Paleoamerican origins and behavior: a multidisciplinary study of the archaeological record from Lagoa Santa region (east-central Brazil)

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/73731
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-737318
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-15139
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2016-12
Originalveröffentlichung: PlosOne 10:e0138090; American Journal of Physical Anthropology: 157:202-216; PlosOne 10:e0137456; Antiquity 90:1454-1473
Sprache: Englisch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Geographie, Geoökologie, Geowissenschaft
Gutachter: Harvati, Katerina (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2016-12-13
DDC-Klassifikation: 930 - Alte Geschichte, Archäologie
Schlagworte: Anthropologie , Archäologie , Amerika , Ausgrabung
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Im auslaufenden Pleistozän endete die erkundende Phase der Besiedlung Amerikas und zu Beginn des Holozäns wurden die meisten Landschaften von menschlichen Populationen besiedelt, die gut an ihre lokale Umwelt angepasst waren. Dies stellt einen entscheidend wichtigen Zeitraum für den Prozess kultureller und biologischer Differenzierung von Menschengruppen auf diesem Kontinent und den Schwerpunkt der vorliegenden Dissertation dar. Die ersten beiden hier vorgelegten Studien untersuchen durch den Einsatz multivariater Statistik und kraniometrischer Daten die umstrittene Hypothese, dass diese Gruppen nicht die direkten Vorfahren rezenter indigener Völker Amerikas. Die Ergebnisse der ersten Studie weisen darauf hin, dass die Magnitude morphologischer Variation im frühen Holozän nicht höher war als unter bestehenden Populationen beobachtet wurde, wie zuvor vorgeschlagen. Daher erscheint eine in loco Differenzierung durch Drift unwahrscheinlich als mikroevolutionäre Hauptursache um moderne Variationsmuster in Südamerika zu erklären. Die Resultate der zweiten Studie bestätigen die jahrhundertalte Hypothese, dass die Botokuden (Ost-Zentralbrasilien) starke morphologische Ähnlichkeiten mit frühholozänen Gruppen aus der Region Lagoa Santa haben, wodurch ein potenzieller Fall von Spätüberleben konstituiert wird. Es wird darauf hingedeutet, dass das zuvor berichtete Vorkommen polynesischer DNS in Botokuden eine Vermischung von Museumssammlungen wiederspiegelt. Die übrigen drei Studien befassen sich mit den frühholozänen archäologischen Zeugnissen von Lapa do Santo (Ost-Zentralbrasilien) mit dem Ziel die Lebensweise und rituellen Praktiken zu beschreiben. Die dritte Untersuchung erarbeitet ein Modell zur Fundstellengenese um die expressive Komponente der anthropogenen Sedimente, die durch wiederholte, durch extrem hohe Frequenz akkumulierende Verbrennungstätigkeiten fabriziert wurden, zu ermitteln. Die vierte Studie stellt die Grabungsmethodik, das chronologische Bayes’sche-Model und die archäologische Daten allgemein mit besonderer Hervorhebung der menschlichen Bestattungen vor. Dementsprechend zeigen die Steintechnologie, die Zooarchäologie und die Multiisotopenanalysen an, dass es sich um Jäger- und Sammlergruppen mit geringer Mobilität und einer Subsistenzstrategie, die auf dem Sammeln pflanzlicher Nahrung und dem Jagen kleiner und mittelgroßer Tiere beruht, handelt. Lapa do Santo wurde zuerst zwischen 11.7-12.7 ka kal. BP besiedelt und die Nutzung als Bestattungsgelände begann zwischen 10.3-10.6 ka kal. BP mit den Primärbestattungen. Zwischen 9.4-9.6 ka kal. BP wurde die Reduzierung des Körpers mittels Verstümmelung, Dekapitation, Dekarnation, Zahnentfernung, Feuereinwirkung und möglicherweise Kannibalismus, gefolgt von der Sekundärbestattung der Überreste gemäß strikter Regeln, ein zentrales Element in der Totenbehandlung. Diese Gruppen nutzten mangels monumentaler Architektur oder Grabbeigaben Teile der frischen Leichen um ihre Rituale sorgfältig auszuführen, womit belegt wird, dass diese Vorgehensweise am Beginn des Holozäns nicht auf die Andenregion beschränkt ist, wie zuvor angenommen wurde. Zwischen 8.2-8.6 ka kal. BP trat eine andere Veränderung auf, wobei stattdessen Gruben mit disartikulierten Knochen von einzelnen Individuen ohne Anzeichen auf Körpermanipulation gefüllt wurden. Diese Änderungen deuten darauf hin, dass während des frühen Holozäns Lagoa Santa eine Region darstellt, die von dynamischen Gruppen, die in konstantem Wandel über einen Zeitraum von Jahrhunderten war, bevölkert wurde. In der fünften Studie wird der älteste Beleg für eine Dekapitation in der Neuen Welt untersucht. Konfokale Mikroskopie bestätigt die Präsenz von durch Abschläge verursachte Schnittspuren und Strontiumisotopenanalyse weist darauf hin, dass das Individuum ein lokales Mitglied der Gruppe war. Es wird davon ausgegangen, dass die Enthauptung keine Bestrafung wiederspiegelt oder eine Trophäe war, sondern stattdessen Verehrung als Teil des Totenrituals. Zusammenfassend untermauert diese Dissertation, dass die Gruppen, die Lagoa Santa während des frühen Holozäns besiedelten, nicht die direkten Vorfahren der Mehrheit der indigenen Völker Amerikas sind. Dennoch existieren Fälle, die ein Spätüberleben belegen, wie die Botokuden. Zukünftige auf alter DNS basierend Untersuchungen werden es ermöglichen zu testen, ob diese Aussagen korrekt sind. Die archäologischen Zeugnisse von Lapa do Santo beschreiben mit beispielloser Detailliertheit das Leben der in diesem Zeitraum in Ost-Zentralbrasilien lebenden Gruppen. Komplexe Bestattungsriten, ausgeprägte Abhängigkeit von pflanzlichen Produkten, reduzierte Mobilität, dynamischer Wandel durch die Zeit hindurch, reichliche kulturelle Diversität und frühe Ethnogenese sind nun neue Merkmale, die diejenigen charakterisieren, die unter den ersten waren, welche systematisch die savannengleiche Landschaft von Ost-Zentralbrasilien besiedelte.

