Inhaltszusammenfassung:
In Deutschland liegt derzeit das Lebenszeitrisiko für Ovarialtumoren bei etwa einer auf 71 Frauen mit sinkender Tendenz. Obwohl Eierstockkrebs nur an achter Stelle der Neuerkrankungen steht, stellt er in der entwickelten Welt die fünfhäufigste Todesursache unter Krebserkrankungen bei Frauen dar. Unter den gynäkologischen Krebserkrankungen ist er der tödlichste (Robert-Koch-Institut (Hrsg) und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (Hrsg) 2017).
Therapie der Wahl ist eine radikale Debulking Operation und eine darauffolgende adjuvante Chemotherapie. Aktuell wird standardmäßig Carboplatin bei frühen Ovarialkarzinomen, bei fortgeschrittenen Ovarialkarzinomen in Kombination mit Paclitaxel verabreicht. Der Erfolg der Chemotherapie wird oftmals durch eine intrinsische oder erworbene Resistenz des Tumors auf Platin limitiert. Die Resistenzentwicklung scheint ein Zusammenspiel von verringertem Influx von Cisplatin, vermehrtem Efflux, vermehrter DNA-Reparatur, erhöhter Expression von Glutathion (GSH), epigenetischen Veränderungen und vielen weiteren Mechanismen in der Tumorzelle zu sein (Cornelison, 2017). Daher sind die Mechanismen der Platin-Resistenz bei Ovarialkarzinomen Gegenstand aktueller Forschung (Samimi et al., 2004; Flanagan et al., 2017; Reedijk, & Jaehde, 2008; Kobayashi et al., 2008; Owatari et al., 2007; Samimi et al., 2004; Moreno-Smith & Halder, 2013).
2012 konnte unsere Arbeitsgruppe mittels des dichtesten humanen Methylierungsarrays mit mehr als 450.000 CpG-Inseln (450k-Array) eine neue Methylierungsposition (cg21570597-Site) detektieren, die zu 100% zwischen resistenten und sensitiven Ovarialkarzinom-Proben diskriminiert. Bei genauerer Analyse der Methylierungsposition zeigte sich, dass sie in einem Intron-Bereich des ATP11A-Gens liegt. ATP11A gehört zur Familie der P-Typ-ATPasen. Es wurde bereits gezeigt, dass ein Zusammenhang zwischen einer erhöhten Expression von den verwandten P-Typ-ATP-asen ATP7 A/B sowie ATP11B und der Resistenzentwicklung von Ovarialtumoren besteht (Li et al. 2018; Moreno-Smith & Halder 2013). In unserer 450K-Array-Analyse zeigen sich hohe Methylierungslevel bei sensitiven und niedrige bei resistenten Patientenproben. Es wurde bereits gezeigt, dass high-grade-seröse Tumore oftmals bei Resistenzentwicklung eine Hypomethylierung zeigen, und dass Hypomethylierung im Zusammenhang mit vermehrter Expression von Genen steht (Baker & El-Osta 2003).
Die Zielsetzung dieser Arbeit war es, die bisherigen Ergebnisse mittels eines erweiterten Probensatzes und weiterer Methoden zu validieren und funktionell zu untersuchen. Hierfür wurde die Kohortenguppe auf insgesamt 48 Proben vergrößert. Anhand von geeignetem Kryogewebe wurde DNA und RNA isoliert. Nachdem die Proben auf Quantität und Qualität untersucht worden waren, wurden die DNA-Proben Bisulphit-behandelt und die Sequenz von Interesse mittels eines PyroMARK Q24 Sequenzierungsgerät charakterisiert. Von der RNA wurden Expressionsanalysen von ATP11A und ATP11B mittels qPCR angefertigt. Zusätzlich wurden für die Expressionsanalysen RNA von zahlreichen Cisplatin-resistenten Zelllinien verwendet.
Unsere Expressionsanalysen der Tumorproben zeigen eine vermehrte Expression von ATP11A auf mRNA-Ebene in platinresistenten Tumorproben. ATP11A zeigt jedoch in Zelllinien in unseren Ergebnissen eine niedrigere Expression je höher das Resistenzlevel für Cisplatin ist. ATP11B zeigt in unserer Arbeit, kein Expressionsanstieg bei resistenten Tumoren. Zelllinien allerdings zeigen einen Anstieg in der Expression von ATP11B, je höher das Resistenzlevel für Cisplatin ist. Vorarbeiten von Moren-Smith et al. hatten eine höhere Expression in resistenten Tumorproben gezeigt. Um diese Diskrepanz aufzuklären, sollte die Kohorte vergrößert werden.
In der PyroMark-Squenzierung können wir keinerlei Diskrepanz im Methylierungslevel zwischen platinresistenten und sensitiven Tumoren feststellen. Fast alle Tumorproben zeigen hier ein hohes Methylierungslevel, darunter sind auch resistente Tumorproben, welche im 450k-Array ein niedriges Methylierungslevel aufwiesen. Die Ergebnisse sind reproduzierbar und zeigen bei genauer Prüfung keinen Anhalt für fehlerhafte Sequenzier-Vorgänge.
Um die Diskrepanz dieser Ergebnisse mit den Array-Daten aufzuklären, haben wir mögliche Störvariablen des 450k-Arrays untersucht. Hierbei spielen vor allem single nucleotide polymorphism (SNPs) (Chen et al. 2013) eine Rolle. Auch für die cg21570597-Stelle existiert ein SNP. Bei der Validierung mittels PyroMark-Sequenzierung, ob dieser SNP zwischen platinresistenten und sensitiven Tumoren unterscheiden kann, konnten wir jedoch keine Diskriminierung detektieren.
Die Ergebnisse des 450k-Array konnten also nicht bestätigt werden. ATP11A erscheint aber weiterhin als vielversprechendes Target bei der Erforschung von Platinresistenz von Ovarialkarzinomen. Eine erneute Untersuchung mittels des 450k-Array von Illumina sowie Expressionsanalysen mit einer vergrößerten Kohorte sollten daher durchgeführt werden, da Platinresistenz für vom Ovarialkarzinom betroffene Frauen weiterhin ein lebensbedrohendes Problem darstellt.