Inhaltszusammenfassung:
Im vorliegenden Forschungsprojekt wurde die Interaktion von Y2O3-stabilisierten ZrO2-Materialien (YSZ) und silikatischen Schmelzen aus den Systemen NS, NAS, CAS, CMAS und einigen synthetischen Schlacken untersucht. Hauptaugenmerk wurde dabei auf Destabilisie-rungs- und Phasentransformationsvorgänge von YSZ-Materialien gelegt, die anhand von Tie-geltests untersucht und mit herkömmlichem, bevorzugt in der metallschmelzenden Industrie eingesetzten, MSZ-Material verglichen wurden.
Um die zu erwartenden Korrosionserscheinungen abschätzen zu können, wurde im Vorfeld eine im industriellen Einsatz korrodierte MSZ-Schieberplatte und eine durch eine metallurgi-sche Schlacke korrodierte YSZ-Keramik analysiert. Dabei wurden Infiltrations-, Quellungs-, Lösungs-, Auflösungs- und Wiederausfällungsprozesse beobachtet. Der Korrosionsfortschritt wurde in Abhängigkeit von verschiedenen material- und schmelzseitigen Faktoren analy-siert. Als materialseitige, korrosionsbeeinflussende Faktoren wurden die Stabilisatortypen und –gehalte, sowie die Korngröße und die Porosität betrachtet. Schmelzseitig wurde das Augenmerk auf die Basizität und die Viskosität gelegt, die beide direkt von der chemischen Zusammensetzung abhängig sind. Aufgrund der Schwierigkeit der experimentellen Bestim-mung wurden beide Größen rechnerisch anhand geeigneter Modelle bestimmt und im Falle der Viskosität mittels Raman-spektroskopischer Strukturanalyse bestätigt. Die ZrO2-Materialien wurden zuvor detailliert mittels EMPA auf die chemische und strukturelle Zu-sammensetzung mittels Raman-Spektroskopie und XRD analysiert, um eine gute Vergleich-barkeit zu gewährleisten. Als Zugewinn aus den vorangegangenen, detaillierten, Raman-Analysen konnte ein Modell zur Y2O3-Gehaltsbestimmung von YSZ-Materialien im Bereich von c-ZrO2 bis t-ZrO2 auf Basis des Bandenshifts im Bereich von 600 bis 645 cm-1 erstellt werden. Als weitere entscheidende, von der chemischen Schmelzzusammensetzung abhän-gige Kenngröße, wurde die ZrO2/Y2O3-Schmelzsättigung experimentell bei 1600°C bestimmt. Anhand der Sättigungsproben konnte, basierend auf Raman-spektroskopischer Analysen, der Einfluss der aufgelösten Komponenten ZrO2 und Y2O3 auf das Glasnetzwerkt analysiert und dabei auch deren Einfluss auf die Viskositätsentwicklung der Schmelzen während des Korrosionsvorgangs abgeschätzt werden. Das Benetzungsverhalten der silikatischen Schmel-zen auf den stabilisierten ZrO2-Substraten, welches ein Maß für die physikalisch-chemische Interaktion von Schmelze und Material darstellt, wurde anhand von Kontaktwinkelmessun-gen über einen aufliegenden Schmelztropfen in einem Erhitzungsmikroskop (HTM) ermittelt. Die Benetzungsexperimente wurden sowohl in Luft- als auch CO2-Athmosphäre dynamisch bis 1600°C durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass grundsätzlich die basischeren Schmel-zen ZrO2-Substrate besser benetzen und weiter, dass MSZ, im Gegensatz zu YSZ, von allen untersuchten Schmelzen besser benetzt wird. Letzteres deutet auf eine höhere Reaktivität silikatischer Schmelzen im Kontakt zu MSZ hin.
Die Korrosionsexperimente wurden zum einen als herkömmliche Tiegeltests bei Temperatu-ren von 1400°C, 1600°C und 1650°C und Haltezeiten von 0,5 bis 12 h durchgeführt und zum anderen als speziell im Rahmen dieses Projekt entwickelte, kombinierte Einkristall-Tiegel-Experimente bewerkstelligt. Mittels dieser speziellen Versuchsanordnung wurde ein direkter Vergleich zwischen monokristallinem und polykristallinem Y-FSZ-Material gewähr-leistet, anhand dessen ein detailliertes Modell der Korrosionsabfolge von kubischem, vollsta-bilisiertem ZrO2, durch Stabilisatorauslaugung, bis hin zur monoklinen Phase erstellt werden konnte. Ein Auflösungs- und Wiederausfällungsprozess, der durch die anwesende Schmelzphase entscheidend beeinflusst wird, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Bedingt durch eine Mischungslücke im System ZrO2-Y2O3, die sich zwischen dem Stabilitätsfeld der c-ZrO2- und der t-ZrO2-Phase befindet, kommt es nach Auslaugung auf ~9 wt%. Y2O3 zu einer vollständigen Destabilisierung des kubischen Gitters und einem diffusionsgestützten Umbau in die tetragonale Struktur mit ~6 wt% Y2O3. Dabei wird das überschüssige Y2O3 an die Schmelzphase abgegeben. Belege für dieser Auflösungs- und Wiederausfällungsprozess fin-det sich sowohl in der Mikrostruktur des korrodierten Materials, als auch in der Phasenab-folge und der Elementverteilung des ZrO2-Materials und der Schmelzphase. Die Untersu-chungen ergaben erste Anzeichen einer Korrosionsbeeinflussung durch den absoluten Stabi-lisatorgehalt und der Schmelzviskosität.
