sahen für die Tinnitusprobanden und Kontrollprobanden den Studienausschluss bei einer höhergradigen Hörminderung und den Studienausschluss bei gleichzeitigem Vorliegen von Hyperakusis vor. Dies garantierte eine Gruppenzusammensetzung mit vergleichbaren Schädigungsprofilen. Es zeigte sich, dass weder die Mittelohrfunktion noch die Funktion der äußeren Haarzellen, welche die Hörschwelle definieren, mit Tinnitus korrelierten. Es zeigte sich darüber hinaus, dass weder Alter, Händigkeit oder Geschlecht einen Einflussparameter bei Tinnitus darstellen. Wohl aber zeigte sich eine rechts-hemisphärische Dominanz einer empfundenen Hörminderung als ein Korrelat von Tinnitus, dass interessanterweise nicht mit einer Hörschwellen-Verschlechterung auf der rechten Seite korrelierte. Hier könnte ein Zusammenhang mit der beobachteten tendenziellen Erhöhung des Cortisol-Spiegels liegen, die ebenfalls in der Tinnitusgruppe beobachtet wurde.
So zeigen Stress-kontrollierende Regionen, wie bereits in Studien anderer Arbeitsgruppen beschrieben, auch eine rechts-hemisphärische Dominanz. Veränderte Tinnitus-Lautheit (Lautstärke) und Hörempfindung die mit Rechts-Dominanz beobachtet werden konnten, könnten also auch mit einer veränderten Stress-Kontrolle in Tinnitusprobanden korreliert sein. Während keine Hörschwellenveränderung zwischen Tinnitus- und Kontrollprobanden sichtbar war, zeigte sich jedoch eine signifikante Reduktion und Latenzverlängerung der im Mittelhirn generierten ABR-Welle V in Tinnitusprobanden, ein Hinweis auf ein reduziertes zentrales Antwortverhalten. Ein reduziertes zentrales Antwortverhalten spiegelte sich darüber hinaus auch in einer reduzierten fMRT BOLD-Aktivität im primären und sekundären auditorischen Cortex in Tinnitusprobanden wider. Damit weist die vorliegende Studie auf einen reduzierten auditorischen Informationsfluss als ein Tinnitus-spezifisches Merkmal hin und widerspricht einem vormals postulierten „neural gain“ in diesen Patienten. Dies könnte darauf hindeuten, dass Tinnitus mit einem Verlust des Signal-Rausch-Verhältnisses in auditorisch deprivierten deafferentierten Frequenzregionen einhergeht.
Zusammenfassend unterstützen die Ergebnisse der vorliegenden Studie damit erstmals in Menschen, entsprechend der Erkenntnisse im Tiermodell, ein Tinnitus-Modell, welches eine reduzierte zentrale neuronale Aktivität postuliert.
Somit wird hier Tinnitus-Modellen widersprochen, welche eine erhöhte zentrale neuronale Aktivität in Tinnitus („neural gain“) annehmen. |
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