Inhaltszusammenfassung:
PCAs zeigen sich häufig innerhalb des Prostataraumes multifokal und histologisch heterogen. Aktuelle Daten machen eine molekulare und damit tumorbiologische und klinisch relevante Heterogenität dieses Gesamttumors wahrscheinlich. Über solche Heterogenitäten des PCAs ist allerdings bisher noch wenig bekannt. Eigene Daten aus Heterogenität-Untersuchungen im Prostataraum zeigen auf Proteinebene erstaunliche Ergebnisse. Auch liegen erste Daten bereits über Veränderungen auf mRNA Niveau vor. Es ist jedoch noch nicht erfasst, ob und inwieweit sich solche Expressionen auf Proteinniveau widerspiegeln und inwieweit die Heterogenität des PCAs sich auf den unterschiedlichen Zellregulationsebenen manifestiert. Ziel der vorliegenden Arbeit war, an einem umfassend charakterisierten Kollektiv potenzielle Heterogenitäten im mTOR-Signalling – einem onkologischen General-Signalweg – auf dem Niveau der Proteinebene zu erheben und diese Daten der mRNA-Ebene gegenüberzustellen, um so Erkenntnisse über Regulationsebenen der Signalkaskade im Prostataraum zu erlangen.
Grundlage der Studien bildete ein Kollektiv von 126 Patienten, die sich einer radikalen Prostatektomie (38x T≤2 bzw. 29x T>2; 32x bzw. 35x Gleason Score <8/≥8) und 21 Patienten, die sich benigner Prostatachirurgie unterzogen hatten. In einem vorhergegangenen Projekt wurden aus Tumorgeweben und angrenzenden histologischen Normalgeweben Gewebeproben auf die mRNA-Expression von mTOR und 4E-BP1 untersucht. In der vorliegenden Arbeit wurden zu den Entnahmeorten korrespondierende Gewebeproben aus den parallelen Paraffinpräparaten entnommen, zu einem TMA zusammengefasst und immunhistochemisch quantitativ die Expressionen von mTOR, p-mTOR, 4E-BP1 und p-4E-BP1 dargestellt. Dabei wurde sowohl den lokoregionären Expressionsunterschieden im Prostataraum als auch ihrem Bezug zu den histologischen Grenzen der Tumorareale Bedeutung zugemessen.
Auf mRNA-Ebene waren zwischen Tumor- und Normalgewebe keine signifikanten Korrelationen zu erkennen. Lediglich high-Gleason PCA Gewebe wies signifikant höhere 4EBP1- und tendenziell höhere mTOR-mRNA-Konzentrationen auf als low-Gleason Gewebe. Ausschließlich in der Tumorinvasionsfront war eine signifikante Korrelation zwischen der Expression beider Parameter festzustellen, was auf eine streng getaktete Regulation der Signalkaskade in diesem Gewebe hindeutet. Auf Proteinebene verhielten sich die mTOR- und 4E-BP1-Expressionen sehr ähnlich. Tumorgewebe wies in beiden Fällen signifikant höhere Expressionen als Normalgewebe auf, wobei diese vom benignen zum malignen Gewebe kontinuierlich anstiegen. Die phosphorylierten Proteine, sowie die Aktivitätsindices waren in der Tumorinvasionsfront signifikant höher als im Tumorgewebe. Ein abnehmender Trend der Expression der p-Proteine war von Tumorinvasionsfront zu high-Gleason Gewebe zu sehen. Somit scheint die Phosphorylierung der Proteinparameter ein Frühereignis der Tumorgenese zu sein. Signifikante direkte Korrelationen zwischen den Proteinparametern bestanden sowohl im Tumor- als auch im Normalgewebe. Die im Tumorgewebe positiven Korrelationen der Aktivitätsindices fehlten im Normalgewebe. Die Tumorinvasionsfront fiel sowohl durch die fehlende - sonst ubiquitär vorhandene – positive Korrelation von mTOR und 4E-BP1, als auch durch die stärkste positive Korrelation zu dem pro-proliferativ wirkenden p-4E-BP1 auf. Bei der Korrelation von mRNA- und Proteinexpression bestanden auch bei Untergruppenvergleichen keine signifikanten Korrelationen. Transkriptorisch-translatorische Interaktionen scheinen für die Signalkaskadenregulation eine untergeordnete Rolle zu spielen. Somit lässt sich festhalten, dass Gewebe der Tumorinvasionsfront auf eine gute Organisation der mTOR- Signalkaskade angewiesen zu sein scheint, was durch positive Korrelationen auf mRNA- und Proteinebene und durch stark erhöhte Aktvititäsindices zu sehen war. Geringe Aktvititätsindices von mTOR und 4E-BP1 auf Proteinebene sowie negative transkriptorisch-translative Assoziationen im high-Gleason Gewebe geben einen Hinweis, dass bei fortgeschrittenen PCAs andere Regulationsmechanismen von Bedeutung zu sein scheinen.
Die Prädiktion eines Karzinoms durch Analyse einer an Tumor angrenzenden histologisch benignen Gewebeprobe könnte aufgrund signifikant höherer Expressionen sowohl durch die pmTOR- als auch durch die p-4E-BP1-Färbung gelingen. Somit scheint die molekulare Tumorgrenze die histologische Tumorgrenze bei Weitem zu überschreiten, was zur Veri- oder Falsifikation von negativen Stanzbiopsien großen klinischen Nutzen haben könnte. Dass mTOR-Inhibitoren bei der Therapie des fortgeschrittenen PCAs oft keinen Effekt zeigen ist bekannt. Diese Studie zeigt, dass der häufige herunterregulierte mTOR-Metabolismus im fortgeschrittenen Tumorgewebe ein Grund dafür sein könnte. Weitere Studien an prätherapeutisch selektierten p-mTOR positiven Patienten wären wünschenswert um einen potenziellen therapeutischen Benefit von mTOR- Inhibitoren in dieser Kohorte zu überprüfen. Der Einsatz von mTOR-Inhibitoren bei niedriggradigen Tumoren, welche generell hohe mTOR-Aktivitäten zeigten, scheint in Anbetracht der damit assoziierten Nebenwirkungen und der alternativen Therapieregime jedoch ungerechtfertigt.