Inhaltszusammenfassung:
Mit der fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft gewinnt die Früherkennung von Parkinsonerkrankungen sowohl im klinischen Alltag als auch in der Forschung zunehmend an Bedeutung. Zu nennen sind hier u.a. die aktuellen Bestrebungen die Diagnosekriterien für das IPS (idiopathische Parkinsonsyndrom) zu überprüfen, ggf. neu zu formulieren und ggf. neue Entitäten zu beschreiben. So wurden erst kürzlich neue Diagnosekriterien publiziert und Kriterien für die Diagnose in der Prodromalphase vorgeschlagen.
Im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob es sich bei milden motorischen Auffälligkeiten (Mild Parkinsonian Signs (MPS)) um Zeichen des normalen Alterns oder eines Frühstadiums einer neurodegenerativen Krankheit handelt. Hierfür wurden Ergebnisse der 925 Probanden umfassenden TREND-Studie (Tübinger Erhebung von Risikofaktoren zur Erkennung von Neurodegeneration) hinsichtlich ihres Risikoprofils und dem Vorliegen möglicher Prodromalmarker und hinsichtlich eines motorischen Tests (Purdue Pegboard) und eines gemischten kognitiv-motorischen Tests (Trail-Making-Test) verglichen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Fragestellung, ob die motorischen Auffälligkeiten der MPS-Gruppe dem natürlichen Alterungsprozess geschuldet sind oder ob es sich um ein Frühzeichen einer neurodegenerativen Erkrankung handelt, zum jetzigen Zeitpunkt anhand der hier ausgewerteten (erstes Follow-Up) Tests der TREND-Studie nicht eindeutig beantwortet werden kann. Dies ist primär durch den noch frühen Beobachtungszeitpunkt der longitudinalen Studie und dem langsamen Verlauf der zur Parkinsonerkrankung führenden Neurodegeneration, die sich z.T. über Jahrzehnte erstreckt, sowie durch die noch zu kleine Vergleichs-Gruppe der an einem IPS erkrankten Probanden begründet. Eben diese ist derzeit für zuverlässige statistische Aussagen, auch bzgl. möglicher Cut-Off-Werte, noch zu klein. Ein direkter Hinweis auf einen Krankheitswert des Prodromalmarkers MPS für noch gesunde Teilnehmer der Studie ließ sich innerhalb dieser Kohorte daher (noch) nicht nachweisen (siehe Kapitel 4 der Dissertation).
Dennoch sprechen schon zum jetzigen Zeitpunkt viele Indizien der betrachteten Studie dafür, dass mittels der Kombination der Prodromalmarker MPS und RBD (Rapid Eye Movement Sleep Behavior Disorder) und des Risikofaktors der Echogenität der Substantia nigra (Sn) eine Gruppe mit erhöhtem Risiko an einem Parkinsonsyndrom zu erkranken identifiziert werden kann (vgl. die schlechtere motorische als auch kognitive Performance in den Tabellen 9 und 10 der Dissertation).
Daher ist zu hoffen, dass die transkranielle Sonographie (TCS) ihren Weg in die klinische Praxis findet und das aktuelle Problem der Kalibrierung zur Erkennung der Echogenität der Sn für alle Ultraschallgeräte einheitlich gelöst wird.
Dies würde ermöglichen, Risikogruppen zu identifizieren und im Verlauf besser beobachten zu können. Aus diesen Informationen könnte ein besseres Verständnis der Entstehung des IPS gewonnen werden, was langfristig für die Entwicklung von, den Verlauf positiv beeinflussenden, Therapiestrategien hilfreich sein würde. Eventuell werden sich auch neue Krankheitsbilder in Form von Subtypen des IPS oder gar neuer Entitäten ergeben. Eine frühzeitigere Erkennung gefährdeter Personen, eine neurodegenerative Erkrankung zu entwickeln, sollte Ziel weiterer Studien sein.
Einen ersten Schritt in diese Richtung werden zukünftige Ergebnisse der TREND-Studie hoffentlich liefern können: mit mehr Konvertierern werden bessere Beurteilungskriterien zur Unterscheidung, ob ein normaler Alterungsprozess oder eine Frühform einer neurodegenerativen Erkrankung vorliegt, erwartet. Langfristig besteht daher die Chance, dass die Ergebnisse der TREND-Studie dazu beitragen können, Neurodegeneration frühzeitiger zu erkennen und ggf. entsprechend zu therapieren.