Inhaltszusammenfassung:
Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) ist ein Krankheitsbild mit hoher Prävalenz bei Kindern mit Down Syndrom (DS). Therapie der Wahl ist die Adenotomie (AT) oder Adenotonsillektomie zur Erweiterung der oberen Atemwege. Dabei konnte gezeigt werden, dass eine AT gerade bei Kindern mit DS schlechtere Erfolgsquoten hat und die OSA häufig persistiert. Auch die Anwendung eines CPAP-Gerätes (Continuous Positive Airway Pressure) gehört zu den etablierten Behandlungsformen. Durch die oftmals eingeschränkte Compliance bei Kindern mit DS stellt diese jedoch ebenfalls keinen optimalen Therapieansatz für dieses Patientenkollektiv dar.
Eine weitere Behandlungsform ist die myofunktionelle Therapie (MT). Die Effektivität einer MT in der Behandlung der OSA konnte bereits in einigen Studien bestätigt werden, jedoch gibt es kaum Studien zu Kindern mit angeborenen Entwicklungsstörungen, wie zum Beispiel dem Down Syndrom. In diesem Patientenkollektiv lässt sich die Ursache der OSA oftmals auf die neurofunktionellen Veränderungen des Oropharyngealraumes und die syndrombedingte orofaziale Hypotonie zurückführen. Die MT basiert auf komplexen, stimulierenden Körperübungen, die unter anderem den Muskeltonus des Oropharyngealraums stärken, sodass funktionelle Defizite in diesem Bereich ausgeglichen werden. Somit erscheint die Anwendung einer MT als ein vielversprechender Ansatzpunkt für eine langfristige Verbesserung der OSA bei Kindern mit DS.
Ziel der vorliegenden Studie war es, die Wirksamkeit der MT bei Kindern mit Down Syndrom mittels polygraphischer Messungen (PG) zu objektivieren und einen kurzfristigen Effekt zu untersuchen. Hierfür wurde eine prospektive Studie mit 45 Probanden durchgeführt, die eine PG direkt vor und nach einer intensivierten MT über eine Woche erhielten. Bei 18 Probanden lagen zwei auswertbare Messungen vor, sodass diese in die Auswertung der Studie einfließen konnten. Die Auswertung der PG als Vorher-/Nachhervergleich mit den primären Zielparametern Index der gemischten und obstruktiven Apnoen und Hypopnoen (MOAHI), Entsättigungen um ≥3% (DI3) bzw. auf <90% (DI90) pro Stunde Schlaf erfolgte verblindet durch Mitarbeiter des Kinderschlaflabors des Universitätsklinikums Tübingen.
In der Studie konnte nur der Desaturationsindex 90 (DI90), eine statistisch signifikante, klinisch jedoch nicht relevante Reduktion von 0,78/h auf 0,22/h (p = 0,04) zeigen. Sowohl der MOAHI als auch der DI3 zeigten im Vergleich keinen signifikanten Unterschied. Die sekundären Zielparameter bestanden aus der minimalen Sauerstoffsättigung (SpO2) und der Untersuchung des MOAHI und des DI3 in Rückenlage (RL) und Nicht-Rückenlage (NRL). Hier ließ sich eine Tendenz zur Verbesserung der OSA Symptomatik erkennen, ohne jedoch das Signifikanzniveau zu erreichen. Die vorliegende Studie konnten im Gegensatz zu bisherigen Studien einen relevanten Effekt für die Probanden durch eine intensive myofunktionelle Therapiewoche somit nicht bestätigen.
Als wichtigste Ursache für das Abweichen der Ergebnisse der vorliegenden Studie muss die kurze Zeitspanne der myofunktionellen Behandlung und der geringe Zeitabstand der polygraphischen Messungen in Betracht gezogen werden. Ein eventueller langfristiger Effekt konnte somit nicht erfasst werden. Die Ausfallquote von 57% der Probanden, bedingt durch eine ungenügende Qualität der Messungen, demonstriert zudem, dass die ambulante Polygraphie als Untersuchungsmethode für dieses Probandenkollektiv mit einigen Schwierigkeiten verbunden war. Weitere Limitationen der Studie entstanden durch den Verzicht auf EEG-Ableitungen und Videoüberwachung sowie durch technische Probleme. Ebenso erfolgten keine Erkenntnisse dazu, inwiefern die Dauer der MT, die Art ihrer Anwendung und vorherige Therapiemaßnahmen eine Rolle in der Effektivität der MT spielen. So konnte in den bisherigen Studien gezeigt werden, dass die MT insbesondere in Kombination mit einer vorher stattgefundenen AT zur Beseitigung struktureller Missverhältnisse wirksam ist.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die MT als zusätzliche Therapieoption bei Kindern mit DS dennoch frühzeitig angewendet werden sollte, da andere Autoren positive Effekte bereits nachweisen konnten und sie Vorteile gegenüber anderen Therapieformen für OSA mit sich bringt, wie geringe Invasivität und geringe Nebenwirkungen. Ein positiver Effekt einer alleinigen MT bei Kindern mit Down-Syndrom, wie in der vorliegenden Studie, konnte bisher jedoch nicht gezeigt werden.