Inhaltszusammenfassung:
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der von der Allgemeinbevölkerung abweichenden Geburtensaisonalität psychischer Störungen sowie dem möglichen Einfluss von meteorologischen Variablen. Die bisherige Literatur weist darauf hin, dass die Geburtensaisonalität bei Menschen mit psychischen Störungen von der Allgemeinbevölkerung abweichen könnte. Dies wurde an einer Stichprobe in getrennten Analysen für die ICD-10 Diagnosen F60.3, F00, F10.2, F43.2, F41 und F20 untersucht. Als Kontrollgruppe fungierte die Allgemeinbevölkerung Baden-Württembergs. Eingeschlossen wurden Patienten, die im Zeitraum von 01.01.1990 bis zum 31.12.2010 eine der psychiatrischen Ambulanzen der Universitätsklinik für Psychiatrie in Tübingen besucht haben. Signifikanz wurde mittels Chi²-Test ermittelt
Für die weiblichen schizophrenen Patienten zeigte sich eine statistisch signifikant abweichende Geburtensaisonalität mit Maxima in der Jahreszeit Sommer. Für die weiteren psychischen Störungen konnte keine signifikant abweichende Geburtensaisonalität festgestellt werden.
In einer weiteren Analyse wurde der Zusammenhang zwischen meteorologischen Variablen und der Geburtensaisonalität schizophrener Patienten im Vergleich zu Patienten mit Anpassungsstörungen mittels multivarianter Statistik untersucht. Als Analysemethode wurde eine support vector Maschine genutzt. Als Kontrollgruppe fungierte die Allgemeinbevölkerung Baden-Württembergs. Eingeschlossen wurde die meteorologischen Variablen durchschnittliche monatliche Niederschlagsmenge, Sonnenscheindauer und Temperatur für den Zeitraum 9 Monate ab Konzeption bis 9 Monate nach Geburt. Die Ergebnisse wurden Ergebnissen eines randomisierten Datensatzes gegenüber gestellt. Für die analysierte Gruppe, mit den entsprechenden meteorologischen Variablen, ergaben sich bei einer accuracy von 55,09% eine Sensitivität von 60,19%, sowie eine Spezifität von 48,17%. In der Analyse der randomisierten Gruppe wurde bei einer accuracy von 49,79%, eine Sensitivität von 43,30% und eine Spezifität von 57,70% ermittelt. Dies spricht für einen Einfluss meteorologischer Variablen. Das gewählte Studiendesign erlaubt jedoch keine direkten Rückschlüsse auf die Ursachen dieses Effekts. Klinisch Implikationen sollten aus der jetzigen Pilotstudie noch nicht abgeleitet werden. Weitere Studien mit größerer Fallzahl und anderen klimatischen Bedingungen sollten in Bezug auf Erkrankungswahrscheinlichkeiten folgen. Dennoch bietet die Methode der multivarianten Statistik einen viel versprechenden Ansatz.