Inhaltszusammenfassung:
Fundstellen in Saône-et-Loire waren Gegenstand früher Beobachtungen über die Hinterlassenschaften steinzeitlicher Menschen. Bereits in den 1860er Jahren fanden erste Ausgrabungen in Solutré (1866), sowie der Grotte de la Verpillière statt (1868, die im Jahre 2006 zu Grotte de la Verpillière I umbenannt wurde, weil 50 m südlich eine neue Fundstelle auf derselben Gemarkung entdeckt wurde). Eben diese kürzlich entdeckte Fundstelle ist Gegenstand dieser Dissertation.
Diese Arbeit legt den Fokus auf lithische Objekte aus drei stratifizierten Spät-Mittelpaläolithischen Schichten der Grotte de la Verpillière II in Germolles (Gemeinde Mellecey, Saône-et-Loire, Frankreich), welche aus einem kollabierten Felsüberhang und einem daran angeschlossenen Höhlentunnel besteht. Die analysierten Inventare stammen aus unterhalb des kollabierten Felsdaches befindlichen und auf kollabierten Deckenblöcken abgelagerten Schichten, die am Übergang zwischen dem kollabierten Felsüberhang und dem Höhlentunnel ausgegraben wurden. Alle drei Inventare werden dem späten Mittelpaläolithikum zugerechnet und konnten vorläufig durch radiometrische Methoden in das OIS 3 datiert werden.
Diese Dissertation ist eine technologische und räumliche Studie die sich mit kürzlich ausgegrabenen Steininventaren beschäftigt, welche an einer Fundstelle ausgegraben wurden, die glücklicherweise nicht durch Altgrabungen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das studierte Material wurde während der Kampagnen 2009 bis 2014 unter der Leitung von Prof. Harald Floss (Universität Tübingen) geborgen. Sie schließt Analysen zu lithischem Rohmaterial, Grundformproduktion, Abbaukonzepte, Metrik und räumliche Verteilung von Steinartefakten mit ein. Die Ergebnisse werden mit beobachteten Mustern von umgebenen mittelpaläolithischen Fundstellen verglichen und in den weiteren geographischen Kontext gesetzt.
Das Ziel dieser Dissertation ist es, glaubhafte Indizien für die Klassifizierungen der Steinartefaktinventare des GH 3, 4x und 4 zu finden, sowie Muster aufzuspüren, die verwendet werden können, um diese Beobachtungen mit solchen anderer Fundstellen vergleichen zu können.
Es konnte gezeigt werden, dass das Inventar der obersten mittelpaläolithischen Schicht (GH 3) aufgrund der Präsenz von Keilmessern und anderen Keilmessergruppen-Elementen klar mit Inventaren aus Mitteleuropa assoziiert ist. Levallois ist das vorwiegend angewandte Konzept zu Bereitstellung von Grundformen. Die Inventare des GH 4 und 4x sind recht klein aber zeigen ebenfalls Indizien für dieselbe Assoziation. Zu Beginn der Studien war das Vorhandensein von Keilmessern vorwiegend durch die Arbeiten von Desbrosse und anderen im Laufe der 1970er Jahre an Sammlungen der Grotte de la Verpillière I (Méray-Ausgrabung 1868) bekannt.
Die vorliegende Studie diskutiert unifazielle und bifazielle Industrien und schließt grobkörnige Materialien wie Quarzit nicht aus, um einen guten Überblick über die spät-mittelpaläolithischen Inventare der Fundstelle zu erhalten. Steinartefakte aus durchmischten Schichten (diese befinden sich oberhalb der stratifizierten) werden nur am Rande behandelt. Des Weiteren beschreibt diese Arbeit einen Korpus an Beobachtungen, welche sich auch in umliegenden Fundstellen der Côte chalonnaise finden lassen.
Diese Studie behandelt deutlich Probleme von Klassifikationssystemen der mittelpaläolithischen Hinterlassenschaften und versucht eine Brücke zwischen französischen und deutschen Systemen zu finden, um chronologische und räumliche Einheiten im Kontext von Inventaren zu schaffen, welche mit Neanderthalern assoziiert sind.
Abstract:
Sites in Saône-et-Loire were object of early observations about the legacy of stone age people. As early as in the 1860s, first excavations were conducted at Solutré (1866), as well as at Grotte de la Verpillière (1868, that was renamed to Grotte de la Verpillière I in 2006, because of the discovery of another site about 50 m southwards on the same local sub-district Verpillière). Precisely this recently discovered site is object of research in this thesis.
This study focusses on lithic objects of three stratified Late Middle Paleolithic layers at Grotte de la Verpillière II in Germolles (municipality of Mellecey, Saône-et-Loire, France) that is a collapsed rock shelter with a corresponding cave tunnel. The analysed assemblages derive from layers sandwiched between the collapsed rock shelter roof and a former collapse of blocks from the ceiling, situated on the transition from the cave tunnel to the rock shelter. All three assemblages are attributed to the Late Middle Paleolithic and preliminary dated by radiometric methods into the early OIS 3.
This thesis is a technological and spatial study that deals with these recently excavated lithic assemblages from a site that luckily did not suffer from ancient excavations. The materials studied were recovered during the 2009 to 2014 field season conducted under the auspice of Prof. Harald Floss (University of Tübingen). It includes analyses about lithic raw material, blank production, reduction concepts, metrics and spatial distribution of lithic objects. The results are compared with observed patterns of the surrounding Middle Paleolithic record and place them in the wider geographical context.
The aim of this thesis is to find reliable evidence for classifying the lithic assemblage of GH 3, 4x and 4, and to find patterns that can be compared with other observations on other sites.
It is demonstrated that the assemblage of the uppermost Middle Paleolithic layer (GH 3) is clearly associated with assemblages from central Europe because of the presence of Keilmesser and other elements that are common in a Keilmessergruppen context. Levallois reduction is the main concept for obtaining blanks. The assemblages of GH 4 and 4x are quite small but yield evidence for the same association.
In the beginning of the study the presence of Keilmesser was foremost known from studies of Desbrosse and others in the 1970s about collections from Grotte de la Verpillière I (Méray excavation in 1868)
The study at hand discusses the unifacial and bifacial industries and does not exclude coarse-grained materials such as quartzite to get a good overview of all stratified Late Middle Paleolithic lithic assemblages at the site. Lithic objects of mixed colluvial sediments (that are situated on top of the stratified) are only a minor part of this discussion. It further forms a corpus of observations that are as well present in many other Middle Paleolithic assemblages of the surrounding area (Côte chalonnaise).
This study clearly deals with the problem of classification systems for the Middle Paleolithic lithic record and tries to find bridges between french and german systems to build chronological and spatial entities in the context of assemblages associated with Neanderthals.