Inhaltszusammenfassung:
Bei der filtrierenden Glaukomchirurgie kommt es durch eine Wundheilungs- und Fibrosereaktion zu einem Versagen der Filterkissen. Hierbei sind Myofibroblasten, die durch Integrine aktiviert werden, von großer Bedeutung. Der Fibronectinrezeptor α5β1-Integrin könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen. Dies ist die erste Studie, in der die Rolle eines α5β1-Integrin-Inhibitors (CLT-28643) bei der postoperativen Fibrosierung nach filtrierenden Glaukomchirurgie-Eingriffen untersucht wird. CLT-28643 wurde in dieser Studie mit dem Goldstandard Mitomycin C (MMC) verglichen. Zudem sollte die Wirkung von CLT-28643 auf Tenonfibroblasten in der Zellkultur untersucht werden.
Wir führten eine doppelt-blinde Trabekulektomiestudie an 24 Kaninchen durch. Die rechten Augen wurden in drei Gruppen à 8 Augen aufgeteilt. An allen rechten erfolgte eine Trabekulektomie: In der MMC-Gruppe erhielten die 8 rechten Augen eine intraoperative MMC-Gabe. Postoperativ wurden Placebo-Augen-tropfen appliziert. In der CLT+ Gruppe erhielten die 8 rechten Augen intraoperativ CLT-28643 subkonjunktival; postoperativ wurden Placebo-Augentropfen appliziert. In der CLT++ Gruppe erhielten die 8 rechten Augen CLT-28643 subkonjunktival sowie postoperativ als Augentropfen. Für die Kontroll-OP-Gruppe erfolgte an den linken Augen von 12 Kaninchen eine Trabekulektomie ohne adjuvante Medikation. Die anderen 12 linken Augen blieben unoperiert und bildeten die unbehandelte Gruppe.
Für die klinische Untersuchung wurden IOP-Messungen mit Hilfe eines Schiötz-Tonometers, Spaltlampenuntersuchungen (Überleben der Filterkissen sowie der Würzburger Bleb Score) sowie eine fotographische Dokumentation der Filterkissen durchgeführt. Vier Wochen nach der Trabekulektomie wurden die Kaninchen getötet und die Augen histologisch aufbereitet.
Bei den Zellkulturversuchen wurde die Wirkung von CLT-28643 in diversen Konzentrationen im Vergleich zu einer Placebo-Behandlung an Tenonfibroblasten untersucht. Es wurde zur Viabilitätsbestimmung ein MTS- sowie ein Kristallviolett-Test durchgeführt. Zudem erfolgte ein Migrations- und Adhäsionsassay, sowie eine Untersuchung der Capsase-3/7-Aktivität.
Wir konnten zeigen, dass die Behandlung mit CLT-28643 (CLT+ und CLT++ Gruppe) zu einem signifikant längeren Überleben der Filterkissen und zu einem besseren Bleb Score, verglichen mit den Ergebnissen der Kontroll-OP-Gruppe, führte (10. postoperativer Tag: Kontroll-OP-Gruppe 33 %-ige Funkti-on, CLT-Gruppen 100 %-ige Funktion). Die MMC-Gruppe konnte als einzige der Gruppen am letzten Tag der Verlaufsbeobachtung eine Filterkissenfunktion von 75 % aufweisen. Das zweitbeste Ergebnis an diesem Tag erreichte mit 25 % die CLT+ Gruppe. In der MMC-Gruppe blieben die Filterkissen am längsten funktionsfähig.
Die beiden CLT-Gruppen erreichten hinsichtlich der Drucksenkung zu keinem Zeitpunkt einen statistisch signifikanten Unterschied im Vergleich mit der Kontroll-OP-Gruppe. Die CLT-28643-Gabe wurde in allen Augen sehr gut toleriert. Klinisch und histologisch zeigten sich keine Hinweise für eine mögliche Toxizität von CLT-28643. MMC hingegen wies im Vergleich mit den anderen Gruppen die niedrigste Durchschnittsanzahl an Becherzellen auf und statistisch signifikant weniger Becherzellen als die Kontroll-OP-Gruppe, was auf eine mögliche Toxizität hinweist. Die CLT-Gruppen zeigten im Vergleich zur MMC-Gruppe aber keine signifikant höhere Anzahl an Becherzellen, so dass eine milde Toxizität von CLT nicht gänzlich auszuschließen ist.
Bei den Zellkulturversuchen schnitten beim MTS-Test die CLT-Konzentrationen bis auf wenige Ausnahmen mit einem statistisch signifikant niedrigeren Testergebnis als die gleichwertigen Placebo-Konzentrationen ab. Dies impliziert einen viabilitätshemmenden Effekt von CLT auf die kultivierten Tenonfibroblasten. Der Kristallviolett-Test unterstützte die Ergebnisse des MTS-Tests. Auch die Bezugnahme des MTS-Tests auf den Kristallviolett-Test verdeutlicht, dass bei höheren CLT-Konzentrationen die relative Viabilität der einzelnen Zelle reduziert war.
Die restlichen Zellkulturversuche zeigten inkonstante Ergebnisse, so dass weitere Rückschlüsse schwierig sind. Einer der limitierenden Faktoren war die inkonstante Nährstoffversorgung der Zellen bei den unterschiedlichen Konzentrationen.
Die Ergebnisse meiner Doktorarbeit zeigen auf, dass α5β1-Integrin wesentlich die Fibrosereaktion nach einem Trabekulektomie-Eingriff fördert. Folglich führte die Behandlung mit dem α5β1-Integrin-Inhibitor CLT-28643 zu einem verlängerten Überleben des Filterkissens im Vergleich zu keiner adjuvanten Medikation. Es stellte sich jedoch ebenfalls heraus, dass die Anwendung von MMC – dem derzeitigen Goldstandard bei der Trabekulektomie – hierbei einen größeren Effekt zu zeigen scheint.