Inhaltszusammenfassung:
Ziel: Grundlage dieser Dissertation war es, Patienten mit einem binokularem Gesichtsfelddefekt mittels eines neu entwickelten Untersuchungsmodells, dem Modified Attended Field of View (MAFOV) Test zu untersuchen. Die Ziele dieser Untersuchungen waren (i) die Etablierung eines Bewertungsverfahrens (MAFOV Score) einschließlich altersspezifischer Normwerte, (ii) der Verlgeich der MAFOV Ergebnisse mit der automatischen standardisierten Perimetrie (SAP), (iii) die Erfassung der Testdauer, (iv) die Ermittlung der Retest-Reliabilität und (v) die Bestimmung der Spezifität und Sensitivität des MAFOV Scores bezüglich des Bestehens eines „on road“ Fahrtests.
Methoden: An den Untersuchungen nahmen insgesamt 76 Personen teil (34 Frauen, 42 Männer, Alter von 23 – 75 Jahren, Median: 54 Jahre), wovon 38 Patienten einen binokularen Gesichtsfelddefekt aufwiesen (28 Personen mit postchiasmalem Sehbahndefekt und daraus resultierender homonymer Hemi-/Quadrantanopsie (HH) sowie 10 Patienten mit Glaukom (GL)), 38 Personen fungierten als alters-/ geschlechtskorrelierte Kontrollprobanden (KP). Beim MAFOV Test musste an einem berührungssensitiven Bildschirm, ein einzelner Landolt Ring, als Element eines Rasters von geschlossenen Ringen, durch Fingerzeig auf den Monitor-Ort lokalisiert werden. Die Probanden sollten bei fixiertem Kopf, mittels Augenbewegungen den Bildschirm absuchen. Aus der Anzahl und Lokalisation der Fehlantworten wurde ein sogenannter MAFOV Score abgeleitet. Werte oberhalb des 24. Perzentils („cut-off“) des MAFOV Scores der jeweiligen Altersdekade wurden als normal definiert.
Beide Untersuchungen (MAFOV und SAP) nutzten das Raster 30S (72 Prüfpunkte in polarer Anordnung, Exzentrizität 30°). Die Prüfpunktantworten aus der SAP und dem MAFOV Test wurden bezüglich ihrer Übereinstimmung verglichen. Für eine Subgruppe der Patienten (10 Pat. mit HH, 10 Pat. mit GL und 20 KP) wurde ein „on road“ Test (45 minütige Autofahrt), vergleichbar mit einer Fahrschulprüfung durchgeführt. Der Fahrlehrer war über den opthalmologische Status der Versuchsperson informiert.
Ergebnisse: Alle nachfolgenden Angaben stellen den Median sowie das (1. Quartil; 3 Quartil) dar. (i) Die MAFOV Scores für die Patientenaltersgruppen betrugen: 20-29 J.: KP: 10,0 (10,0; 10,0), HH: 8,7 (8,6;8,9); 30-39 J.: KP: 9,3 (9,0; 9,6); HH:8,6 (7,5; 8,6); 40-49 J.: KP: 9,5 (9,1; 9,8); HH: 7,8 (7,1; 8,5); GL:7,7 (7,7; 7,7), 50-59 J.: KP: 9,1 (8,9; 9,6); HH: 7,1 (6,1; 7,5); GL: 7,0 (5,4; 8,4); 60-69 J.: KP: 8,6 (8,3; 8,9); HH: 7,5 (5,8; 7,6); GL: 6,5 (6,2; 7,1); 70-79 J.: KP: 8 (7,1; 8,6); HH: 7,5 (5,9; 7,8); GL: 6,8 (6,1; 7,6), (ii) Die Übereinstimmung der Lage der Skotome im MAFOV Test und in der SAP betrug im Median 20 % (7,4 %; 24,3 %). (iii) Die Retest-Reliabilität der einzelnen Prüfpunkte des Rasters 30S im MAFOV Test betrug 75 %, die Retest-Reliabilität des MAFOV Scores 88 %. (iv) Im Median betrug die Testdauer 7,2 Minuten (6,4 Minuten; 7,4 Minuten). (v) In Bezug auf die Vorhersage des Bestehens der Fahrprüfung ergab sich bei einer Spezifität von 93 % eine Sensitivität von 58 %.
Schlussfolgerung: Der MAFOV Test ist ein Verfahren zur Untersuchung der visuellen Explorationsfähigkeit. Seine Vorhersagefähigkeit in Bezug auf das Bestehen einer Fahrprüfung ist in der aktuellen Form jedoch begrenzt. Um die Sensitivität des MAFOV Tests zu steigern, wäre eine Wiederholung der Untersuchung mit modifiziertem Prozessablauf in Betracht zu ziehen. Hierbei wäre insbesondere eine Veränderung der Dauer des Prüfreizes, dessen Morphologie sowie dessen Leuchtdichte zu testen.