Inhaltszusammenfassung:
Neugeborene zeigen beim Hören kognitive Fähigkeiten und bevorzugen bekannte Geräusche wie die Stimmen ihrer Eltern. Außerdem kann die fetale Gehirnaktivität, die
durch Sinustöne und auditorische Frequenzänderungen ausgelöst wird, mittels fetaler
Magnetencephalographie (fMEG) dargestellt werden.
Diese Studie sollte zeigen, dass Feten fähig sind auf den unterschiedlich schnellen Anstieg der Hüllkurve zu Beginn des Stimulus, was unterschiedlichen Modulationsraten
entspricht, zu erkennen und darauf zu reagieren. Dafür wurden akustische Stimuli mit
komplexen sensorischen Zeitstrukturen (amplitudenmodulierte Töne) verwendet. Die
akustischen Stimuli wurden mit konstanter Tonfrequenz, aber mit unterschiedlichen
Modulationsraten präsentiert. Als Voraussetzung kann davon ausgegangen werden, dass die späten transienten akustisch evozierten Reaktionen (AER) zu Beginn des Reizes die Reaktion des fetalen Gehirns auf schnelle und langsame zeitliche Veränderungen des Reizbeginns widerspiegelt.
Die Messungen der fetalen Hirnantwort wurden mittels fetaler Magentencephalographie (fMEG) durchgeführt. Dafür wurden fünfzig schwangere Frauen zwischen der 30. und 40. Schwangerschaftswoche mit dem fMEG gemessen.
Es gab sieben verschiedene Gruppen von Stimuli. Der amplitudenmodulierte Ton hatte immer eine Trägerfrequenz von 500 Hz und wurde in verschiedenen Frequenzen moduliert. Dabei repräsentierten 2 Hz und 4 Hz die niedrigen Modulationsraten, 8 Hz die mittlere Modulationsrate und 27, 42, 78 und 91 Hz die hohen Modulationsraten.
Es wurde eine signifikante Verkürzung der Antwortlatenzen der transienten AERs bei hohen und mittleren Modulationsraten beobachtet, verglichen mit den niedrigen Modulationsraten. Mit den akustisch evozierten Antworten lassen sich jedoch keine Unterschiede in der Reaktion auf zeitliche Schwankungen über 27 Hz mehr darstellen.
Die höchste Antwortrate wurde bei Modulationsraten von 8 Hz, 27 Hz und 78 Hz (80 %, 100% beziehungsweise 81 %) erzielt. Ein Reifungseffekt über die Schwangerschaft konnte nicht nachweisen werden.
Diese Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass das fetale Gehirn schon in einem frühen Entwicklungsalter (ab der 30. Schwangerschaftswoche) zu höhergradigen kognitiven Leistungen in der Lage ist, da eine differenzierte Verarbeitung von komplexen Tönen möglich ist. Die signifikanten Unterschiede der Antwortlatenzen zwischen niedrigen, mittleren und hohen Modulationsraten könnten darauf hindeuten, dass das fetale Gehirn die Veränderung der Schallintensität zu Beginn des Stimulus in unterschiedliche Zeitfenster aufteilt. Das könnte die Hypothese unterstützen, dass Feten zum Erkennen und Verarbeiten von Geräuschen nicht nur Änderungen in der Frequenz des Tones heranziehen, sondern auch auf Energieveränderungen beim Einsetzen des Stimulus reagieren.
Die eingehenden auditorischen Informationen und die darauf folgende Verarbeitung
fördert die kognitive Entwicklung und auch das Sprachverständnis des Fetus bereits in
der frühen Schwangerschaft. Dies ermöglicht dem neugeborenen Kind ein rasches Erlernen der Kommunikationsfähigkeit, welche einen hohen Stellenwert in der zwischenmenschlichen Interaktion hat und so dem Kind eine gute soziale und emotionale Entwicklung ermöglicht.