Inhaltszusammenfassung:
In den letzten Jahren fand insbesondere in den USA eine rasante Ausweitung der unkonventionellen Erdgasförderung, zumeist von Schiefergas, statt. Zusammen mit der exponentiell steigenden Fördermenge erhöhten sich sowohl Unfälle z.B. in Form von Leckagen als auch die Menge des anfallenden Abwassers, welches mit organischen Schadstoffen kontaminiert ist und zusammen mit dem Gas zur Oberfläche befördert wird. Eine umfassende Bewertung, aber auch die Analytik der für die Förderung verwendeten, kontrovers diskutierten Hydraulic Fracturing (HF)- Chemikalien war bislang erschwert, da die Zusammensetzung der Fracking-Mixturen nicht vollständig offengelegt ist und somit die Auswahl relevanter Stoffe unmöglich macht. Weiterhin waren vor dem Erscheinen dieser Dissertation die Kenntnis über die chemischen Strukturen im Kontext mit deren Funktion als Additive sowie mögliche Transformationsreaktionen und Metaboliten nie dezidierter Forschungsgegenstand.
Daher war es das Ziel der vorliegenden Dissertation, den theoretischen Kenntnisstand in Bezug auf HF - Chemikalien substanziell und tiefgehend zu verbessern und analytische Herausforderungen für deren Untersuchung in komplexen Umweltproben zu bewältigen.
In Kapitel 2 dieser Arbeit wurde eine umfassende, literaturbasierte Übersicht über Fracking-Additive in Anlehnung an ein umweltchemisches Lehrbuch zusammengestellt, was eine Alternative für die den bisherigen Forschungsarbeiten zugrunde liegenden alphabetischen Chemikalienlisten darstellt. Der gewählte Ansatz, die Chemikalien nach ihrer Struktur und Substanzklasse zu gruppieren, ermöglichte die Verknüpfung ihrer intrinsischen chemischen Charakteristika mit den für das Fracking benötigten Funktionalitäten. Somit wurde eine Diskussions- und Bewertungsgrundlage für die verwendeten Substanzen geschaffen, die auch Aspekte der Toxizität, des Umweltverbleibs, Ansätze für „grüne“ Chemie und mögliche analytische Herangehensweisen beleuchtet.
Die Untersuchung der organischen Substanzen in Schiefergasabwässern aus dem US-amerikanischen Fayetteville Shale mittels GC-MS, GC-FID und GC×GC-TOF-MS ist Gegenstand von Kapitel 3. Durch die gewählte analytische Herangehensweise und das Anwenden von strengen Konfidenzkriterien konnte erstmalig ein detaillierter und spezifischer Einblick in die Probenzusammensetzung gewonnen werden. Die mittlerweile solide Kenntnis der chemischen Strukturen und Funktionsweise von verwendeten Additiven (Kapitel 2) erwies sich hierbei als ausschlaggebend für die Dateninterpretation: Neben Fracking-Additiven und eindeutig geogenen Substanzen konnten einige Stoffe als mutmaßlich erwünschte Transformationsprodukte des Frack-Prozesses identifiziert werden. Andere hingegen sind vermutlich unerwünschte Nebenprodukte, die keine Funktion im Fracking-Prozess ausüben, jedoch befinden sich darunter auch einige problematische Stoffe. Weiterhin wurde festgestellt, dass die Offenlegungsrate für Chemikalien geringer ist, wenn diese chemisch reaktive funktionelle Gruppen besitzen, was für eine Risikoabschätzung gerade im Hinblick auf Transformationsprodukte bedenklich ist.
In Kapitel 4 wurde eine wegbereitende Methode für die substanz-spezifische Isotopenanalytik (CSIA) von Analyten im Spurenbereich in wässrigen Umweltproben entwickelt. Diese Methode ist potentiell auf HF – Substanzen, etwa für ein Fingerprinting, aber auch auf andere Spurenschadstoffe übertragbar. Durch Etablierung einer On-Column-Injektion und eines präparativen HPLC- Aufreinigungsschrittes wurden für die Modellsubstanzen Atrazin und Desethylatrazin substantielle Verbesserungen in den Bereichen Messsensitivität, Peakform und Matrixeffekten erzielt. Auf diese Weise konnten nun erstmalig Umweltproben mit Spurenschadstoffkonzentrationen unterhalb der µg/L-Schwelle mithilfe von CSIA analysiert werden.