Abstract:

By the very end of the Pleistocene the exploratory phase of the settlement of the Americas was over and by the beginning of the Holocene most landscapes were occupied by human populations well-adapted to their local environments. This is a crucial period in the process of cultural and biological differentiation of human groups in the continent and is the focus of the present dissertation. Using multivariate statistics and craniometric data the first two studies presented here investigate the debated hypothesis that those groups were not directly ancestral to recent Amerindians. Results of the first study indicate that during early Holocene the magnitude of morphological variation was not higher than observed among extant populations as was previously proposed. Therefore, in loco differentiation by drift is unlikely to be the major micro-evolutionary agent explaining modern patterns of variation in South America. Results of the second study confirm the century-old hypothesis that the Botocudo Indians (east-central Brazil) have strong morphological affinities with early Holocene groups from Lagoa Santa region constituting a potential case of late survival. The previously reported presence of Polynesian DNA in Botocudo is suggested to reflect the mixing of museum collections. The remaining three studies focus on the early Holocene archaeological record of Lapa do Santo (east-central Brazil) aiming to characterize life style and ritual practices. The third study establishes a formation process model for the site identifying an expressive component of anthropogenic sediments produced after repeated combustion activities accumulating at extremely high rates. The fourth study presents the excavation protocol, chronological Bayesian model and the overall archaeological record with emphasis on the human burials. Accordingly, lithic technology, zooarchaeology, and multi-isotopic analyses indicate foraging groups with low mobility and a subsistence strategy focused on gathering plant foods and hunting small and mid-sized animals. Lapa do Santo was first occupied between 11.7-12.7 cal kyBP and its use as an interment ground started between 10.3-10.6 cal kyBP with primary burials. Between 9.4-9.6 cal kyBP the reduction of the body by means of mutilation, decapitation, defleshing, tooth removal, exposure to fire and possibly cannibalism, followed by the secondary burial of the remains according to strict rules, became a central element in the treatment of the dead. In the absence of monumental architecture or grave goods, these groups were using parts of fresh corpses to elaborate their rituals, showing this practice was not restricted to the Andean region at the beginning of the Holocene as previously thought. Between 8.2-8.6 cal kyBP another change occurred whereby pits were instead filled with disarticulated bones of a single individual without signs of body manipulation. Those changes show that during the early Holocene Lagoa Santa was a region inhabited by dynamic groups that were in constant transformation over a period of centuries. In the fifth study the oldest case of decapitation in the New World is investigated. Confocal microscopy confirms the presence of flake induced cut-marks and strontium isotope analysis indicates the individual was a local member of the group. It is proposed that this decapitation does not reflect punishment or war trophy but instead veneration as part of funerary rituals. In conclusion, this dissertation supports that the groups inhabiting Lagoa Santa during the early Holocene are not the direct ancestral to the majority of the Native Americans. Nevertheless, cases of late survival such as the Botocudo do exist. Future studies based on aDNA will allow testing if these propositions are correct. The archaeological record of Lapa do Santo depicts with unprecedented detail the life of the groups inhabiting east-central Brazil during this period. Sophisticated funerary rituals, high reliance on vegetable items, reduced mobility, dynamic transformations through time, ample cultural diversity and early ethnogenesis are now new hallmarks characterizing those who were among the first to systematically occupy the savannah-like landscapes of east-central Brazil.

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