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Die Mehrheit der deutschen Pflegebedürftigen erhält Unterstützung durch ihr soziales Umfeld. Da informelle Pflege häufig mit starken psychischen und physischen Belastungen der Angehörigen einhergehen kann, wurde international eine Vielzahl an Interventionsstudien zur Unterstützung häuslicher Pflege durchgeführt. Trotz teilweise guter Evidenz wurden bislang kaum Ansätze in die Routineversorgung übernommen. Gründe hierfür können neben strukturellen Schwierigkeiten und Gesetzgebungsfragen, mangelnde Vergleichbarkeit der Studien sowie fehlende, für Kostenträger relevante, Variablen sein. Neben der Wirksamkeitsprüfung auf Ebene der Pflegenden sind auch die Effekte auf den (kognitiv eingeschränkten) Pflegebedürftigen relevant, doch berichten nur wenige Studien über diese Endpunkte. Ökonomische Aspekte wie informelle Pflegekosten, Kosten medizinischer Versorgung oder Interventionskosten sind z.B. für Kostenträger hochrelevant, werden jedoch bislang ebenso kaum erfasst.
Ziel dieser Arbeit war, eine Übersicht und Empfehlung zur Erfassung von Interventionseffekten auf kognitiv eingeschränkte Pflegebedürftige sowie zur Erhebung gesundheitsökonomisch relevanter Aspekte in Studien zur Unterstützung häuslicher Pflege zu geben.
In einer Literaturanalyse wurden die in internationalen Studien zur Unterstützung häuslicher Pflege bei kognitiv Eingeschränkten am häufigsten verwendeten Endpunkte und Instrumente auf Seiten der Pflegebedürftigen identifiziert sowie die erfassten gesundheitsökonomischen Aspekte dargestellt. Fünf Endpunkte und sechs Instrumente wurden herausgearbeitet: herausforderndes Verhalten (RMBPC, NPI), depressive Symptomatik (CSDD), Lebensqualität (QoL-AD), Kognition (MMSE), ADL/IADL (Lawton-IADL). Gesundheitsökonomische Aspekte sowie Qualität und Quantität informeller Pflege wurden kaum erfasst.
Anschließend wurden die Endpunkte und Instrumente sowie weitere im deutschsprachigen Raum verbreitete Fragebögen mittels einer Expertendelphi-Befragung bewertet. Die wichtigsten Endpunkte und am besten bewerteten Instrumente waren: herausforderndes Verhalten (RMBPC, NPI-Q), depressive Symptomatik (GDS), Lebensqualität (QoL-AD), Kognition (MMSE), ADL/IADL (Katz-ADL, Lawton-IADL). Die Experten, die unterschiedliche Vorerfahrungen mit den Instrumenten hatten, beurteilten teils sehr heterogen, jedoch wurden bisherige internationale Empfehlungen weitgehend bestätigt. In den Bereichen herausforderndes Verhalten und Lebensqualität besteht besonderer Bedarf an deutschen Validierungsstudien.
Anhand der Analyse gesundheitsökonomischer Daten, die im Rahmen einer psychosozialen Interventionsstudie zur Unterstützung häuslicher Pflege bei geriatrischen Schlaganfall-Betroffenen erhoben wurden, wurde der Umfang informeller Unterstützung dargestellt, monetär bewertet und methodische Herausforderungen diskutiert. Über 93 % der pflegenden Angehörigen unterstützten bei den ADL, 100 % bei den IADL und 46 % bei der Beaufsichtigung mit einem Gesamtumfang von durchschnittlich 42,8 h/Woche. Etwa die Hälfte der Angehörigen wurde 2,7 h/Woche unentgeltlich aus dem sozialen Umfeld unterstützt. Die durchschnittlichen Gesamtkosten informeller Unterstützung betrugen 2.252 €/Monat, welche sich bei Substitution durch eine professionelle Kraft verdoppeln würden. Aufgrund bislang fehlender methodischer Empfehlungen ist die detaillierte Darstellung der eingesetzten Erhebungsmethoden und monetären Bewertungsgrundlagen von großer Bedeutung. Da insbesondere bei retrospektiv erfassten Zeitangaben tendenziell eher über- als unterschätzt wird, empfiehlt sich die Anwendung eher konservativer monetärer Bewertungsgrundlagen. Die Ergebnisse unterstreichen die bedeutende Rolle pflegender Angehöriger im deutschen Gesundheitssystem und zeigen, dass die Hauptlast meist durch eine Person alleine getragen wird.
Ziel einer zweiten Analyse dieser Daten, war die Darstellung der Erfassung und monetären Bewertung weiterer Variablen, die zur gesundheitsökonomischen Evaluation der psychosozialen Intervention benötigt werden, sowie die Diskussion methodischer Herausforderungen. Folgende Variablen wurden erfasst und bewertet: medizinische Versorgung: Krankenhaus-/Reha-Aufenthalte, Haus-/Facharztbesuche, Heilmittel, Medikamente, Hilfsmittel/medizinische Produkte, Fahrtkosten; formelle Pflege: ambulante Pflegedienste, Kurzzeit-/Tagespflege, Pflegeheim; informelle Pflege: ADL, IADL, Beaufsichtigung. Höchste Kosten und häufigste Inanspruchnahme pro Quartal sind bei den Schlaganfall-Betroffenen im Bereich der Heilmittel zu erkennen (M = 1.021 - 1.259 €, 81 - 91 %). Weiter fallen hohe Kosten für informelle Pflege, Medikamente, Krankenhausaufenthalte und ambulante Pflege an. Die häufigste Nutzung erfolgte bei Medikamenten, Haus-/Fachärzten und informeller Pflege. Bei den Angehörigen sind die Inanspruchnahme und Kosten von Medikamenten und Haus-/Facharztbesuchen am höchsten. Krankenhaus-/Reha-Aufenthalte finden wenig statt, führen dennoch zu vergleichsweise hohen Kosten. Die Ergebnisse bestätigen andere Arbeiten und zeigen, dass informelle Pflege einen signifikanten Anteil der Gesamtkosten des Schlaganfalls bildet und in Interventionsstudien stets erfasst werden sollte. Die Erhebung gesundheitsökonomischer Variablen durch Befragungen und deren monetäre Bewertung sind aufwändig, da eine Vielzahl an Quellen benötigt wird und oft nur Näherungswerte gebildet werden können. Aufgrund dessen ist auch hier die detaillierte Darstellung aller Bewertungsgrundlagen wichtig. Dennoch sollte eine möglichst große Bandbreite solcher Variablen erfasst werden, da diese für potentielle Kostenträger bedeutsame Informationen bereit stellen und somit zur Erleichterung künftiger Implementierungsprozesse beitragen könnten. Ebenso kann die umfassende Erhebung zur besseren Vergleichbarkeit zwischen Interventionsstudien und als Grundlage für ökonomische Evaluationen dienen. |
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