Inhaltszusammenfassung:
Gewöhnliche Differentialgleichungen sind allgegenwärtig in Wissenschaft und Technik, da sie die mathematische Beschreibung vieler physikalischen Vorgänge sind. Jedoch benötigt ein Großteil der praktischen Anwendungen die zeitliche Entwicklung einer bestimmten Lösung. Es ist bekannt, dass viele relevante gewöhnliche Differentialgleichungen keine geschlossene Lösung als Ausdrücke einfacher analytischer Funktion besitzen. Daher verlassen sich Anwender auf numerische Algorithmen, um diskrete Annäherungen zu berechnen.
Numerische Methoden ersetzen die unauswertbare, und daher unzugängliche, Lösung durch eine Annäherung mit bekannten Rechenverfahren. Dies ähnelt einem Vorgang in der Statistik, wobei ein unbekanntes wahres Verhältnis mittels Zugang zu Beispielen modeliert wird. Eine Unterdisziplin der Statistik, Bayes’sche Modellierung, stellt graduelle Unsicherheit mittels Wahrscheinlichkeitsverteilungen dar. In den letzten Jahren hat diese Idee an Zugkraft für die Konstruktion und Analyse von numerischen Algorithmen gewonnen, was zur Etablierung von probabilistischer Numerik als eigenständiges
Forschungsgebiet führte.
Der Theorieteil dieser Dissertation schlägt eine Brücke zwischen herkömmlichen numerischen Verfahren zur Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen und probabilistischer Numerik. Ein auf Gauß’schen Prozessen basierender Algorithmus wird vorgestellt, welche ein generelles und vielseitiges Modell der Bayesschen Regression sind. Dieser Algorithmus wird verglichen mit zwei Standardansätzen für die Lösung von Anfangswertproblemen. Es wird gezeigt, dass der Maximum-a-posteriori-Schätzer bestimmter Gaußprozess-Regressoren übereinstimmt mit bestimmten Mehrschrittverfahren. Weiterhin stimmt ein besonderes Initialisierungsverfahren basierend auf einer uneigentlichen
A-priori-Wahrscheinlichkeit überein mit einer Runge-Kutta Methode im ersten Rechenschritt. Diese Analyse führt zu einer probabilistisch-numerischen Methode höherer Ordnung zur Lösung von Anfangswertproblemen.
Basierend auf der probabilistischen Beschreibung wird ein Schätzer des lokalen Integrationfehlers präsentiert, welcher in einem Schrittweitensteuerungsverfahren verwendet
wird. Der vollständige Algorithmus wird auf einem Satz standardisierter Anfangswertprobleme ausgewertet, um empirisch den von der Theorie vorhergesagten Fehler zu bestätigen. Der Test weist dem Verfahren einen besonders effizienten Rechenaufwand im Bereich der niedrigen Genauigkeitsanforderungen aus.
Um den praktischen Nutzen der probabilistischen Lösung nachzuweisen, wird ein probabilistischer Löser für Randwertprobleme auf eine Fragestellung der medizinischen Bildgebung angewandt. In der Traktografie werden die Daten der diffusionsgewichteten Magnetresonanzbildgebung verwendet, um die Konnektivität neuronaler Fasern zu bestimmen. Die erste Anwendung des probabilistische Lösers demonstriert, wie die Quantifizierung des Diskretisierungsfehlers in einer nachgeschalteten Schätzung der Faserdichte verwendet werden kann. Die zweite Anwendung integriert zusätzlich das Messrauschen der Bildgebungsdaten in das Strangschätzungsmodell. Diese beiden Erweiterungen der Kürzesten-Pfad-Traktografie repräsentieren die Daten-, Modellierungs- und algorithmische Unsicherheit abbildungstreuer in neuronalen Konnektivitätsstudien.
Abstract:
Ordinary differential equations are ubiquitous in science and engineering, as they provide mathematical models for many physical processes. However, most practical purposes require the temporal evolution of a particular solution. Many relevant ordinary differential equations are known to lack closed-form solutions in terms of simple analytic functions. Thus, users rely on numerical algorithms to compute discrete approximations.
Numerical methods replace the intractable, and thus inaccessible, solution by an approximating model with known computational strategies. This is akin to a process in statistics where an unknown true relationship is modeled with access to instances of said relationship. One branch of statistics, Bayesian modeling, expresses degrees of uncertainty with probability distributions. In recent years, this idea has gained traction for the design and study of numerical algorithms which established probabilistic numerics as a research field in its own right.
The theory part of this thesis is concerned with bridging the gap between classical numerical methods for ordinary differential equations and probabilistic numerics. To this end, an algorithm is presented based on Gaussian processes, a general and versatile model for Bayesian regression. This algorithm is compared to two standard frameworks for the solution of initial value problems. It is shown that the maximum a-posteriori estimator of certain Gaussian process regressors coincide with certain multistep formulae. Furthermore, a particular initialization scheme based on an improper prior model coincides with a Runge-Kutta method for the first discretization step. This analysis provides a higher-order probabilistic numerical algorithm for initial value problems.
Based on the probabilistic description, an estimator of the local integration error is presented, which is used in a step size adaptation scheme. The completed algorithm is evaluated on a benchmark on initial value problems, confirming empirically the theoretically predicted error rates and displaying particularly efficient performance on domains with low accuracy requirements.
To establish the practical benefit of the probabilistic solution, a probabilistic boundary value problem solver is applied to a medical imaging problem. In tractography, diffusion-weighted magnetic resonance imaging data is used to infer connectivity of neural fibers. The first application of the probabilistic solver shows how the quantification of the discretization error can be used in subsequent estimation of fiber density. The second application additionally incorporates the measurement noise of the imaging data into the
tract estimation model. These two extensions of the shortest-path tractography method give more faithful data, modeling and algorithmic uncertainty representations in neural connectivity studies.