Die weiterführenden Tiegeltests mit den verschiedenen Material-Schmelz-Kombinationen bestätigten die zuvor vermutete Korrosionsabhängigkeit durch den Stabilisatorgehalt. Des Weiteren konnte eine Korrosionsbeeinflussung durch den Stabilisatortyp, die ZrO2-Korngröße, die intergranulare Porosität sowie die Viskosität und Basizität nachgewiesen werden. Die Grundlage für ein verschleißfestes, korrosionsbeständiges ZrO2-Material im Kontakt zu silikatischen Schmelzen ist die adäquate Wahl des Stabilisatortyps. Die Korrosi-onsstudien ergaben, dass Y2O3 im Vergleich zu MgO eine vielfach höhere Beständigkeit ge-genüber silikatischer Schmelzen zeigt. Der Grund liegt in der Bildung MgO-haltiger, sekundä-rer Korrosionsprodukte, die eine Senke für das ausgelaugte MgO darstellen. Y2O3-haltige Se-kundärphasen konnten hingegen nicht nachgewiesen werden, weshalb sich der Auslau-gungsprozess im Falle von YSZ nach Erreichen des Sättigungswerts einstellt und bei MSZ kon-tinuierlich bis zur vollständigen Auslaugung und Destabilisierung weiterläuft. Die initiale Korngröße bzw. die davon abhängige Konzentration an Korngrenzphasen und die intergra-nulare Porosität stellen Wegbarkeiten für die angreifende benetzende, niedrigviskose Schmelze dar. Eine Minimierung dieser Größen führt zu einer direkten Infiltrations- und somit Verschleißminimierung. Ist die Viskosität dagegen stark erhöht und ggf. auch das Be-netzungsverhalten der Schmelze nicht gut - die Schmelzreaktivität eingeschränkt -, haben Korngröße und Porosität keinen merklichen Einfluss auf die Korrosion. Der Einfluss der Schmelzbasizität auf die ZrO2-Korrosion ist aufgrund der in der Literatur beschriebenen un-terschiedlichen Auswirkungen auf die ZrO2-Korrosion genauer analysiert worden. Im Spezi-ellen die Abhängigkeit der CaO-Löslichkeit in den residualen ZrO2-Körner konnte verifiziert werden. Es konnte jedoch kein direkter Zusammenhang zur tatsächlichen Basizität, sondern ein Zusammenhang zum Verhältnis von in der Schmelzstruktur ungebundenem CaO zu SiO2 hergestellt werden.
Anhand der präsentierten Ergebnisse aus den Einkristall-Tiegel-Experimenten und den wei-terführenden Tiegeltestreihen konnten zum einen der genaue Korrosionsfortgang durch Stabilisatorauslaugung und resultierender Phasentransformation aufgezeigt und ein detail-liertes Korrosionsmodell erstellt werden und zum anderen die korrosionsbeeinflussenden Faktoren und deren Einfluss auf die ZrO2-Korrosion analysiert werden. Dabei wird die Kom-plexität des Korrosionsprozesses herausgearbeitet, indem eine z.T. sehr enge Vernetzung der einzelnen korrosionsbeeinflussenden Faktoren aufgezeigt wird.
Abstract:
This study deals with the interaction of Y2O3 stabilized ZrO2 materials (YSZ) with siliceous melts from the systems NS, NAS, CAS, CMAS and a synthetic slag. The focus was on the desta-bilization- and phase transformation processes of the YSZ materials due to the leaching of the stabilizer. Several tests were performed as crucible tests with different partially and fully stabilized YSZ materials and for comparative purpose equivalent tests were performed with MgO stabilized ZrO2 (MSZ), which is the typically used zirconia material in the metal melting industry.
