Die Diskussion über die Ausgestaltung der DDR-Psychiatrie anhand ostdeutscher medizinischer Fachzeitschriften 1946-1989

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/80519
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-805190
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-21913
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2018
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Tümmers, Henning PD Dr.
Tag der mündl. Prüfung: 2018-01-15
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Psychiatrie
Freie Schlagwörter: DDR-Psychiatrie
Ärztliches Selbstverständnis
Das deutsche Gesundheitswesen
Zeitschriftenanalyse
Rodewischer Thesen
Psychiatrie
Neurologie
Psychologie
Psychosomatik
Psychotherapie
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die Entwicklungen im Fach Psychiatrie sind nachhaltig durch die politischen Rahmenbedingungen, Wertvorstellungen und Normen einer Gesellschaft geprägt. Dadurch befinden sich die in der Psychiatrie tätigen Ärztinnen und Ärzte in einem Spannungsfeld: Sie vermitteln zwischen den Ansprüchen, die die Gesellschaft an den Patienten erhebt auf der einen Seite, und zwischen den individuellen Bedürfnissen des Patienten auf der anderen Seite. Dies wirft die Frage auf, wie Psychiater auf gesellschaftliche Veränderungen Bezug nehmen und von welchem ärztlichen Ethos sie sich leiten lassen. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Arbeit die wissenschaftlichen Diskurse von Psychiatern in der SBZ/DDR. Dazu wird analysiert, wie sich das ärztliche Selbstverständnis mit der Zeit verändert hat. Grundlage hierfür sind die Ausgaben der Zeitschrift Das deutsche Gesundheitswesen (DDG), die im Zeitraum 1946 bis 1989 erschienen ist. Die DDG wurde von der Zentralverwaltung für das Gesundheitswesen der DDR herausgegeben und war das Sprachrohr der Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie an der Universität Berlin. Die Zeitschrift wurde für den gesamten Zeitraum ihres Bestehens einer quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen. In der quantitativen Analyse zeigt sich, dass zu einigen Themengebieten relativ kontinuierlich Artikel erschienen sind, während bei anderen Themen deutliche zeitliche Schwerpunkte erkennbar sind. Ausgehend von den Ergebnissen der quantitativen Analyse und unter Berücksichtigung der gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen zeigt sich, dass sich die wissen-schaftliche Diskussion in vier Phasen einteilen lässt. In der ersten Phase der Rückbe-sinnung und Neuausrichtung (1946-1959) distanzierten sich die Psychiater öffentlich von den Verbrechen, die zur NS-Zeit in den Psychiatrien begangen wurden. Sie besan-nen sich auf ein antikes ärztliches Selbstverständnis, basierend auf dem Hippokrati-schen Eid, zurück. Außerdem orientierte sich die Behandlung der Patienten zunehmend an einer humanistischen Arbeitsweise sowie an einer individual-ethischen Haltung im ärztlichen Selbstverständnis. Dennoch sind Kontinuitäten im Denken weniger Psychiater zu den Vorstellungen der NS-Psychiatrie feststellbar. Darüber hinaus etablierte sich ein neues Wissenschaftsverständnis, das mit der Ausrichtung der Medizin auf die Lehre Pawlows einherging. Diese Entwicklungen hatten auch Einfluss auf die verschiede-nen neuro-psychiatrischen Subdisziplinen und Therapieformen. In einer zweiten Phase (1960-1969) etablierte sich zunehmend ein sozialpsychiatrischer Ansatz. Hierdurch vollzog sich ein deutlicher Wandel von der arzt- zur patientenzentrierten Herangehensweise. Dies mündete schließlich in der Formulierung der Rodewischer Thesen 1963, die eine Zäsur setzten, da man nun von einer multifaktoriellen Krankheitsentstehung ausging. Zugleich waren den Psychiatern aufgrund von staatlichen Vorgaben diverse Grenzen gesetzt. Dies zeigte sich etwa in der Debatte um den Umgang mit der Suizidproblematik und der Frage nach dem übergeordneten Ziel der Arbeitstherapie. Die dritte Phase (1970-1979) war von einer gewissen Stagnation geprägt. Neben der Reflexion über die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte wurden auch Errungenschaften der BRD gewürdigt. In einer vierten Phase (1980-1989) emanzipierten sich die Psychiater zunehmend von staatlichen Vorgaben. Dazu beschäftigten sie sich mit den Fragen des Dualismus und der Interdisziplinarität in der Psychiatrie.

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