Inhaltszusammenfassung:
In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung mehr und mehr gezeigt, dass das Middle Stone Age (MSA) eine Schlüsselperiode der Entwicklung des modernen Menschen darstellt. Die Art der frühen Innovationen bedarf jedoch noch weiterer Klärung. Die Erforschung regionaler stratigraphischer Abfolgen und die Ausweitung des Forschungsschwerpunktes von als früh entwickelt angesehenen Phasen, dem Still Bay und dem Howiesons Poort, auf das gesamte MSA sind für die Vertiefung unseres Wissens unerlässlich.
Die Fundstelle Sibudu-Höhle, Südafrika, umfasst eine lange und gut datierte Sequenz des MSA. Aktuelle Ausgrabungen der Universität Tübingen lieferten Steinartefaktinventare aus MIS 5, die zur Diskussion über die Auslösemechanismen sowie das Auftreten technologischer Neuerungen und die kulturelle Variabilität im MSA während MIS 5 beitragen.
Basierend auf dem Chaîne opératoire-Ansatz führte ich eine technologische Analyse der Artefakte aus den Schichten C-A von Sibudu durch. Der Werkzeugbestand zeichnet sich durch bifazielle Technologie aus, aber bei dem größten Teil handelt es sich um unifazielle Spitzenformen. Die Bewohner von Sibudu entwickelten zu dieser Zeit eine spezielle Abbaustrategie, um laminare Grundformen zu erhalten, bei welcher Kerne mit einer lateral angelegten Kernkante gegenüber der breiteren, planaren lateralen Fläche, die zusammen ein dreieckiges asymmetrisches Volumen für den Abbau lieferten, involviert waren.
Diagnostische Merkmale, welche sogenannte ‚serrated pieces‘ und das laminare Abbausystem einschließen, charakterisieren die C-A-Schichten. Vergleiche mit anderen Fundstellen aus MIS 5 zeigen Unterschiede in Bezug auf die Werkzeugtypen und die Organisation der Abbausequenz. Die regional abgegrenzten Populationen zielen jedoch auf ein ähnliches technologisches Ziel, nämlich Klingen, ab, womit ein starker Hinweis dafür vorliegt, dass sich die Menschen über Entfernungen mit komplexen Vernetzungssystemen organisierten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die C-A-Schichten zu einer regionalen Anpassung in KwaZulu-Natal gehören, die das Aufkommen technologischer Neuerungen und die kulturelle Evolution innerhalb des MSA in MIS 5 belegt.
Abstract:
Over the last decades, the Middle Stone Age (MSA) has been heralded as a key period of the evolution of modern humans. Yet the nature of early innovations requires further clarification. The exploration of regional sequences and the extension of the research focus from purportedly precocious phases, Still Bay and Howiesons Poort, to the whole of the MSA are essential to expand our knowledge.
The site of Sibudu Cave, South Africa, comprises a long and well-dated MSA sequence. Ongoing excavations by the University of Tübingen have yielded MIS 5 assemblages that contribute to the discussion about the driving mechanisms as well as appearance of technological novelties and the cultural variability in the MSA during this period.
Following the chaîne opératoire approach, I carried out a technological analysis of the artefacts from layers C-A at Sibudu. The tool corpus stands out because of bifacial technology, but the largest part consists of a variety of unifacially pointed forms. The artisans developed a particular reduction strategy to obtain laminar products, involving cores with a lateral crest opposite the so-called lateral plane forming a triangular asymmetric volume for exploitation.
Diagnostic features, including serrated pieces and the laminar reduction system, distinguish the C-A layers. Comparisons with other MIS 5 sites illustrate differences in tool types and organisation of the reduction sequence. However, past populations across different regions aimed at a similar technological goal: blades, thus organising themselves over distances with complex systems of connectedness. In conclusion, the C-A strata belong to a regional adaptation in KwaZulu-Natal attesting the rise of technological inventions and cultural developments within the MSA in MIS 5.