Inhaltszusammenfassung:
Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) nehmen als zytotoxische Lymphozyten des angeborenen Immunsystems eine wichtige Rolle bei der Immunüberwachung maligner Erkrankungen, insbesondere von Leukämien ein. Ihre Reaktivität wird durch eine Balance aus aktivierenden und inhibierenden Signalen reguliert, die über eine Vielzahl von Rezeptoren vermittelt werden, zu denen auch das aktivierende Natural Killer Group 2D (NKG2D)/NKG2D Liganden (NKG2DL) Molekülsystem gehört. Durch Applikation therapeutischer Antikörper, die antibody dependent cellular cytotoxicity (ADCC) von NK-Zellen induzieren, wird diese Balance zu Gunsten einer Aktivierung von NK-Zellen verschoben. Aktuelle Therapieansätze zielen darauf ab, die Effektivität klinischer Antikörper durch Modifikation ihres Potentials, bei NK-Zellen ADCC auszulösen, zu verstärken. Gegenstand dieser Arbeit war die Modulation der NK-Zell-Reaktivität durch ein Fc-optimiertes NKG2D-Ig Fusionsprotein zu untersuchen.
Bisher publizierte Daten zur Expression von NKG2DL in Leukämien und deren Relevanz für die NKG2D-vermittelte Immunüberwachung sind zumindest teilweise widersprüchlich. Es konnte jedoch in Analysen von Zelllinien und Primärzellen von Leukämiepatienten gezeigt werden, dass NKG2DL in einem hohen Prozentsatz auf den malignen Zellen exprimiert werden, während gesunde CD34+ Vorläuferzellen keine Expression aufweisen. Die Blockade der NKG2D/NKG2DL-Interaktion verminderte die Zytotoxizität und IFN- Freisetzung von NK-Zellen gegen die Leukämiezellen, was die funktionelle Relevanz der NKG2DL-Expression auf leukämischen Zellen belegt.
Es wurde das Therapiekonzept entwickelt, NKG2DL in Anbetracht ihrer weitgehend auf maligne Zellen restringierten Expression als Zielmoleküle für eine Induktion von ADCC durch NK-Zellen gegen Leukämiezellen zu nutzen. Hierfür wurde ein NKG2D-IgG1 Fusionsprotein generiert, dessen Fc-Teil eine gesteigerte Affinität zum Fc-Rezeptor CD16 auf NK-Zellen aufweist (NKG2D-Fc-ADCC). Zur Charakterisierung seines Potentials zur Stimulation von NK-Zellen wurden zwei weitere Varianten generiert und vergleichend untersucht: NKG2D-Fc-WT, ein Fusionsprotein ohne Modifikationen im Fc-Teil, und NKG2D-Fc-KO, bei welchem die Affinität des Fc-Teils zum Fc-Rezeptor aufgehoben wurde. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die verschiedenen Fc-Teile der NKG2D-Fc Fusionsproteine wie erwartet stark unterschiedliche Effekte auf die Reaktivität von NK-Zellen haben. Während mit dem NKG2D-Fc-KO keine Induktion von ADCC, sondern eine Inhibierung der NKG2D-vermittelten NK-Zell-Reaktivität durch Blockierung der NKG2D/NKG2DL-Interaktion zu beobachten war, konnte mit NKG2D-Fc-WT eine durch ADCC-Induktion vermittelte Steigerung der Reaktivität von NK-Zellen erreicht werden. Die ADCC-Optimierung des Fusionsproteins NKG2D-Fc-ADCC bewirkte eine im Vergleich zum NKG2D-Fc-WT deutliche Verstärkung der Effektorfunktionen von NK-Zellen gegen Leukämiezelllinien und primären Leukämiezellen, hier sowohl im allogenen als auch im autologen System. Im Falle der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) konnten wir diese differentiellen Effekte der unterschiedlichen NKG2D-Fc Fusionsproteine auch in Anwesenheit des therapeutisch eingesetzten anti-CD20 Antikörpers Rituximab beobachten. Die Spezifität der durch die NKG2D-Fc Fusionsproteine induzierten Effekte wurde dadurch belegt, dass diese nur gegen NKG2DL-positive Tumorzellen eine Reaktivität von NK-Zellen induzieren, nicht jedoch gegen gesunde (NKG2DL-negative) Zielzellen.
Insgesamt konnte in dieser Dissertation die Rolle des NKG2D/NKG2DL-Molekülsystems bei der Immunüberwachung von Leukämien durch NK-Zellen im Vergleich zu bereits vorliegenden Ergebnissen bestätigt werden. Durch die Entwicklung Fc-optimierter NKG2D-Fc Fusionsproteine wurde ein Konzept entwickelt, die tumorrestringierte Expression von NKG2DL in Patienten mit AML therapeutisch zu nutzen.