Inhaltszusammenfassung:
Im Rahmen der Dissertation werden Bedingungen untersucht, die Entscheidungen verbessern können. Vor dem Hintergrund des intersubjektivistischen Ansatzes der Psychoanalyse wird untersucht, ob Achtsamkeit oder eine Komponente von Achtsamkeit die Qualität gemeinsamer Entscheidungen in hidden profiles verbessert. Im Forschungsparadigma des hidden profiles wurde bisher gezeigt, dass wenn Gruppenmitglieder über unterschiedliche Informationen verfügen, diese unter ihren Leistungsmöglichkeiten bleiben. Wenn Mitglieder alle zur Verfügung gestellten Informationen gleichmäßig berücksichtigen würden, kämen sie zu einer besseren Entscheidung. Jedoch zeigen Gruppenmitglieder, statt offen für die relevanten Informationen eines anderen zu sein, einen Bestätigungsfehler (engl. confirmation bias). Informationen werden so ausgewählt, dass sie die eigenen Informationen bestätigen. In der Folge wird eine schlechtere Entscheidung getroffen. In der Dissertation wird untersucht, ob die gemeinsame Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf einen gegenwärtigen Moment durch Achtsamkeit (engl. mindfulness) oder eine Komponente von Achtsamkeit gemeinsames Entscheiden verbessert. In einem ersten Schritt wurde in zwei Studien der Einfluss einer klassischen Achtsamkeitsübung auf computervermittelte Entscheidungen überprüft. In Studie 1 wurde der Einfluss einer Meditationsübung auf Entscheidungen in einer computervermittelten Verhandlung untersucht, in Studie 2 auf eine computervermittelte gemeinsame Entscheidungsaufgabe. Über beide Studien hinweg verringerte Achtsamkeit die Leistung. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Achtsamkeit bei computervermittelten gemeinsamen Entscheidungen nicht die Intervention der Wahl ist. In einem zweiten Schritt wurde der Einfluss von Offenheit für multiple Perspektiven auf von Dyaden gemeinsame getroffene Entscheidungen in einem hidden profile untersucht. Offenheit für multiple Perspektiven ist dabei eine Komponente von Achtsamkeit und scheint auch ein zentrales Element bei erfolgreichen Gruppenentscheidungen zu sein. In zwei Studien wurde herausgefunden, dass Offenheit für multiple Perspektiven die Qualität der gemeinsam getroffenen Entscheidungen verbessert. In Studie 3 verbesserte das gemeinsame Betrachten von mehreren gültigen Perspektiven, verglichen mit dem bloßen Verhandeln von Positionen, die Aufgabenleistung. In Studie 4 führte, neben dem gemeinsamen Betrachten von mehreren gültigen Perspektiven, das sequentielle Realisieren, dass es noch eine andere Perspektive als die ursprüngliche gibt, auf individueller Ebene, verglichen mit der sofortigen Zugänglichkeit beider Perspektiven zu besseren Leistungen. Die Ergebnisse zeigen, dass wenn Personen die Art und Weise verändern, wie sie Dinge betrachten, indem sie auf sozialer Ebene die inhaltliche Gültigkeit von mehreren Perspektiven akzeptieren oder auf individueller Ebene die Validität einer anderen Perspektive als die ursprüngliche, sich die Leistung verbessert. Indem Achtsamkeit in einem interpersonalen Kontext untersucht wurde, wurden psychoanalytische Konzepte auf sozialpsychologische Forschung übertragen. Offenheit für multiple Perspektiven scheint ein wichtiger kognitiver Mechanismus innerhalb von Achtsamkeit als auch zugrundeliegender Faktor bei erfolgreichen gemeinsamen Entscheidungen zu sein. Die Forschungsergebnisse haben mehrere praktische Implikationen. Zum einen sollte bei computervermittelten Entscheidungen Achtsamkeit nicht als Intervention verwendet werden. Zum anderen sollten Personen bei individuellen oder gemeinsamen Entscheidungen „einen Schritt zurück machen“ und bewusst nach alternativen Sichtweisen suchen.
Abstract:
This dissertation examines conditions which support joint decision making. Based on the intersubjectivity theory in psychoanalysis it was examined whether mindfulness or a component of mindfulness improves joint decision making in hidden profile tasks. Previous research on hidden profiles – a paradigm in joint decision making – has established that when group members are provided with different informational subsets, they fail to achieve their full potential. If members considered all information they are provided with in equal measure, they would come to the best decision alternative. However, instead of being equally open to all relevant information, members show a confirmation bias. They evaluate information in a way that confirms their own informational subset and rather chose an inferior decision alternative. In extrapolating shared present moment awareness using mindfulness (i.e. present moment awareness), this dissertation investigates whether mindfulness or a certain part of mindfulness enhances joint decision making. In a first step, the influence of a classic mindfulness meditation on computer mediated decision making was tested. In Study 1, mindfulness meditation was tested in a decision making task via computer-simulated negotiation, in Study 2 in a computer mediated joint decision making task of a hidden profile. Across both studies, mindfulness was detrimental to performance. Findings indicate that mindfulness meditation is not an intervention to be used in computer mediated joint decision making. In a second step, the impact of openness to multiple perspectives on dyads solving a hidden profile task was examined. Openness to multiple perspectives is a component of mindfulness and seems to be a principal factor of successful joint decision making. In two studies openness to multiple perspectives was found to improve the outcome of a joint decision making task. In Study 3, the joint consideration of multiple valid perspectives improved the outcome of the task compared to the mere negotiation of positions. In Study 4, besides the joint consideration of multiple perspectives, sequentially realizing on an individual level that there is still another perspective than the initial one improved the performance, compared to immediately dealing with two perspectives. The findings demonstrate that when individuals change their way of looking at things, by either accepting the validity of multiple perspectives on a social level or by accepting the validity of another perspective than the initial one, their performance gets improved. In using mindfulness in an interpersonal context we extrapolated social psychological research with psychoanalytical conceptualizations. More specifically, openness to multiple perspectives seems to be an important cognitive mechanism inherent in mindfulness and a successful factor in joint decision making. The present research has several practical implications. First, mindfulness should not be applied as an intervention for improving decision making via computer mediation. Second, in individual and joint decision making, persons should “make a step back” and search actively for alternative points of view.