Inhaltszusammenfassung:
In der Diagnostik und Therapie des Neuroblastoms wird radioaktiv markiertes Metaiodbenzylguanidin (mIBG) eingesetzt. [123I]mIBG dient der szintigraphischen Darstellung des Tumors. [131I]mIBG wird in der Therapie des Neuroblastoms genutzt. Durch strukturelle Ähnlichkeit zu Noradrenalin (NA) wird die Substanz ebenfalls aktiv über den Noradrenalintransporer (NAT) aufgenommen, welcher von den meisten Neuroblastomen exprimiert wird. Allerdings kommt es durch eine Inkorporation über den Organischen Kationentransporter (OCT) zusätzlich zur Anreicherung von mIBG in nicht-tumoralen Körperzellen, wodurch die diagnostischen Bedingungen deutlich erschwert werden. Bayer et al. zeigte in Messungen mit radioaktiv markierten Katecholaminen, dass das Glucocorticoid (GC) Corticosteron die Aufnahme in den OCT hemmt, während Neuroblastomzellen kaum beeinflusst werden. Schlussfolgernd wird weniger mIBG in nicht-maligne Zellen inkorporiert und es kann zu einer Verlagerung des radioaktiven Uptake in die Tumorzellen kommen. Da Corticosteron nicht im klinischen Alltag verwendet wird, war es Ziel dieser Arbeit zu untersuchen, ob auch andere klinisch relevante GC diesen Einfluss auf den OCT haben, während die Neuroblastomzellen weitgehend unbeeinflusst bleiben.
Im Rahmen von Screening- und Hauptversuchen wurden eine OCT3-exprimierende Zelllinie sowie NAT-exprimierende Neuroblastomzelllinien mit verschiedenen GC sowie [³H]Dopamin ([³H]DA) bzw. [³H]NA versetzt, um schließlich die radioaktive Aufnahme im β-Counter zu quantifizieren.
Es bestätigte sich eine statistisch signifikante Reduktion der Katecholaminaufnahme in die OCT3-Zellen unter Einfluss der verwendeten GC. Hingegen konnten bei den Neuroblastomzelllinien unter gleichen Versuchsbedingungen keine signifikanten Veränderungen registriert werden.
Um einen Überblick über die wesentlichen Schlussfolgerungen der vorliegenden Arbeit zu geben, werden diese im Folgenden zusammengefasst:
1. Eine GC-abhängige Hemmung der mIBG Aufnahme in die extraneuronalen OCT3-exprimierenden Zellen, welche sich indirekt aus den Ergebnissen dieser Arbeit erschließen lässt, könnte die Sensitivität und Spezifität der Neuroblastom Szintigraphie steigern.
2. Prednisolon und Hydrocortison zeigten die beste inhibitorische Wirkung auf die OCT3-Zellen.
3. Nebenwirkungen, welche möglicherweise im Zusammenhang mit einer mIBG-Aufnahme in gesunde Körperzellen stehen, könnten durch eine spezifische Hemmung des OCT3 reduziert werden.
4. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass radioaktiv markiertes 6-[18F]Fluordopamin (6-[18F]FDA) in Zukunft als mögliche Alternative zu mIBG in der Neuroblastomdiagnostik genutzt werden könnte.
Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse dieser Arbeit für einen möglichen Einsatz der klinisch verwendeten GC Prednisolon und Hydrocortison vor der Neuroblastomdiagnostik/-therapie mit radioaktiv markiertem mIBG. Dennoch lassen sich in vitro Versuche nur bedingt auf in vivo Versuche übertragen. Zur Validierung der hier aufgestellten Schlussfolgerungen sind somit weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet notwendig.