Inhaltszusammenfassung:
Das Benzodiazepin Midazolam ist ein wichtiges Medikament in der klinischen
Praxis. Es wird unter anderem zu Sedierung, Narkoseinduktion oder Anxiolyse
verwendet. Experimentell ist Midazolam im Tierversuch und in klinischen Studien
gut untersucht. Zudem besteht eine langjährige klinische Erfahrung mit
Midazolam und Benzodiazepinen im Allgemeinen. Allerdings ist weniger darüber
bekannt, wie besondere klinische Situationen die Wirksamkeit von Midazolam
beeinflussen. Inflammation und insbesondere Sepsis als systemische
Maximalvariante stellen auch heutzutage kritische Situationen, mit immer noch
hoher Mortalität, dar. In der Literatur sind Beschreibungen vorhanden, dass
Inflammation die Sensitivität des ZNS gegenüber Anästhetika modulieren kann.
Dieser Aspekt ist wichtig, da eine veränderte Sensitivität gegenüber Anästhetika
in einer veränderten Narkosetiefe (die das Outcome von Patienten beeinflusst)
resultieren kann. Bei Inflammation kommt es unter anderem zu erhöhten
Konzentrationen von Adenosin und IL-1β im ZNS. Daher wurden Hirnschnitte mit
dem Zytokin Interleukin-1β und Adenosin behandelt, um experimentell einen
Aspekt von Inflammation nachzubilden, und deren Einfluss auf die Wirkung von
Midazolam untersucht. Charakteristischerweise führte Midazolam zu einer
Verringerung der neuronalen Aktivität im Mauskortex, was sich an einer
Absenkung der mittleren Feuerraten und verminderter LFP-Steilheit zeigte. Bei
Kombinations-Experimenten verminderte die langanhaltende Anwesenheit von
Adenosin die Wirksamkeit von Midazolam. Dieser Befund ist interessant, da viele
Studien zeigen, dass Adenosin hauptsächlich die Ausschüttung von
exzitatorischen Transmittern verringert und zu Hyperpolarisation von
Nervenzellen führt. Midazolam seinerseits besitzt ebenfalls inhibitorische
Eigenschaften, da die Affinität von GABAa-Rezeptoren gegenüber endogenem
GABA gesteigert wird. Da Adenosin den Midazolam-Effekt abschwächte, wurde
spekuliert, dass langanhaltende erhöhte Anwesenheit von Adenosin das
GABAerge System veränderte. Andere Studien unterstützen diese Hypothese,
indem sie zeigten, dass Adenosin nicht nur die Ausschüttung von exzitatorischen Transmittern, sondern auch von GABA vermindern kann. Zudem wurde
beschrieben, dass Adenosin die Ausstattung mit GABAa-Rezeptoren verringerte.
Diese Veränderungen des GABAergen Systems durch Adenosin könnten die
beobachtete Abschwächung des Midazolam-Effekts erklären. Diese
Beobachtungen erlauben die Annahme, dass Patienten mit erhöhten Adenosin-
Konzentrationen im ZNS zum Teil einen erhöhten Midazolam-Bedarf aufweisen.
Interleukin-1β führte in der verwendeten Konzentration zu keinen deutlichen
Veränderungen der neuronalen Aktivität. Es zeigte sich zwar ein Trend, der eine
erhöhte Sensitivität der untersuchten Neuronen gegenüber Midazolam bei
Vorbehandlung mit IL-1β nahelegt. Dieser muss jedoch in weiteren
Untersuchungen bestätigt oder widerlegt werden.