Die Belastung der Angehörigen von Patienten mit schizophrenen Psychosen. Stress, Attributionen und Behandlungsmöglichkeiten

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/88949
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-889496
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-30330
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2010-08-10
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Psychologie
Gutachter: Hautzinger, Martin (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2010-07-14
DDC-Klassifikation: 150 - Psychologie
Schlagworte: Schizophrenie , Belastung , Attribution , Strukturgleichungsmodell
Freie Schlagwörter: Angehörige
Schizophrenia , Relatives , Burden , Attribution , Structure Equation Modelling
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Inhaltszusammenfassung:

Hintergrund: Eine schwere Erkrankung ist nicht nur für den Erkrankten, sondern für die ganze Familie ein einschneidendes Ereignis. Chronische Erkrankungen, wie schizophrenen Psychosen, sind für die Angehörigen mit erhöhter Belastung verbunden. Seit mehr als vierzig Jahren wurde der Zusammenhang des sozialen Umfelds der Patienten mit erneuten Exazerbationen untersucht. Man stellte fest, dass Erkrankte von Angehörigen, die emotional involvierter waren und die Erkrankten häufiger kritisierten, öfter Rückfälle erlitten. Versuche, die Familienatmosphäre und darüber die Rückfallquote zu beeinflussen, folgten. In neuerer Zeit rückten die Angehörigen selbst mehr in den Fokus. Angehörige berichten über erhöhte Depressivität und weniger Lebensqualität. Viele fühlen sich durch die komplexen Anforderungen der Pflege eines chronisch Erkrankten überfordert. Ziele: Die vorliegende Dissertation hatte das Ziel, das Verständnis der Belastung von Angehörigen psychotisch Erkrankter zu vertiefen. Es wurde dafür ein Modell der Belastung zugrundegelegt, das auf dem transaktionalen Stressmodell von Richard Lazarus und der Attributionstheorie Bernhard Weiners aufbaut. Zentrale Variablen im neuen, integrierten Modell sind Attributionen, Emotionen und das Krankheitswissen, alles durch Interventionen veränderbare Größen. Die Arbeit hatte drei aufeinander aufbauende Ziele: 1. Konstruktion und Überprüfung der Messgütekriterien für die Attributions- und Emotionsskalen. 2. Überprüfung des Modells zur Entstehung von Belastung. 3. Abschätzen der Effekte einer kurzen psychoedukativen Intervention auf die Belastung und damit assoziierter Variablen. Methode: Die Untersuchung wurde im Rahmen einer randomisierten Psychotherapiestudie bezüglich der Negativsymptomatik schizophrener Psychosen durchgeführt. Mittels Fragebögen gelang es insgesamt 68 Angehörige zum ersten und 61 Angehörige zum sechs Monate später stattfindenden zweiten Messzeitpunkt zu befragen. Bei einer Teilstichprobe von N=37 wurden zusätzlich Interviews zur Belastung und zum Vorliegen einer eigenen psychischen Erkrankung durchgeführt. Die Angehörigen von Patienten, die durch die Randomisierung der kognitiven Verhaltenstherapie zugeteilt wurden, erhielten das Angebot, an einer aus vier Sitzungen bestehenden psychoedukativen Angehörigengruppe teilzunehmen. Attributionen und Emotionen wurden mit neu konstruierten Skalen erfasst, Belastung wurde über eine Kurzform der Symptomcheckliste 90 R und den Involvement Evaluation Questionaire gemessen. Ergebnisse: Es konnten zwei Skalen zu Attributionen der Kontrolle von Symptomen schizophrener Psychosen konstruiert und durch konfirmatorische Faktorenanalysen mit AMOS bestätigt werden. Die Skala „internale Attribution“ mit 5 Items, misst den Grad, in dem sich Angehörige selbst die Beeinflussbarkeit zuschreiben. Die Skala „Attribution Patient“ besteht aus 4 Items und ist ein Maß für die erlebte Kontrolle der Symptome des Erkrankten aus der Sicht der Angehörigen. Wie aus den theoretischen Modellen vorhergesagt, konnten in Strukturgleichungsmodellen die zwei Pfade von Attributionen über Emotionen bestätigt werden. Der eine führt von der internalen Attribution über die Angst um den Patienten zur Belastung. Der andere, schwächere Pfad führt von der Attribution auf den Patienten über den Ärger auf den Patienten zur Belastung. Wenn die emotionale Überinvolvierung in die Modelle aufgenommen wurde, zeigt sich eine hohe Überlappung mit Belastung. Krankheitswissen und die Symptomatik des Patienten spielen bei der Vorhersage der Belastung eine untergeordnete Rolle. Durch die Angehörigengruppe konnte nur in einem von drei Maßen, nämlich den körperlichen Beschwerden, eine Reduktion der Belastung erreicht werden. Gleichzeitig stieg die Angst um den Angehörigen signifikant und die emotionale Überinvolvierung und das Krankheitswissen tendenziell an. Es konnte keine Veränderung der Attributionen durch die Angehörigengruppe nachgewiesen werden. Schlussfolgerungen: Attributionen spielen bei der Entstehung von belastungsnahen Emotionen eine wichtige Rolle. Es konnte ein Messinstrument entwickelt werden mit dem die Zusammenhänge aufgedeckt wurden. Attributionen scheinen eine wichtigere Rolle bei der Entstehung von Belastungen zu spielen, als die Symptomatik des Patienten und das Krankheitswissen. Verarbeitungsprozesse sind entscheidend für die wahrgenommene Belastung, nicht das Ausmaß des objektiven Stresses. Die Teilnahme an einer Angehörigengruppe führt nur zum Teil zu einer Belastungsreduktion. Eine offensive Verarbeitung der Erkrankung wird gefördert, führt jedoch auch zu neuen Befürchtungen. In Angehörigengruppen sollte, wenn das Ziel einer Belastungsreduktion verfolgt wird, mehr Gewicht auf die Ermunterung von eigenständigen Aktivitäten und Selbstfürsorge gelegt werden.

