Inhaltszusammenfassung:
Der Morbus Parkinson ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung in der westlichen
Gesellschaft. Dabei kommt es zum Absterben der dopaminergen neuromelaninhaltigen
Neurone in der Substantia nigra (SN), was zu den typischen Symptomen der ParkinsonErkrankung führt. Die molekularen Mechanismen, die zu diesem spezifischen Zelltod führen,
sind bis heute nicht vollständig verstanden und es gibt verschiedene Ansätze, die diverse
zelluläre Misregulationen beschreiben, welche zum Zelltod beitragen könnten. So wird
beispielsweise eine erhöhte Eisenkonzentration in der SN bei Parkinson-Patienten
beobachtet, welche als eine mögliche Ursache im Prozess der Pathogenese der ParkinsonErkrankung diskutiert wird.
Zur Untersuchung des Einflusses von Eisen in der Pathogenese der Parkinson-Erkrankung
wurden im Rahmen dieser Arbeit verschiedene Experimente durchgeführt. Zum einen sollte
der Fragestellung nachgegangen werden, ob eventuell genetische Veränderungen in
Eisenstoffwechselgenen oder in einem spezifischen Gen der Blut-Hirn-Schranke vorliegen, die
diese erhöhte Eisenakkumulation erklären könnten. Dies würde ein Hinweis für eine primäre
Ursache im Krankheitsprozess sein. Dafür wurden diverse SNPs in den Genen MDR1, IREB2
und HO-1, sowie ein Fragmentlängenpolymorphismus im HO-1 Gen untersucht. Es ergab sich
jedoch kein Hinweis für ein primäres Geschehen im Prozess der Erkrankung, da alle
untersuchten Loci bei Patienten und Kontrollen ähnliche Allelfrequenzen zeigten.
Des Weiteren sind Unterschiede im Expressionsprofil diverser Gene zwischen ParkinsonPatienten und gesunden Kontrollen denkbar, die zur Pathogenese beitragen könnten. Daher
wurde das Expressionsprofil aus peripheren Blut dieser beiden Gruppen miteinander
verglichen. Ein Eisenstoffwechselgen, das iron-responsive element-binding protein 2 (IREB2),
erwies sich dabei als vielversprechender Kandidat.
Im Verlauf der Parkinson-Erkrankung kommt es zur Ausbildung von sogenannten LewyKörperchen, welche eine Vielzahl von Proteinen beinhalten. Darunter auch das alpha Synuklein-Protein, sowie drei- und auch zweiwertiges Eisen. Es wurde in dieser Arbeit erstmals
der Beweis erbracht, dass alpha-Synuklein in vitro mit einem Eisen-regulierenden Protein,
dem IREB2, interagiert. Ebenso konnte IREB2 auch über immunhistochemische Färbungen an
post mortem SN-Gewebe in den Lewy-Körperchen von Parkinson-Patienten nachgewiesen
werden. Zusätzlich konnten signifikant niedrigere Expressionen von IREB2 bei A30PMutationsträgern (alpha-Synuklein) verzeichnet werden im Vergleich zu gesunden NichtMutationsträgern in dieser Familie. Dies verdeutlicht, dass es einen funktionellen
Zusammenhang zwischen IREB2 und alpha-Synuklein geben muss, welcher möglicherweise
am Prozess der Pathogenese der Parkinson-Erkrankung eine Rolle spielen könnte und so die
erhöhten Eisenkonzentrationen in der SN erklären würde. Ebenso wurde diese verringerte Expression von IREB2 auch in post mortem Gewebe der SN
von Parkinson-Patienten über immunhistochemische Färbungen und Western Blot-Verfahren
nachgewiesen.