In order to determine the forthcoming corrosion phenomena a corroded MSZ sliding gate after industrial use was analyzed as well as a preliminary tested YSZ in contact to a metallur-gical slag. Those analyses show infiltration, swelling, solution, dissolution and precipitation processes as typical corrosion phenomena. The corrosion propagation was analyzed in de-pendency of several material and melt depending factors such as stabilizer type and content, grainsize and porosity as well as melt viscosity and basicity both of which are directly melt composition dependent. The two latter melt characteristics were estimated by suitable calcu-lation models since the experimental determination of a melts viscosity at high temperatures is hardly feasible and thus highly error-prone. In the case of melt viscosity the calculated val-ues and the corresponding viscosity ranking was evaluated and confirmed by structural analyses based on Raman spectroscopy. The ZrO2 materials were chemically (EMPA) and structurally (XRD, Raman) analyzed to ensure a good comparability between the different zirconia materials. As a benefit from the preceding ZrO2 material characterization by Raman spectroscopy a model was established which allows an exact Y2O3 quantification in partially and fully stabilized ZrO2 materials based on the band shifts in the region from 600 cm-1 to 645 cm-1. Additionally, as a YSZ and melt depending parameter the Y2O3 and ZrO2 saturation in the respective melt at 1600°C were experimentally determined. The uptake of Y2O3 or/and ZrO2 influences the melts structure and thus the melts viscosity. This was observed by Raman spectroscopy. The absorption capacity is the driving force for the corrosion process and part-ly depending on a good melt-material-interaction which is expressed by the wetting behavior of the particular melt on the particular zirconia material. Dynamic wetting angle measure-ments up to 1600°C performed as sessile-drop-tests in a high temperature microscope (HTM) in air as well as CO2 were done to analyze the melt-material-interaction. These tests show that the reactivity of more basic melts in contact to ZrO2 materials is higher than the reactivity of more acidic melts. In general the reactivity of siliceous melts and slags is lower in contact to YSZ compared to MSZ.
The subsequent corrosion tests were performed as standard crucible tests at temperatures of 1400°C, 1600°C and 1650°C with dwell times from 0.5 to 12 h and secondly as combined single-crystal-crucible-tests especially designed for this project. The special geometry of the latter ensures a direct comparability in case of corrosion phenomena of monocrystalline and polycrystalline Y-FSZ-material in just one single experiment. Due to the combined test a de-tailed corrosion model based on stabilizer leaching from fully stabilized cubic over tetragonal to monoclinic ZrO2 was established. A dissolution-and-precipitation-process supported by the infiltrating melt was found to be an important factor. According to the immiscibility gap in the system ZrO2-Y2O3 located in-between the cubic and tetragonal phase stability field, at 1600°C the cubic structure is only stable down to 9 wt% Y2O3 and the tetragonal structure not until 6 wt%. When the Y2O3 content falls below 9 wt% the c-ZrO2 immediately gets desta-bilized. Since the transformation into the t-ZrO2 structure is reconstructive the c-ZrO2 will be completely dissolved by the melt and immediately precipitated as t-ZrO2. The excessive Y2O2 is taken up by the melt. Evidence for this model was found in the materials microstructure and phase distribution. Furthermore first indications show that the corrosion model is strongly influenced by the materials initial stabilizer content, the melts viscosity. Both was proven by pursuing standard crucible tests.
The tests with different material-slag-combinations reveal a strong corrosion dependency on the stabilizer type, the initial ZrO2 grainsize, the materials initial intergranular porosity and the melts basicity. The basis of for a wear and corrosion resistant ZrO2 material in contact to siliceous melts and slags requires a reasonable choice of the stabilizer. The corrosion test demonstrates that Y2O3 is superior to MgO when it comes to corrosion resistance. The reason for this is the strong tendency for MgO to form secondary crystalline phases with the melts components. These phases act as a sink for the MgO-stabilizer what yields an ongoing stabi-lizer leaching and thus a complete ZrO2 destabilization into the monoclinic phase what causes severe material damage. By contrast, for Y2O3 no secondary crystalline phases were found. The leaching stops when the melts saturation level is reached. The initial grainsize and the corresponding concentration of grain boundary phase, respectively, as well as the intergran-ular porosity represent pathways for an attacking, low viscous, good wetting melt phase. The reduction of both consequently yield a higher corrosion resistance as proved by the crucible tests. However, if the melts viscosity is high and the wetting behavior bad what is equivalent to a low melt reactivity, porosity and grainsize have no significant effect on the corrosion re-sistance. The influence of the melt basicity was investigated in particular detail because there are different understandings in literature about its impact on the ZrO2 corrosion. Especially the basicity dependency of the CaO solution in the ZrO2 lattice of the residual grains was in-vestigated and confirmed. However the degree of CaO solution is not directly depending on the melts true basicity but from the melts degree of structurally unbounded, free CaO to SiO2 ratio.
On the basis of the presented results of the combined single-crystal-crucible-tests and the pursuing standard crucible test series on one hand a detailed corrosion model for stabilized YSZ materials was established and on the other hand corrosion influencing factors were in-vestigated.