Abstract:

Background: A severe mental disorder is a dramatic event for both the mentally ill and his family. Chronic diseases like schizophrenic psychosis impose elevated level of stress upon the relatives. For more than forty years the relation between the social environment of a patient and exacerbations of his disease has been studied. It was found that patients suffered of more relapses the more the relatives were emotionally involved and criticizing the patient. Further approaches to positively influence the family atmosphere and thus relapses were taken. More recently the relatives themselves moved into the center of attention. A lot of relatives report a high level of depression and reduced quality of life. Many feel overwhelmed by the complex task of taking care of a chronically ill person. Aims: The following dissertation had the aim to more deeply understand the burden of caretakers of psychotic patients. The burden model used was based on the transactional burden-model of Richard Lazarus and the attribution theory of Bernhard Weiners. The main variables of this model are attribution, emotion and the acceptance of disease, all of which can be influenced by an intervention. There were three aims, based on each other: 1) Construction and validation of the psychometric properties of the attribution- and emotion-scales. 2) Validation of the model of burden development. 3) Estimation of the effect of a brief psycho educative intervention on the burden and associated variables. Methods: This study was conducted within the framework of a randomized study about psychotherapy of negative symptoms of schizophrenic psychosis. A questionnaire was used to collect data of 68 caretakers, of which 61 also participated in the follow-up six months after the first one. A subgroup of these caretakers (n=37) was also interviewed about burden levels and personal mental illness. Relatives of patients randomly chosen to receive behavior therapy were given the chance to participate in a psycho educative program fore caretakers consisting of four group meetings. Attributions and emotions were recorded using newly developed scales, while burden was measured with a shortened version of the Symptom Checklist 90R and the Involvement Evaluation Questionaire. Results: Two scales of conrolattributions has been constructed and confirmed by confirmatory factor analysis with AMOS. The scale “internal attribution” with 5 items, measures the controllability of symptoms of relatives themselves. The scale “attribution patient” consists of 4 Items and is a measure for patients perceived control for the symptoms. As predicted by theoretical models, two paths from attributions over emotions to burden could be verified. One path from “internal attribution” through “anxiety for the patient” results in higher levels of burden. The other weaker path from “attribution patient” through “anger about the patient” results as well in elevated burden. If emotional overinvolvement is entered into the model it shows a high overlap with burden. Knowledge about illness and symptomatology of the patient are less important in predicting burden. The relative-group resulted in a reduction of one of three measures of burden, namely body complaints. Contemporaneously the anxiety for the patient rised significantly and the emotional overinvolvement increased by trend. Changes in attributions by the relatives group could not be verified. Conclusions: Attributions play a major role in the development of emotions proximal to burden. A questionnaire has been constructed, detecting these relations. Attributions seem to be more important in determining burden of caregivers than Knowledge about the illness or the symptomatology of the patient. Several processes are crucial to the burden of caregivers, not the amount of objective stressors. The relatives group is only partly benefiting a reduction of burden. An open confrontation with the illness is raised by the intervention, but new fears too. In relatives groups with the aim in reducing burden, the focus should lie on stimulating on more leisure activities and self-care of caregivers.

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