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P. aeruginosa ist einer der häufigsten nosokomialen Erreger. Die Infektionen, die durch ihn verursacht werden, sind nur schwer therapierbar und resultieren in einer überproportional hohen Letalität. Dieses Bakterium ist deswegen sehr gefürchtet und, obwohl es fast nur bei immunsupprimierten Personen eine Infektion verursacht, ist es von großer klinischer Relevanz, Ansätze zu finden, wie die Entstehung solcher Infektionen verhindert werden kann. Da sich ein Großteil dieser Infektionen auf der Grundlage einer intestinalen Kolonisation entwickeln und unter anderem gesunde Personen primär keine P. aeruginosa Infektionen erleiden, sondern erst im Rahmen einer Immunsuppression unabhängig ihrer Genese an dem Bakterium erkranken, ist es umso wichtiger an erster Stelle das Auftreten einer Kolonisation entweder präventiv zu inhibieren oder sekundär therapeutisch rückgängig zu machen, sodass die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion auf ein Minimum gesenkt wird.
Die Kolonisationsentstehung an sich ist von bestimmten Faktoren abhängig. Ein solcher ist die Virulenz des Bakteriums, was ein patientenunabhängiger Faktor ist. Von Seiten des Patienten könnten nur Kolonisationsentstehungs-komponenten beeinflusst werden, die wirtseigen sind. Das sind z.B. die Komposition des intestinalen Mikrobioms und die unter anderem dadurch bedingte Kolonisierungsresistenz. Um diese zu erforschen, eignet sich die Konzipierung und Durchführung eines murinen Tiermodells intestinaler Kolonisation mit P. aeruginosa.
Nach Etablierung des Modells, in dem gezeigt werden konnte, dass P. aeruginosa den immunkompetenten murinen Wirt kolonisiert, konnten weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Diese wurden aus dem klinischen Hintergrund der Zielsetzung dieser Arbeit motiviert und umfassten zusätzlich zur Entwicklung des Kolonisationsmodells folgende Punkte:
(i) Eine Simulation der in konkreten Settings klinisch gängigen Antibiotikaprophylaxe mittels Ciprofloxacin im Rahmen des Kolonisationmodells, einschließlich der Analyse ihrer Auswirkung auf die Kolonisationsausprägung mit P. aeruginosa.
(ii)Eine Identifikation der bakteriellen Kompositionsveränderungen des intestinalen Mikrobioms, die bei einer Kolonisation mit P. aeruginosa stattfinden und konsekutive Definition von Mikrobiotavertretern als kolonisationsinhibierend oder kolonisationsfördernd.
(iii) Einen Versuch der Wiederherstellung eines gesunden, P. aeruginosa-freien Mikrobioms mittels Fäkaltransplantation.
Zu diesen Zwecken wurde das entsprechende Kolonisationsmodell entwickelt und dann modifiziert. Sein Aufbau bestand aus zwei Gruppen von Mäusen. Die eine Gruppe wurde mit dem Zielkeim P. aeruginosa mittels Trinkwasser exponiert. Als Referenz und Kontrolle diente die zweite Versuchstiergruppe, die einem anderen Bakterium in der gleichen Konzentration und mittels des gleichen Expositionsverfahrens kolonisiert werden sollte. Während des Verlaufs der Versuchsreihe wurden Stuhlproben gesammelt und mit Hilfe verschiedener Methoden auf ihren quantitativen Gehalt an Expositionskeimen und auf ihre mikrobielle Komposition hin untersucht. Nachdem gezeigt werden konnte, dass P. aeruginosa die Versuchstiere intestinal kolonisierte, wurden die entsprechenden Veränderungen des Modells vorgenommen, sodass die Untersuchungen der Ciprofloxacinexposition und der Fäkaltransplantation durchgeführt werden konnten. Weiterhin wurde eine Korrelationsanalyse durchgeführt, die den repräsentativen Anstieg an P. aeruginosa im murinen Gastrointestinaltrakt im Zusammenhang mit den Veränderungen in der Anzahl der restlichen, durch Sequenzierung mit anschließender taxonomischer Zuordnung identifizierten Mikrobiotavertreter erforschte.
