Inhaltszusammenfassung:
Die vorliegende Studie stellt die „Offenbarungen“ der Nürnberger Dominikanerin Christine Ebner in den Mittelpunkt. Die in dieser einzelpersönlichen Vita über das Gespräch zwischen einer göttlichen und weiblichen Figur gestaltete Beziehung steht dabei im Fokus. Zwei Aspekte sind darin zentral: Einerseits wird die weibliche Figur durch den göttlichen Gesprächspartner besonders herausgestellt und als von Gott erwählt dargestellt. Andererseits sind damit bestimmte Privilegien verbunden, die in den Gesprächen thematisiert und ausgehandelt werden.
Mit einem sprechakttheoretischen Instrumentarium wird das Sprachhandeln der Figuren untersucht, um Aussagen zur Hierarchie in der Beziehung zwischen den Figuren zu erhalten. Darüber wird durch eine intertextuelle Analyse, getrennt in eine exemplarische Betrachtung der im Text explizit genannten Quellen und das Konzept der „Freiheit“, das in diesem Text aufgegriffen und variiert wird, untersucht, wie Texte anderer Autoren oder gedankliche Konzepte Eingang in die „Offenbarungen“ fanden und dort zur Beziehungskonstitution beigetragen haben. Abschließend werden die Funktionen eines solchen Textes mit Hilfe der narratologischen Kategorien der Figur/Figurenrede sowie der Perspektive/Fokalisierung genauer untersucht. Dabei werden sowohl die für diese Literatur bereits nachgewiesene Aufgabe der memoria und eine Erbauungsfunktion als auch darüber hinausgehende Funktionen, z.B. Werbung für das Kloster angenommen und in ihren erzähltheoretischen Strukturen aufgezeigt. Die besondere Beziehung in ihrer Gestaltung in den Dialogen zwischen göttlicher und weiblicher Figur zu erfassen sowie von hier aus auf die Funktionen zu schließen, ist das zentrale Anliegen der vorliegenden Studie.