Somit wurde versucht, die Bindung von alpha-Synuklein mit IREB2 durch diverse
Mutationsansätze zu beeinflussen, um herauszufinden, wie spezifisch diese Bindung ist und
welche Basen im 5 `- UTR Bereich der mRNA von alpha-Synuklein dafür benötigt werden. Zum
anderen wurde versucht herauszufinden, wie der funktionelle Zusammenhang zwischen
alpha-Synuklein und IREB2 aussehen könnte. Eine Überexpression von IREB2 führte zu einem
signifikanten Anstieg der alpha-Synuklein Expression in vitro. Diese Daten belegen, dass es
einen Zusammenhang zwischen dem wichtigen alpha-Synuklein-Protein und IREB2 gibt, was
dafür spricht, dass der Eisenstoffwechsel eine fundamentale Rolle im Prozess der ParkinsonErkrankung spielt. Um den genauen molekularen Mechanismus dieses Zusammenspiels
aufzudecken, sind weitere Anschluss-Studien notwendig.
Weiterführend wurde untersucht, ob verschiedene Eisenstresssituationen (Eisenüberschuss
durch FeCl3 oder holo-Transferrin, sowie Eisenentzug durch DFO) zu signifikant
unterschiedlichen Reaktionen im Expressionsverhalten diverser Eisenstoffwechselgene
führen, wenn der genetische Hintergrund der verwendeten Zellen (SHSY5Y -Zellen,
Fibroblasten und Neuronen) sich parkinsonspezifisch unterscheidet. Dafür wurden Zellen mit
einer G2019S-Mutation, sowie einem LRRK2 knock-down und Wildtypzellen miteinander
verglichen. Die Daten belegen, dass eine G2019S-Mutation kaum einen Einfluss auf die
Reaktion im Expressionsverhalten der Eisenstoffwechselgene ausübt, wohingegen ein LRRK2
knock-down sehr häufig signifikant unterschiedlich im Vergleich zu Wildtypzellen reagiert.
Jedoch betrifft dies meist nur die Stärke der Expression und zeigt keine gegenteiligen
Reaktionen im Expressionsmuster. Man könnte es als sensiblere Reaktion gegenüber der
Eisenstresssituation beurteilen. Dies verdeutlicht, dass Zellen mit einem LRRK2 knock-down
im Falle einer Eisenstresssituation „überreagieren“ und somit nicht mehr adäquat auf
Störungen der Eisenhomöostase reagieren können.
Bei 90 % aller Parkinson-Patienten findet man in der SN eine Hyperechogenität, welche mit
der erhöhten Eisenakkumulation in der SN in Verbindung gebracht wird. Falls diese
Hyperechogenität zusammen mit bisher unbekannten genetischen Faktoren und klinischen
prämotorischen Symptomen richtungsweisend für die Parkinson-Diagnose wäre noch bevor
die typischen Symptome wie Tremor, Rigor oder Bradykinese in Erscheinung treten, wäre dies
für eine früh beginnende Therapie von größter Bedeutung. Daher wurde nach solchen
gemeinsamen genetischen Veränderungen in Eisenstoffwechselgenen und Blut-HirnSchranken Genen bei drei verschiedenen Kohorten gesucht. Die Kohorten wurden klinisch
anhand von Hochrisikosymptomen für eine spätere Parkinson-Erkrankung erstellt. Jedoch
konnte keine genetische Veränderung in Zusammenhang mit einem dieser Symptome
(Depression, Hyposmie, REM-Schlafstörung) nachgewiesen werden.Dass der Eisenstoffwechsel eine wichtige Rolle im Prozess des Krankheitsgeschehens beim
Morbus Parkinson spielt, wurde im Rahmen dieser Arbeit bewiesen. Erheblich von Bedeutung
scheint dabei die Expression von IREB2 zu sein, welches mit alpha-Synuklein interagiert und
seine Expression beeinflusst. Ob dies allerdings erst im Verlauf der Parkinson -Erkrankung
geschieht oder eine primäre Rolle im Prozess des Krankheitsverlaufes spielt, muss durch
weiterführende Studien analysiert werden. Die Daten lassen allerdings darauf schließen, dass
es ein Regulationsversuch einer erkrankten Zelle ist und somit einen sekundären Prozess
darstellt.