An erster Stelle ließ sich feststellen, dass P. aeruginosa den murinen Wirt stabil intestinal kolonisieren kann. Das Vorkommen von P. aeruginosa im Stuhl der Versuchstiere war um ein Vielfaches höher als das des verwendeten Referenzbakteriums E. coli Nissle, auch nachdem die Exposition mit den jeweiligen Bakterien aufgehoben worden war. Die Persistenz des untersuchten Bakteriums im Darm ließ sich nicht nur kulturtechnisch, sondern auch mittels Sequenzierung und anschließender taxonomischer Zuordnung nachweisen. Unabhängig von der Dauer und der Art der Versuchsreihe, hatte das Kolonisationsniveau mit P. aeruginosa in allen durchgeführten Studien einen stabilen Verlauf und die hohe Ausprägung, die im ersten Versuch erreicht wurde. Die Etablierung von P. aeruginosa im murinen Intestinum korrelierte mit einer Vermehrung des Genus Lactobacillus und einer Reduktion der Genera Blautia, Christensenella, Roseburia und Enterorhabdus. Diese Wechselwirkungen wurden auch für die Phylum- und Ordnungsebene identifiziert. Auf dieser Grundlage konnte die Hypothesenbildung hinsichtlich der Rolle dieser Mikrobiota für die Kolonisationsentstehung (protektiv vs. fördernd) stattfinden. Sehr bedeutend war die Erkenntnis, dass eine vorausgegangene Applikation von Ciprofloxacin bei den Versuchstieren das Kolonisationsniveau weder ausgeprägter macht, noch minimiert. Im Gegesatz dazu hatte die Fäkaltransplantation einen reduzierenden Einfluss auf der Kolonisationsausprägung. Dieser tendenziell sanierende Effekt erreichte eine höhere Effizienz bei Wiederholung der Donorstuhlgavagen, wobei unter dem ausgewählten Versuchsaufbau keine komplette Sanierung aller Versuchstiere erreicht werden konnte.
Anhand dieser Ergebnisse ist davon auszugehen, dass P. aeruginosa ein potenter gastrointestinaler Kolonisator ist und beim immunkompetenten Wirt keine Infektion, allerdings eine für eine Infektion prädisponierende Kolonisation verursachen kann. Somit wurde das Vorliegen dieses Problems großer klinischer Relevanz bestätigt. Die Ordnung der Lactobacillales und der Genus Lactobacillus schienen eine agonistische oder synergistische Wechselwirkung mit P. aeruginosa zu haben. Negative Einflüsse auf das Vorkommen oder die Vermehrung dieser Mikrobiota sollten im Sinne einer Protektion oder Therapie von P. aeruginosa-Kolonisation getestet werden. Die während einer P. aeruginosa-Kolonisation verdrängten Genera Blautia, Christensenella, Roseburia und Enterorhabdus und Ordnung Clostridiales sollten durch eine Förderung ihrer Persistenz im Intestinum ebenso auf einen kolonisationshemmenden oder -therapierenden Effekt hin untersucht werden. Das Ausbleiben einer Änderung der Kolonisationsausprägung nach der Simulation einer Antibiotikaprophylaxe ist im Anbetracht der gängigen Annahme, dass Antibiotika per se die Homöostase des Mikrobioms stören und demzufolge für Infektionserkrankungen prädisponieren, als positiv und klinisch relevant zu sehen. In Zusammenschau der Versuchsdaten sollte die Annahme eines dysbiontischen Charakters jeglicher Antiinfektiva hinterfragt und differenzierter betrachtet werden, wobei die Limitationen der hier angewandten Untersuchungsmethodik nicht außer Acht gelassen werden sollten. Hervorzuheben ist auch die Bedeutung, die eine Fäkaltransplatation haben kann. Für diese wurde ein schnellerer kolonisationsreduzierender Effekt gezeigt. Es müssten jedoch die potenziellen Nebenwirkungen einer solchen therapeutischen Intervention bedacht werden und auch an einer Optimierung im Zusammenhang mit der praktischen Applizierbarkeit gearbeitet werden. Trotz der genannten Einschränkungen liegt durch den eindeutig positiven Effekt dieser Intervention, der sogar tendenziell sanierend sein könnte, eine Legitimation für weitere Anstrengungen zur Erforschung und Erprobung neuer, optimierter Adaptationen dieses Ansatzes mit dem Ziel einer adäquaten Praxistauglichkeit in Forschung und Klinik zu erreichen. In Anbetracht der schlechten Prognose einer P. aeruginosa-Infektion und der Resistenzlage dieses Bakteriums gegenüber Antibiotika ist dies dringend zu fordern. |
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